Pokemon Go AWAY

19. Juli 2016

 

Das Wetter in London war letztes Wochenende ein Traum. Da es hier nicht allzu oft passiert, dass es über 30 Grad hat, muss man das ausnutzen. Ich bin zu einem Park gegangen, um ein wenig Sport im Freien zu treiben, zu spazieren und das Wetter zu genießen. 

 

Ich konnte kaum glauben, was ich dort gesehen habe. Ca. 80% der Menschen, die im Park waren, sind mit ihren Handys herumgelaufen und haben versucht, Pokemon zu fangen. Es wäre vielleicht nicht so schlimm, wenn diese Menschen Kinder wären. Das waren sie aber nicht. Das Durchschnittsalter von den Pokemon-Jägern war vielleicht 30 Jahre. 

Vielleicht bin ich ein wenig old school. Vielleicht bin ich einfach nur zu alt für solche Sachen. Es hat mich aber echt aufgeregt, als ich diese Menschen gesehen habe.

 

Ich bin ein Naturbursche, ich bin gerne draußen. Als Kind habe ich immer mit anderen Kids gespielt, war nie wirklich ein Video-Games-Typ. Trotzdem mag ich es von Zeit zu Zeit, mit ein paar Burschen eine Runde Fifa zu zocken. Ich bin nie gut, verliere fast immer, habe aber auch immer Spaß dabei. Diesen Pokemon-Wahnsinn kann und will ich aber nicht mitmachen.

Auch wenn ich die Technologie dahinter bewundere und die Idee generell respektiere, bezweifle ich, dass ich je zu einem Fan dieses Spieles werde. 

Ich weiß schon: Dank Pokemon Go bewegen sich viele Menschen mehr, gehen spazieren, treiben mehr ‘Sport’. Viele sprechen davon, dass ihnen das Spiel hilft, ihre sozialen Kontakte zu verbessern, oft auch die Depression zu bekämpfen. 

 

pokemon pokemon go wahnsinn

 

Gemeint wird also, dass wir EINE FIKTIVE WELT brauchen, um mit anderen Menschen interagieren zu können. Wir brauchen FIKTIVE TIERE (sind Pokemon überhaupt Tiere?), um spazieren zu gehen und ‘Sport’ zu treiben. Wie sieht das Ganze aus? Ich habe gestern eine Mutter gesehen, die offensichtlich mit ihrem Kind spazieren gegangen ist. Sie hat dem Kleinen keine Aufmerksamkeit geschenkt, weil sie mit ihren Pokemon zu beschäftigt war.

 

Ich habe zwei Jungs gesehen, die nebeneinander gelaufen sind, ohne miteinander zu sprechen, weil sie mit ihrem Pokemon-Training zu beschäftigt waren. Ich habe ein Pärchen gesehen - mit Zigaretten, Kopfhörern und Köpfen gebeugt Richtung Smartphones. Das Einzige, was sie gemeinsam gemacht haben, war, ein Pokemon zu suchen. Ist das diese tolle Interaktion? Ist das Sport treiben? Ist das Depression bekämpfen? Ist man wirklich erholt, nachdem man die ganze Zeit auf einen Bildschirm gestarrt hatte? Wird man wirklich sportlicher, weil man einem unechten Tier nachgelaufen ist? Werden die zwischenmenschlichen Beziehungen besser, weil man gemeinsam Pokemon fängt?

 

 

Vielleicht weiß ich nicht genug von dem Spiel und kann es nicht wirklich objektiv bewerten. Vielleicht bin ich ein wenig zu streng und Pokemon Go wird wirklich etwas Gutes für die Menschheit tun.Ich bezweifle es aber. Ich glaube, dass wir keine bildschirmbasierten Hilfsmittel mehr brauchen, um unsere Beziehungen zu anderen Menschen zu verbessern, uns mehr zu bewegen und sozialer Isolation vorzubeugen. Was wir brauchen ist mehr Bewegung, mehr Kontakt, mehr Liebe, mehr Gefühle, mehr Mitgefühl. Ganz einfach. OHNE APP. Social Media und Internet stehlen uns schon genug Zeit, wir brauchen nicht viel mehr davon. 

 

Smartphones, Internet, Apps & Co. sind tolle Dinge, wenn sie richtig eingesetzt werden. Es ist aber ein bisschen wie mit Wein: Ein kleines Glas Wein ist gesund. Wie viele Menschen trinken aber wirklich nur das eine Glas? Ich bin jetzt nicht der Meinung, dass man das Spiel gar nicht spielen soll. Ich bin auf keinen Fall ein Technologie-Gegner. Ich kann aber sehen, was gerade passiert - man übertreibt. Mein Appell: Geh mal raus ohne ein Pokemon fangen zu müssen, versuche mal den Weg zu finden, ohne Google Maps verwenden zu müssen, laufe, ohne eine Laufapp zu verwenden. Hier und da, um sich selbst und anderen zu beweisen, dass die Menschheit doch noch nicht ganz von der Technologie abhängt. 

 

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