Foto: Video-still: Vienna Soezen

Mittwoch, 18 Uhr unsere Zeit haben wir uns mit Deniz für ein Skype-Interview verabredet. Ich hatte die Broschüre zur Ausstellung „Trans-Angeles“ in der Startgalerie im MUSA (www.musa.at) zufällig in die Hand bekommen. Ich sah das Coverbild und las auch nicht weiter, dachte sofort an Zeki Müren und Bülent Ersoy. Für mich war klar, dass das eine Ausstellung über das sonderbare Verhältnis der türkischen Gesellschaft zu Homosexualität und Transsexualität bei gleichzeitiger hoher Beliebtheit dieser zwei transsexuellen Persönlichkeiten sein muss. (Und ja, ich neige zur Komplexität!) Natürlich wurde ich bald eines Besseren belehrt. De facto hat die Ausstellung so gar nichts mit Zeki Müren zu tun! Vielmehr zeigt sie eine andere Facette von Hollywood, die viele gar nicht kennen. Östlich vom glamourösen Hollywood und fernab dem 1000. Elvis-Double, begab sich Deniz auf eine Reise durch ein bunt gemischtes, aber eher weniger touristisches Viertel. East Hollywood steht für Vielfalt par excellence – Thai Town, Little Armenia und eine starke hispanoamerikanischeGemeinde sorgen für genügend kulturelle Nuancen. Für Deniz war besonders das Ineinandergreifen der Viertel Little Armenia und Thai Town interessant.  Genau dieses geografische Ineinandergreifen (tatsächlich überlappen sich die durch die  Stadt Los Angeles offiziell anerkannten Grenzen der beiden Viertel Thai Town und Little Armenia), war Anlass für Deniz dieses Eck in LA und die Lebensgeschichte der darin lebenden Menschen zu skizzieren. Sie sprach mit BewohnerInnen, sowohl aus der armenischen als auch aus der thai Community. Im MUSA kann man noch bis zum 19. Februar 2015 Ausschnitte aus diesen Interviews hören und Videoaufzeichnungen sehen. Zur Ausstellung erschien übrigens auch ein dreisprachiges Künstlerinnenbuch (englisch, thai, armenisch), das in der Startgalerie, MUSA, käuflich erhältlich ist.

Foto: Martin Bilinovac

Aus einem der acht Kopfhörer spricht auch Deniz zu uns und erzählt ein wenig aus ihren eigenen Erfahrungen und umreißt auch kurz die Entstehung der Ausstellung! Viel zu berichten hat die Dame auf jeden Fall -  hat sie doch einen sehr bunten Lebenslauf mit vielen Stationen in unterschiedlichen Ländern und Städten! Geboren in Wien, aufgewachsen zum Teil in der Türkei zum Teil in Österreich bei den deutschen Großeltern, Studium in Wien und London, Arbeitsmigration in die Schweiz und nach anderen Zwischenstationen, u.a. Istanbul, L.A. und Paris, jetzt wieder on/off in London! Das „Nomadische“ und ihr Dasein als quasi „Halberte“ (in Anlehnung an Halfie (*1)) zeichnen sich jedenfalls auch in ihrem Schaffen nieder, so auch in ihrer praxisbezogenen Doktoratsarbeit (PhD-in-practice). Sie arbeitet mit Klischees, rüttelt an Grenzen und schafft fiktive Figuren wie Vienna Soezen (Bild 1), um Stereotype mit einer Leichtigkeit aufzuarbeiten und Kategorisierungen aufzubrechen!

*(1) Halfie: Definition, von der amerikanisch-palästinensischen Anthropologin Lila Abu-Lughod eingeführt, um Menschen dessen nationale und kulturelle Identität sich durch Auslandsaufenthalte, durch Migration und gemischte Herkunft mulipliziert hat.

Photo-credit: Martin Bilinovac; Deniz Sözen

Infos zur Ausstellung „Trans-Angeles“: http://www.musa.at/startgalerie-aktuell-vorschau-musa-wien/startgalerie/startgalerie-aktuell

Infos zur Person: www.denizsoezen.net

Veranstaltungstipp: Diejenigen, die es bis 19.2. nicht ins MUSA schaffen, können die Arbeit von Deniz auch ab 19. März 2015 im WUK im Rahmen von „Mobilizing Memory – Vienna“ sehen. Die Ausstellungsreihe wurde bereits unter „Mobilizing Memory: Women Witnessing“ in Depo / Istanbul aufgeführt. In Wien widmet man sich unter anderem auch dem 100. Genozid-Gedenktag und ladet betroffene Armenier ein, die Erinnerungen gemeinsam im Rahmen eines Kunstprojektes aufzuarbeiten.

Zeit: 19. März bis 3. April 2015; Di-FR 13-18 Uhr, SA 11-14 Uhr
Ort: Kunsthalle Exnergasse

Link: http://www.wuk.at/language/de-AT/event/id/17621