In Wien geboren, aufgewachsen, berufstätig: „Integrierbar“ oder nicht?

23. Februar 2021

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Olga Kosanovic
Olga teilte ihre Erfahrungen mit der MA35, um eine Petition von SOS Mitmensch zu unterstützen. (Quelle: Screenshot Facebook/SOS Mitmensch)

„Ich befinde mich jetzt seit über einem Jahr in diesem Einbürgerungsverfahren in Österreich und sehe da eher schwarz als weiß für die Zukunft“, so Olga Kosanović in einem persönlichen Video, das momentan rege auf Facebook-Seite von SOS Mitmensch geteilt wird. Dabei ist die 25-Jährige in Wien geboren und aufgewachsen, hat in Österreich maturiert und geht einer Lehrtätigkeit an einer öffentlichen Schule, sowie diversen Engagements im Burgtheater und anderen Kulturbetrieben nach. Einer Sachbearbeiterin der MA35 zufolge, müsste aber dennoch erst überprüft werden, ob die gebürtige Wienerin mit serbischem Pass in Österreich „integrierbar“ sei. „Mit diesen Worten bin ich da raus und war wirklich sehr vor den Kopf gestoßen“, kommentiert sie in akzentfreiem Deutsch. Es sind Fälle wie jener von Olga, die großes Kopfschütteln über den Zustand des österreichischen Einbürgerungsprozesses hervorrufen. „Ich weiß gerade nicht, was der aktuelle Stand ist, weil die Kommunikation mit der MA35 leider nicht die beste ist“, berichtet sie. Rückmeldungen mit Forderungen nach weiteren Dokumenten kämen nur sporadisch, alle zwei bis drei Monate.

Olga Kosanović beklagt auch, dass ihr Bachelorstudienabschluss ihr nun im Einbürgerungsprozess zum Verhängnis werden könnte, weil sie dafür vorübergehend in Hamburg lebte. In Zeiten, in denen Studierende massiv von ERASMUS und anderen Studienmobilitätsprogrammen profitieren sollten, eine „Absurdität“, wie sie beschreibt. In den Facebook-Kommentarspalten echauffieren sich User über empathielose MagistratsmitarbeiterInnen und fast kafkaeske bürokratische Prozesse. Die Frage ist nun: Kommt es endlich zu einer Reform des österreichischen Einbürgerungsrechts? Oder werden die Stimmen, die nun immer lauter werden, versiegen? „Ich bin mir sicher, dass sehr viele andere hier geborene Wienerinnen und Wiener ähnlich fühlen, wenn sie so etwas erfahren, weil das einfach für uns unvorstellbar ist, dass jemand anderer uns als Fremde sieht“, sagt Olga abschließend im Video.

Dieses Schicksal teilen wohl viele der über 220.000 in Österreich geborenen Menschen, welche die Staatsbürgerschaft über die Eltern nicht besitzen.  Obwohl sich der Durchschnitt eingebürgerter Drittstaatsangehöriger seit 2007 verbessert hat, nimmt Österreich im europäischen Vergleich eine Schlusslichtposition ein.

Olga Kosanovic
Olga Kosanović ist in Wien geboren und aufgewachsen - besitzt aber die serbische Staatsbürgerschaft. (C)Anna Hippert

Nicht zuletzt haben auch die umstrittenen Abschiebungen dreier SchülerInnen nach Georgien und Armenien gezeigt: Die Forderungen nach einem Umdenken in Sachen Asylrecht und Einbürgerungsverfahren werden immer lauter. SOS Mitmensch startete hierzu die Petition „JA zur Einbürgerung hier geborener Kinder!“, die auf 40.000 Unterschriften abzielt. Erreicht wurden davon schon mehr als 36.000. Olga freut sich über die überwältigende Unterstützung, seitdem das Video online ging: „Ich finde die SOS Mitmensch Kampagne wichtig und unterstütze sie gerne mit dem Video-Statement. Seit der Veröffentlichung haben sich viele Leute bei mir gerührt. Toll ist natürlich auch, dass Armin Wolf und Karim El-Ghawary es geteilt haben. Außerdem haben mich Puls4 und die HEUTE-Zeitung kontaktiert und um ein Interview gebeten.“

Mehr Informationen zur Petition „JA zur Einbürgerung hier geborener Kinder!“ gibt es hier:

https://www.sosmitmensch.at/petition-hiergeboren

 

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