Wieso ist der kroatische Fußball politisch?

12. Juli 2018

 Jetzt noch Frankreich bezwingen. Dann sind wir Weltmeister. Feiern tun wir sowieso schon wie welche. Jedoch betrübt die Stimmung eine gewisse Skepsis. Aufmerksame Beobachter kommen nicht herum die Politisierung der Fankultur zu bemerken. Das FM4 fragte mich vor dem gestrigen Spiel: Was hat es eigentlich mit den politischen Parolen auf sich?


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Foto: Youtube

Der Fußball gehört zum kroatischen Selbstverständnis, zum National Habitus Code

Tatsache ist: der kroatische Fußball war immer politisch. Dies ist ein Land in dem Führerkult und mediale Kontrolle bis vor kurzen durchwegs etabliert waren. Sport- und im speziellen der Fußball war das Näheste was einer Zivilgesellschaft ähnelte.  Es ist "unmöglich über kroatische Identiät zu sprechen ohne über den Sport und den Fußball zu sprechen." Es waren Hajduk Split und sein Fußball Fanclub, die sich als eine der stärksten antifaschistischen Kräfte im Land etablierten und Pavelic, Hitler und Mussolini entgegenstanden. Gegen Ende der 1980er war es die Anonymität der Stadien, in der sich separatistische Kräfte treffen und austauschen konnten.

Sinnbildlich ist das nie angefangene aber oft erwähnte Spiel zwischen Dinamo Zagreb und Crvena Zvezda Belgrad am 13.5.1990. Es war der High Kick des Dinamo Stürmers Boban mit dem er einen Polizisten Niederschlug. Dieser Tritt eines Fußballers. Ein Symbol gegen das Establishments, ein Angriff auf die Besetzung. Mit High-Kick in die Unabhängigkeit. Dann kam 1998. Das frisch gegründete Kroatien. WM-Bronze.

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Foto: Davor Denkovski auf Unsplash

Aufruf zur Aufklärung

Die traurige Wahrheit ist aber, dass die Grenzen zwischen Nationalbewusstsein und faschistischen Gedankengut vermischt und verschwommen sind. Vor allem bei Millennials für die, Krieg nur ein romantischer Mythos ist. Dies trifft insbesondere auf uns zu, die “hier oben” sind. Das zeigen auch zahlreiche Berichterstattungen aus München, Stuttgart und Wien. Eine gesunde Auseinandersetzung unserer eigenen Geschichte, wie wir sie mit Deutschland und Österreich haben, ist nicht existent. So meint auch meine Freundin Ivana T. “Junge Leute lassen sich mitreißen. Zu meiner Schande war ich damals auch eine von ihnen. Typischer Mitläufer. Ich hatte keine Ahnung was ich da von mir gebe.” Jetzt wo wir Weltmeister werden, brauchen wir weltmeisterhaftes Verhalten.

 

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