Der österreichische Omar Sharif

22. Februar 2013

Der österreichische Omar Sharif

 

Der Darsteller Nabil Saleh über sein Schauspieldebüt als Behinderter, Kritiken aus Hollywood und den Vorteil, nicht verheiratet zu sein.

 

 

 

Biber: Wie schafft man es als über 50-jähriger Laie einen alten Filmfuchs wie den Regisseur Ulrich Seidl zu beeindrucken?

Nabil Saleh: In der Bücherei hing ein Zettel, auf dem eine Rolle ausgeschrieben war. Gesucht wurde ein ca. 50-jähriger Ausländer. Ich habe mir die Nummer notiert und habe einige Zeit später dann auch angerufen Ich war sehr überrascht, wie freundlich die Menschen am Telefon zu mir waren. Normalerweise meiden die Menschen Ausländer, wenn sie ihren Akzent am Telefon hören. Also ging ich zum Casting.

 

Sie spielen einen Mann im Rollstuhl. War die Umsetzung schwierig?

Ich habe zwei Monate lang jeden Tag vier Stunden trainiert. Als Ingenieur der Elektrotechnik bin ich da sehr genau. Für die Arbeit mit dem Rollstuhl musste ich auch genau beobachten, wie die Menschen mit Behinderung sich bewegen und ihr Gesicht dabei ausschaut. Einmal war ich in der Klinik mit 19 anderen Gehbehinderten. Sie wussten nicht, dass ich nur für die Rolle übe. Wir haben gespielt und ich bin dann plötzlich aufgestanden, um den Ball zu holen. Die anderen haben geschrien: „Der kann gehen!“, weil sie mir die Behinderung abgekauft haben.

 

Was braucht man als Schauspieler?

Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis, was für einen Schauspieler wichtig ist. Vor allem bei Ulrich Seidl, weil es bei ihm keine vorgegebenen Texte gibt. Da muss man den Text selbst erfinden. Ich musste im Film mit meiner Frau streiten. Dafür habe ich mich an einen heftigen Konflikt mit meiner Freundin vor 10 oder 20 Jahren erinnert. Ein Hollywood-Filmkritiker schrieb: „He is incredible!“ (dt.: Er ist ein Wahnsinn!)

 

Sind Sie gläubiger Moslem?

Nein. Mein Vater ist Moslem, deshalb bin ich als Moslem aufgewachsen. Ich bin aber nicht gläubig. Ich bin nicht gegen den Islam oder irgendeine Religion, aber Religionen haben viele Kriege verursacht, obwohl sie den Menschen helfen sollten.

 

Sie spielen im Film einen im Rollstuhl sitzenden Ägypter, der nach jahrelanger Abwesenheit, zu seiner Ehefrau zurückkehrt. Sind Sie verheiratet?

Ich bin immer mit Frauen zusammen, wollte aber nie heiraten. Ich finde, in Europa muss das nicht sein.

 

Was ist in Ägypten anders?

Da gibt’s viele Unterschiede – zwischen der Mentalität und dem Gesetz. Zum Beispiel ist es verboten mit einer Frau zu flirten, wenn du nicht mit ihr verheiratet bist. Sex außerhalb der Ehe sowieso. Vor 50 oder 100 Jahren gab es auch hier noch Gesetze dagegen. Zum Beispiel wurden Frauen in Griechenland noch gesteinigt, wenn sie ihren Mann betrogen haben.

 

Wie hat der Film ihr Leben verändert?

Wenn ich den Leuten erzähle, dass ich in einem Kinofilm die männliche Hauptrolle spiele, vergessen sie, dass ich Ausländer bin und reden plötzlich ganz freundlich zu mir. Eine Supermarktkassiererin hat skeptisch reagiert, nachdem ich ihr von meinem Film erzählt habe. Sie hat wahrscheinlich gelesen, dass ich aus einer muslimischen Familie stamme und im Film mit einer Christin streite. Vielleicht dachte sie sich, dass ich wirklich gegen Christen bin und hat mich deswegen nicht mehr an ihrer Kassa bedient.

 

Wie sieht ihre Zukunft aus?

Ich glaube, ich bin der Nachfolger von Omar Sharif. Einmal habe ich Omar Sharif in Ägypten sogar getroffen und er meinte, dass er sehr gefragt seil, weil die Regisseure sich schwer tun, in Europa einen Schauspieler in seinem Alter und mit seinem Charakter zu finden. Wenn er einmal keine Zeit hat, sollen die Filmemacher ruhig zu mir kommen! (lacht)

 

Von Sarah Al-Hashimi

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