im Heimatland hui, in Österreich pfui

21. Januar 2011

Es gibt Fragen, die mir keiner beantworten kann. Zum Beispiel: Was passiert, wenn man sich zweimal totgelacht hat? Oder: Welche Farbe bekommen Schlümpfe, wenn man sie würgt? Aber das ist ein anderes Thema. Noch so eine Frage ist, warum so viele Balkanesen in ihrem Heimatland eine riesige Villa mit riesigem Grundstück haben und sich in Österreich in eine 30 m² quetschen - am besten zu 6. 

 

Meine Eltern sind toll. Die denken nicht wie ihre Kuma's (Taufpaten) und Cousins. Die haben zuerst in Österreich die Lebensqualität erreicht, die sie wollten und DANN haben sie sich mit Bosnien beschäftigt. Vielleicht liegt es auch daran, dass meine Eltern seit 30 Jahren in Österreich leben und bis vor Kurzem nicht vorhatten, in ihre Heimat zurückzukehren. Nicht so meine Tante. Mein Onkel ist ja auch so ein typischer Jugovic, wenn ich das mal so sagen darf. Mercedes, fette Hütte unten, damit die Nachbarn auch ja was zum Glotzen haben. Sein Beruf? Fabriksarbeiter. Meine Tante ist eher bescheiden, mag die neiderfüllten Blicke der ich-will-alles-wissen-Nachbarn nicht. Aber naja, was soll sie tun. Sie ist nur die Frau – ist nichts Neues, dass das Balkanfrauen nichts zu sagen haben.

 

Auch bei meinen Kollegicas und Kollegas läuft's so, am laufenden Band bekomme ich Fotos von ihren Häusern zu sehen, es fehlt nur noch der Goldbezug, so protzig sind sie. Und bei ihnen zu Hause - in Österreich - schlafen die Eltern auf der Couch im Wohnzimmer, während sich drei Geschwister in ein Zimmer zwängen. Und das Klo ist am Gang, welches sie mit dem nach Alkohol stinkenden Hausmeister teilen müssen. So stell ich mir das Leben vor!

 

Und jetzt die Frage der Fragen: WARUM? Warum zum Teufel tut sich man sich so etwas an? Warum ist es so wichtig, wie das Haus in Serbien/Kroatien/Bosnien ist? Hier meine Theorien:

 

  1. Sie rackern sich den Allerwertesten ab, um dann nach 30 Jahren runterzuziehen und dort wie Könige leben zu können. So nach dem Prinzip: Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.

  2. Sie wollen so wenig Geld wie möglich hier in Österreich ausgeben, um so früh wie möglich in ihre Villa einzuziehen.

  3. Es geht wirklich nur darum, dass die Nachbarn vor Neid erblassen und erzählen, was für ein super Leben die Leute aus Österreich haben und, dass sie in Geld schwimmen.

     

Ich hab ins Leben meiner Klassenkollegen hineingeschnuppert und tatsächlich meinten 2 aus Serbien, dass es oft ums Prahlen geht und sie in Österreich in einer Hausmeisterwohnung leben. Alle anderen sind der Ansicht, dass Mummy und Daddy sowieso wieder runter ziehen, sobald die Kinder aus dem Haus sind. Nur die Eltern eines Mädchens aus Kroatien finden, dass es wichtiger ist, wie man in Wien lebt und nicht, wie groß das Haus im Heimatland ist.

 

Ich glaube, es ist ein niemals endender Traum. Zurück in die Heimat, zurück zu den Wurzeln, zurück zu den ehemaligen Freunden, der ehemaligen Flamme, zurück in die Stadt, in der man aufgewachsen ist. Weg von Sprachbarrieren, weg von schlecht bezahlten, anstrengenden Berufen, weg mit dem Krieg, der alle Pläne zerstört hat. Weg von dem Gefühl, ewig der Ausländer zu bleiben. Oder so...

Kommentare

 

Ein sehr guter Blog.

Ich denke es ist oft die Mischung aus Theorie 1 und 2.

Man will nicht das ganze Geld in Österreich investieren, da man eigentlich mal vorhatte zurück zu gehen um dort endlich mit der neuen Kaufkraft sich etwas schönes zu leisten.

Aus Daddy's Erzählung:

Wir waren zu 8 in einer kleinen Wohnung. Wir teilten uns die Miete damit wir möglichst viel sparen und viel Geld mit nach Hause nehmen. Wir hatten nicht mal Kleiderhaken gekauft sondern nagelten einfach schrauben an die Wände und hängten unsere Sachen dort auf. Die die gleich nach 2 oder 3 Jahren zurückgefahren sind haben es geschafft. Ich lernte deine Mutter kennen... dann heirateten wir hier.. dann kamst du.. dann war da deine Schule... jetzt bin ich 49 und noch immer hier... aber ich schwör es dir in genau 3 Jahren wenn du und deiner Schwester endlich auf den Beinen steht dann bin ich weg hier...

... nämlich im Strandhaus in Antalya.

 

woooooooooo soll ich anfangen?

schön wenn die leute es schaffen, so wie sie es wollten, ihren lebensabend in einer villa zu verbringen.
was allerdings hat die geringe lebensqualität, alla in einer 30 qm-wohnung 30 jahre lang zu leben, aus ihnen gemacht.

man kann sich so eingepfercht doch nicht glücklich fühlen? das muss doch auch auf die psyche eingewirkt haben? geht man dann als ausgelaugter, überarbeiteter mensch in eine villa zurück und hat jeden cent gespart?
ich hab von einem mädl gehört, dass ihre eltern ihr sogar vorschreiben, das toilettenpapier nicht zu sehr zu gebrauchen, damit sie auch daran sparen konnten.
die berühmten verdünnten säfte, die man den besuchern auftischt, damit man auch dabei sparen kann?

und wenn die leute ehrlich zu sich sind, bleiben sie nicht ewig unten. die winter werden von pensionisten meistens in österreich verbracht, weil sie ihre arztbesuche hier machen. sie sind noch immer hier versichert.
und wo kehrt man nach österreich zurück? die billige wohnung wird nicht gekündigt, wird meistens von den kindern übernommen, wo die eltern dann die wintersaison mitverbringen.
anstatt sich für das geld hier etwas schönes zu leisten, investieren sie in villen, die sie auch im ruhestand nicht zur gänze nutzen. wer fährt ständig am wochenende mit dem bus in die heimat und zurück ? es sind viele pensionisten dabei, die zwar nichts mehr arbeiten, aber ständig ihre kinder besuchen und ihre arztbesuche machen.
sie schaffen die rückkehr nicht ganz. die kinder kennen die heimat nicht und können sich nicht vorstellen, unten zu leben.
und für wen haben sie dann die villa gebaut? mit ins grab kann man sie nicht nehmen. den kindern wäre ein geerbtes haus, oder eine eigentumswohnung viel lieber in österreich.
so sind sie gezwungen nach dem tod der eltern zumindest einmal im jahr in die elternheimat zu fahren, um das haus nicht leer stehen zu lassen. andere urlaubsziele? nö....
man ist verdonnert einem nachbarn für die erhaltung zu zahlen. damit keiner einbricht und die rechnungen alle rechtzeitig gezahlt werden.
ein ganzes jahr kostet das haus. man ist nur wenige wochen drin.
zahlen sich 40 jahre schufterei aus, um paar jahre in der heimat verbringen zu können? (inkl. pendeln nach österreich).
und dann sind vor lauter schufterei auch die leute nicht bei bester gesundheit.
sieht das den keiner voraus?
ich spare lieber für ein österreichisches eigenheim. was soll ich unten mit einer villa?

 

so, das werd ich auf bosnisch übersetzen, ausdrucken und meinem vater vorlegen, der ist nämlich auch so ein kandidat! echt super zusammengefasst :)

 

toller Blog, delex! Super super super super. Super.

Ich habe mich dasselbe auch schon sehr oft gefragt. Und beobachtet, ach, millionenfach. Ich glaube es ist so:
Die Menschen fühlen sich entwurzelt, alleine gelassen, entfremdet. Der Krieg hat sie aus der Sicherheit gerissen, in ein anderes Land vertrieben, sie haben von Null anfangen müssen. Irgendwie haben die Menschen, weil sie in ihrer neuen Heimat nicht akzeptiert werden, dieses jetzige Leben als Zwischenzustand angenommen. Das, was sie heute tun - in der Fabrik arbeiten, Regale schlichten, Büros putzen - das ist nur die Zwischenwelt. Das kann doch nicht mein Leben sein! Denken sie sich. Daher konstruieren sie an einem anderen Ort dieses Leben, das sie (und auch jeder andere) sich schon immer gewünscht haben: Großes Haus, viel Platz, Neid. Selbstbestimmtheit. Vor allen Dingen, Selbstbestimmtheit. Hier, auf meinem Grund und Boden, da male ich mein Haus an, wie ich will. Da wohne und koche und schreie ich, wie ich will. In Österreich kann ich das nämlich nicht, nur ich sein. Daher muss ich in Österreich keine ECHTE Wohnung haben. Nur eine Zwischenlösung. Weil irgendwann, irgendwann kehre ich dann in mein echtes Leben zurück.

Dass dies alles eine Illusion ist, sieht man daran, wie viele sich dann doch irgendwie scheuen, zurückzukehren. Die ganzen orangen und rosa Villen sind nur dank den Bauarbeitergehältern entstanden. Die Erhaltung dieser Häuser kostet wieder mein Bauarbeitergehalt aus Österreich. Mit einem bosnischen Gehalt könnte man solche Prachtbauten niemals erhalten. Daher sind die Bewohner gezwungen, trotzdem in Österreich zu arbeiten. Außerdem - wenn ich zurückgehen müsste nach Bosnien (länger als 2 Monate in den Ferien), dann würde ich ja sehen, dass es nicht "Zurück in die Heimat, zurück zu den Wurzeln, zurück zu den ehemaligen Freunden, der ehemaligen Flamme, zurück in die Stadt, in der man aufgewachsen ist. Weg von Sprachbarrieren, weg von schlecht bezahlten, anstrengenden Berufen, weg mit dem Krieg, der alle Pläne zerstört hat. Weg von dem Gefühl, ewig der Ausländer zu bleiben." Es wäre zurück in ein anderes Land, eine neue, andere Heimat, zurück zu den herausgerissenen Wurzeln, zurück in die Stadt, die zerbombt wurde. Die Freunde sind schon lange weg, in Kanada, Schweden oder Australien, sie kommen noch seltener hierher als man selbst. Die ehemalige Flamme wurde im Krieg von religiöser Miliz ermordet. Hier gibt es NUR schlecht bezahlte, anstrengende Berufe. Zurück zu einem Gefühl, hier eigentlich nicht mehr herzupassen. Hier passt gar nichts mehr zusammen.

 

das mit dem krieg und der entwurzelung begrifft die 90er-jahre flüchtlinge aus bonsien und kroatien.

allerdings sind die verhaltensweisen der alten gastarbeitergenerationen gleich. türken, serben, etc. die nicht vertrieben wurden, sondern sich im gedanken verfangen haben, zurück zu kehren und die heimat für die kinder auch mal gschmackig zum leben sein wird. was sie niieeeeee nieeeee nieeee sein kann. urlaub ist urlaub. alltag bewältigen andere baustelle.

 

Dankeschön :)) Du hast es auf den Punkt gebracht. Sie sehen ihr Leben in Österreich nur als Zwischenstopp, einfach nur schnell Geld verdienen und ab gehts nach unten. Nur läuft das leider nicht so, die Familie ist übers ganze Land verteilt, Freunde genauso, jung ist man auch nicht mehr..

 

...thematik deines blogs bin ich schon einmal "live" gestoßen. ich musste im rahmen eines uni praktikums am brunnenmarkt migrantInnen zu diesem thema befragen. von 40 türkischstämmigen der 2. und 3. generation (!!!!) kam die antwort: "ich will hier kohle machen und später in das land meiner eltern (zu)rückziehen"! das wort "ZURÜCK" fiel immer wieder, obwohl viele von ihnen nicht einmal dort gewesen sind. Ihnen war aber sehrwohl bewusst, und das haben sie mir immer wieder betont, dass der gedanke nur eine illusion ist. aber der wunsch, der bleibt immer. sie wiederholen ein bisschen das, was ihre eltern ihnen gesagt haben....zurück zu den wurzeln hat.

wobei ich es sehr gut verstehen kann, dass menschen, die nicht hier aufgewachsen sind (wie ich zum beispiel), zurück in ihre "echte" heimat wollen. dieses vergangene stück leben kann man einfach nicht vergessen, es ist ein teil des menschens...ich habe meine heimat mit 14 verlassen müssen, weil meine eltern in österreich gute jobangebote bekamen, und das tut immer noch sehr weh...von heute auf morgen musst du dich innerhalb eines anderen kulturkreises herumschlagen, du sprichst kein deutsch und du hast eine andere mentalität, die andere nicht verstehen können! das ist hart! so oft ich kann, fahre ich "runter" (eh nur 5-6 autostunden, aber kulturell komplett anders als österreich) um mich besser zu fühlen!

 

Also ich bin mittlerweile froh das meine eltern das haus gebaut haben. denn dieser entspannungsfaktor "eigene 4 wände" ist als basis herrlich. ich hab 30 min nach ohrid, 1,5 stunden nach thessanloniki und 2 stunden nach skopje oder in die weingebiete in gevgelija.
Diese Haus hat höchstens 50.000,-- euro gekostet. wenn man ich wien etwas eigenes für eine 4 köpfige familie erwerben will kann es leicht das 7 bis 10fache kosten. ich verstehe schon wieso die meisten unten bauen... es geht einfach leichter... diese luxusvillen sehen aber auch nur von weit weg gut aus, in wirklichkeit sind die sehr billig gebaut und schlecht verarbeitet.

 

i love ohrid.

es kann das alte haus renoviert werden, falls vorhanden.
man kann ein kleineres bauen. ein ferienhaus eben.
aber 3stöckige riesen, wofür ?
schlecht verarbeitet und billig vielleicht. nicht immer. von region zu region verschieden.
aber die einrichtung bei manchen, lässt den gast echt staunen.
marmorböden bla bla bla. ich hab schon gschichtln ghöört, da greifst dir echt an den schädl.
wie delex schon gesagt hat: FAST VERGOLDET

 

und meistens ist zuerst die fassade gemacht, und drinnen gibts noch kein wasser. oder keinen verlegten boden.. oder nur ein vollständig eingerichtetes zimmer.

 

......nur fassade!!!

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