Kurier über das letzte Tabu: Schwule Fußballer

04. Juni 2008

Kurier-Journalist Erich Vogl hat heute im Euro-Kurier eine gute Geschichte über die Homophobie der guten Kicker geschrieben. Unser biber-Interview von Dino Cehajic mit Otto-Maximale kommt auch vor.   

Übrigens: Im Museumsquartier gibts eine Plakat-Ausstellung über das Thema: Mehr unter www.qwien.at. Infos gibt es also genug.

Das letzte Tabu

Homophobie gehört im Fußball zum Tagesgeschäft. Zudem gibt es offiziell keinen einzigen schwulen Profi. Woran das liegt?

von Erich Vogl

Wie verräterisch doch so ein kleines aber sein kann.

Natürlich habe er nichts gegen Homosexuelle, sagt Fußballlehrer Otto Baric, aber einen davon im Team haben, das will er auch wieder nicht. In der Zeitschrift Biber meinte der Kroate, mit solchen Leuten wolle er nicht an einem Tisch sitzen.

Auch Christoph Daum kommt angeblich gut mit den Leuten vom anderen Ufer aus, der exzentrische Köln-Trainer will aber auch, dass man im Fußball gegen "jegliche gleichgeschlechtliche Bestrebungen" vorgehen solle, wie er neulich im DSF zum Besten gab.

Aufregung und Empörung waren groß, nicht nur von Seiten der Schwulen- und Lesbenorganisationen. Indizien für einen Umdenkprozess?

"Man sollte noch nicht zu optimistisch sein", sagt der deutsche Historiker Ulf Heidel. Denn der Fußball "basiert auf männerbündischen Strukturen. Exklusive Männlichkeit ist ein Kennzeichen, Individualität wird zurückgestellt, die Gemeinschaft des Gleichen dominiert."

Zwar sind sogar im Klassiker des Männerbundes, der Armee, Besserungen zu erkennen (öffentlicher Druck trug zur Integrierung von Frauen und Homosexuellen bei), dennoch müsse man realistisch bleiben. Noch immer werde vor allem im Fußball (auch durch Fangesänge) mit homophober Rhetorik operiert. Da nimmt es nicht weiter Wunder, dass Outings nicht stattfinden. Und wenn doch?

Der Engländer Justin Fashanu outete sich 1990, wurde zur Schwulen-Ikone und zum Stammtisch-Feindbild. 1998 nahm er sich das Leben, nachdem er (zu Unrecht) beschuldigt worden war, sich an einem 17-Jährigen vergriffen haben. Nach Fashanu kam kein Outing mehr.

Rein statistisch müsste aber zumindest jeder zwanzigste Kicker schwul sein, da nach seriösen Schätzungen der Homosexuellenanteil der Bevölkerung fünf (bis hin zu zehn) Prozent beträgt. Das heißt: In Österreichs oberster Liga (zehn Teams zu je 20 Mann) müssten demnach etwa zehn Spieler schwul sein.

Gegenströmung

"Wir müssen uns eingestehen, dass der Fußball in seiner Struktur noch immer reaktionär ist", meinte neulich der ehemalige Schalke-Profi Yves Eigenrauch. Ulf Heidel widerspricht daher der These, wonach Profifußball ein Spiegelbild der Gesellschaft sei. Doch die Stimmen für ein Ende der Diskriminierung werden immer mehr. DFB-Boss Theo Zwanziger hegt lautstark Liberalisierungsgedanken, Bayern-Kicker Philipp Lahm gibt in Schwulen-Medien Interviews und tritt wie Eigenrauch wider die Homophobie auf.

Und dann gibt es noch den Faktor Beckham. Der metrosexuelle Pin-up-Boy für Schwule, der Trendsetter für Heteros "hat für Wandlungen der Männlichkeitsbilder im Fußball gesorgt", sagt Ulf Heidel. "Auch hat er sein Image demonstrativ nicht mehr den Ansprüchen des Männerbundes untergeordnet."

Eine soziale Revolution hat der Flankengott angezettelt. Vielleicht endet sie ja bald im Ende des letzten Tabus.

 

 

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