KURIER: Eine Stadt steht zu ihren Mafiosi

26. Februar 2009

Die Bewohner Dupnitzas freuen sich, dass ihre Stadt verschönert wurde. Dass die Mittel dafür von zwei Mafiosi kamen, stört niemanden.      von Todor Ovtcharov

Dupnitza ist ein kleines Städtchen im Südwesten Bulgariens.
In der Zeit des Kommunismus hieß es Stanke Dimitrov, benannt nach einem Partisanen, der unter anderem für das Attentat auf die Heilige-Nedelya-Kathedrale in Sofia 1925 mit 150 Toten verantwortlich war. Es war einer der blutigsten Terrorakte in Europa in dieser Zeit. Heute wird Dupnitza wieder mit Kriminalität assoziiert. Konkret: mit den Namen der beiden "Berater des Stadtparlaments", Plamen Galev und Angel Hristov, bekannt als die "Brüder Galevi".

Obwohl die "Brüder Galevi" seit einigen Tagen in Haft sitzen, glaubt keiner, dass sie lange hinter Gittern bleiben werden. Denn seit 1989 gab es in Bulgarien nur ein einziges Urteil gegen das organisierte Verbrechen. Die Anklage gegen die beiden ehemaligen Ringer wurde direkt von der Staatsanwaltschaft in Sofia erhoben, um den Einfluss der "Brüder" auf die örtlichen Behörden auszuschalten.
Die "Brüder Galevi" hatten ihre post-sportliche Karriere bei der polizeilichen Spezialeinheit für Bekämpfung von Organisiertem Verbrechen begonnen, wurden aber bald vom Dienst suspendiert. Die "Brüder Galevi" wurden schnell, nach ihren eigenen Angaben, durch den Handel mit Gebrauchtwagen sehr reich. Gerüchten zufolge war ihr eigentliches Geschäft der Verkauf von synthetischen Drogen und Schutzgelderpressung. Durch großen Summen wurden hohe Funktionäre der Stadtverwaltung in Dupnitza und im Innenministerium in Sofia "gekauft". 2007 setzen sie schließlich die Ernennung eines ihnen treu ergebenen Bürgermeisters sowie mehrerer Stadträte durch.

Schützende Hand

Als schützende Hand der "Brüder" fungierte der ehemalige Innenminister Rumen Petkov. Er war stets gern gesehener Gast in ihrem Schlösschen in der Nähe von Dupnitza. Die Mafia-Brüder gaben ihm den Spitznamen "Das Feuerzeug". Nachdem seine Beziehungen zu den beiden Brüdern aufflogen und er seinen Platz räumen musste, leugnete er glattweg die Existenz der Mafia in Bulgarien.
Nach Zeugenaussagen ist es in Dupnitza unmöglich, ohne die Erlaubnis der "Brüder" ein eigenes Geschäft zu starten. Ihre Schläger kontrollieren die Gemeinde. Jeder, der versucht, sich selbstständig zu machen ohne den Anteil an die "Galevi" zu zahlen, wird bedroht und dann geschlagen.

Während die Menschen in Dupnitza vor drei Jahren noch gegen die Willkür der Mafiosi protestierten, setzen sich heute viele für deren Freilassung ein.
Die Stadt im Südwesten Bulgariens sei inzwischen schöner und sauberer geworden, meinen die meisten. Sogar öffentliche Parkanlagen wurden von den "Galevi" gebaut. Ob das Geld dafür von Drogen oder von Steuern kommt, ist den Leuten in Dupnitza letztlich egal.


Artikel vom 26.02.2009 17:46 | KURIER |

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