Bereit für den Krieg

17. November 2015

Politiker, Medien und der Mann von der Straße reden über den Krieg gegen den Daesh. Wer A wie Angriff sagt, muss aber auch auf B wie Begräbnisse vorbereitet sein.

Nicolas Sarkozy, ehemaliger Französischer Präsident, spricht vom "totalen Krieg" gegen den Terror. Jochen Bittner von der "Zeit" will Flüchtlingsbataillone gegen den Daesh aufstellen. Leute, ernsthaft? Ein französischer Politiker zitiert Goebbels? Europa hat 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein nie dagewesenes Maß an Wohlstand erreicht. Wollt ihr wieder die Büchse der Pandora öffnen? Habt ihr nichts von euren Großeltern gelernt? Müssen wieder junge Männer und Frauen in Särgen heimkommen, damit wir daran erinnert werden, wie schrecklich ein Krieg ist?

Ja, der Angriff auf Zivilisten in Paris ist ein brutales Verbrechen. Ja, die Hintermänner müssen vors Gericht und sollen bis ans Ende ihres Lebens in Gefängnissen schmoren. Aber wollen wir wirklich Krieg? Hält das unsere Demokratie aus? Oder ebnet das politischen Scharlatanen in Europa den Weg an die Spitze? Wir haben in Afghanistan gesehen, was es bedeutet, Krieg zu führen. Was es für Soldaten heißt, ihr Leben und ihre Gliedmaßen dafür zu geben, irgendwelche kargen Bergkuppeln am Hindukusch zu halten. 15 Jahre lang haben wir uns eingebildet, "Brücken und Brunnen zu bauen" und die Taliban dadurch zu besiegen. Nach dem Abzug vieler ausländischer Truppen sieht die Sache nicht wirklich gut aus: Die afghanische Armee und Polizei haben, außer in der Hauptstadt Kabul, faktisch keine Macht. Warlords - die jetzt unsere schönen Uniformen tragen - bestimmen weiterhin über das Leben der Menschen. Wollen wir das in Syrien ebenfalls? 

Wir haben in Nordafrika jahrzehntelang Diktatoren und Autokraten gesponsert. Kranke Psychopaten, die sich wie Monster aufgeführt haben. Deren Kinder ebenfalls nur geplündert, gemordet und vergewaltigt haben. Diese "regionalen Machthaber" und "Autokraten" züchteten in ihren Geheimgefängnissen jene radikalen Prediger und Scharfmacher heran, die nach dem Fall unserer "Verbündeten" die Macht übernommen haben und die jetzt auf Rache aus sind. Die Psychopaten, die in Paris über einhundert Menschen massakriert haben, sind indirekt Produkte unserer verfehlten Außenpolitik. Bevor wir im Westen wieder junge Menschen ins Maschinengewehrfeuer schicken, wäre es ganz nützlich, einen brauchbaren Plan für die Region auszuarbeiten. Und zwar einen, der nicht von einem Märchenonkel stammt.

Die Devise muss "nie wieder Krieg" lauten und nicht "endlich wieder Krieg".

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