Besorgniserregend: Die Zahl der Gutmenschen steigt von Tag zu Tag

19. September 2015

Gutmütig, naiv und politisch korrekt tritt er auf. Er hat keinen Bezug zur harten Realität, verschließt seine Augen vor den Tatsachen: Der Gutmensch.

Er gehört der Gattung des Homo Sapiens an - dem denkenden, verstehenden, vernünftigen Menschenaffen. Er ist ein soziales Wesen und zu seinen ausgeprägtesten Eigenschaften gehört, neben dem reflektierten Verständnis seiner selbst, auch die Fähigkeit zur Empathie.

Der Terminus „Gutmensch“ ist einer, der sich seit geraumer Zeit in jeden Bereich unseres Social-Media Alltags drängt. Insbesondere im Kontext der allgegenwärtigen Flüchtlingsdebatte wurde die Verwendung des Begriffes auf jede erdenkliche Art und Weise verwendet und überstrapaziert. So sehr, dass er es in Deutschland im Zuge der Aktion „Unwort des Jahres“ zur Zeit auf Platz 1. der am häufigsten eingesendeten Vorschläge schafft. Die tatsächliche Auslosung erfolgt im Dezember und man darf gespannt bleiben. Die Aktion hat sich zum Ziel gesetzt „Sprachbewusstsein und die Sprachsensibilität in der Bevölkerung“ zu fördern, um somit eine reflektierten Gebrauch von Sprache im Alltag, allem voran im öffentlichen Bereich, zu fördern. Gut so.

Mein persönlicher Eindruck von diesem Wort war jedoch seit jeher ein positiver. Der Trubel um dieses Wort war mir unverständlich. Dass manch einer sie belächelt ist eine Sache, dass sie zum momentanen Feindbild für einen so großen Teil der Bevölkerung mutiert sind, eine andere. Menschen, die Gutes tun, sprechen und an Gutes glauben – Gutes kann doch nicht so schlecht sein?

Ein Irrglaube von kolossaler Größe, der wohl fehlender Sprachkenntnis zuzuschreiben ist. Ich wurde eines Besseren belehrt. Nietzsche und Hitler sind sich einig: Gutmenschen sind schlechte Menschen und auch nachdem ich mich virtuell unters österreichische „Volk“ gemischt und einige Definitionsvorschläge besorgter Bürger gesammelt habe, habe ich nun die endgültige Bedeutung des Wortes erfasst.

 

Hans Christian meint: "Gutmenschlich" ist genau das Gegenteil von menschlich!

Walter findet: „Gutmenschen sind Nazisten.“

Während Stella eine gewisse Sympathie für diese Gattung hegt: „Ach ja....die Gutmenschen...so süß wie sie sich aufpuddln *knuddl* „wink“-Emoticon“ findet Molly eine nachvollziehbare Begründung für die guten Taten der Gutmenschen und setzt all ihre Hoffnung wiederum auf Hans Christian: „Weil sie alle hintervotzig sind .. mach es bitte besser. Hc ...unser neuer held...hoffentlich“

Chris erkennt einen noch unerforschten Zusammenhang zwischen Gutmensch und Wirtschaftsflucht: „Scheiss auf die Gutmenschen ... die braucht niemand ... sind in meinen augen auch Wirtschaftsflüchlinge und sollen gleich mit denen mit gehen ...“

 

Hin- und hergerissen zwischen den mannigfaltigen, ausführlichen Interpretationen des Begriffes komme ich zu folgender Erkenntnis:

Der Gutmensch ist im Kommen. Man findet ihn an jeder Ecke. Dort lauert er mit Nahrung und einem offenen Ohr für Bedürftige. Meist ist er in Gruppen Gleichgesinnter zu finden. Er spendet, kocht, wäscht und verschwendet seine Zeit damit, humanitäre Hilfe zu leisten. Er widersetzt sich untätigen Obrigkeiten. Sektenähnlich versucht er Hans Christian, Molly und Walter von seinen Idealen zu überzeugen und neue AnhängerInnen zu finden. Er opfert seine eigene Zeit, Kraft und Sicherheit, um Menschen vor Elend und Hunger zu bewahren.

 

Nenne man ihn nun „Wirtschaftsflüchtling“, „Nazist“ oder „Gutmensch“ – gewiss ist, dass es immer mehr von seiner Art gibt. Und das ist gut so.

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