Darauf kannst du stolz sein! Oder doch nicht?

27. November 2023

Stolz auf das Riesenrad? Oder doch das Wiener Schnitzel? Will ich überhaupt stolze Österreicherin sein? Stipendiatin Tana Badić stellt sich die Frage: Auf was genau bin ich da jetzt eigentlich stolz?

Von Tana Badić

„Stolze Wienerin.“ Das war meine To-Go Antwort, wenn mich Mal wer fragte woher ich komme. Warum ich aber so stolz war Wienerin zu sein, so sehr, dass ich das Wort sogar in meinen Herkunftstitel reinpackte, war mir nicht genau klar. War ich stolz Teil einer der unfreundlichsten Städte der Welt zu sein? Stolz auf das Riesenrad? Stolz auf das Wiener Schnitzel? Noch mehr fragte ich mich: Wenn ich nun stolze Wienerin war, machte mich das dann auch zur stolzen Österreicherin? Dabei sah ich meine Nationalität immer nur als ein Wort auf einem Stück Papier an. Geboren zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um somit den kleinen roten Pass mit goldenem Adler in der Schublade liegen zu haben. Mein Verdienst war das nicht. Wie kann ich also nun stolze Österreicherin sein? Und will ich das?

Du bist nicht den Berg runtergefahren

Woher kommt dieser Stolz, Teil eines Punktes auf der Weltkarte zu sein? Wieso gebe ich zum Beispiel bei ausländischen Bekanntschaften immer ganz stolz damit an, dass wir, Österreich, das Land des Skifahrens sind, obwohl ich persönlich den Winter und die Berge gar nicht mag und seit gefühlt fünf Jahren nicht mehr auf Skiern gestanden bin. Viel fragwürdiger aber: Will ich wirklich damit angeben Österreicherin zu sein? Ein Teil eines Landes zu sein, in dem der Kanzler armutsbetroffene Familien zum McDonalds schickt oder wo der Rechtspopulismus mittlerweile an jeder Ecke ein Zuhause hat. Will ich wirklich darauf stolz sein? Die Wissenschaft klärt auf: Nationale oder territoriale Identität spielt hier eine wichtige Rolle. Ist man Teil einer Nation, ist man gleichzeitig Teil einer Gesellschaft. Denn wir Menschen fühlen uns nicht gerne allein. Es schafft ein Gefühl von Miteinander und Zusammenhalt. Wenn einen gar nichts verbindet, dann verbindet einen noch immer der gemeinsame Lebensort. Bei nationaler Identität spielen auch starke Emotionen eine Rolle. Es entwickelt sich ein Sicherheitsempfinden. Vielmehr aber noch entwickelt sich dieser gewisser Stolz, Teil einer Gesellschaft zu sein.

Stolze Österreicherin zu sein war für mich dann hin und wieder doch auch Lebensrealität. Lautstark freute ich mich als Marcel Hirscher die hundertste Medaille bei den Olympischen Winterspielen gewann; Conchita den Eurovision Sieg nach Österreich geholt hatte; oder Anton Zeilinger den Nobelpreis gewonnen hat. Dann hieß es auf einmal: Wir haben gewonnen. Dieser Heimatstolz kristallisierte sich bei solchen Aussagen heraus. Ich bin Teil des Landes welches XY gemeistert hat. Aus dem der erfolgreiche XY stammt. Ganz nach dem Motto „dein Erfolg ist auch mein Erfolg“. Dabei ist dieser Stolz auf das eigene Land in meinen Augen etwas absurd. Stolz auf Österreich, weil Marcel Hirscher ein Weltklasse Skifahrer ist. Ich bin ja nicht diejenige, die den Berg hinuntergefahren ist. Genauso wenig stand ich auf der Bühne in Kopenhagen beim ESC oder widmete mein Leben der Quantenphysik. Weder habe ich in irgendeiner Weise zu diesen Erfolgen beigetragen. Demnach: Auf was genau kann ich da denn stolz sein?

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