Fitnesswahn und Ernährungsexperten

20. Juli 2015

Wer kennt sie nicht, die Facebook- und Instagram-Freunde, die ständig Selfies von sich im Fitnesscenter posten und das bekannte Phänomen „Food Porn“ auf ein neues Level heben, indem sie nur noch Fotos von ihren ach so gesunden, kalorienarmen, gluten-freien und somit vermutlich auch ungenießbaren Mahlzeiten posten.

Kurz vorm Sommer kriechen sie aus ihren Höhlen und beschließen plötzlich alle, dass sie innerhalb kürzester Zeit möglichst fit aussehen wollen. Dagegen spricht an und für sich nichts, da einige tatsächlich ernsthafte Absichten haben und gesünder leben wollen. Was allerdings manche mit ihrer übertriebenen Selbstinszenierung auf jeglichen Social Media Plattformen bezwecken wollen, bleibt fraglich. Plötzlich halten sich nämlich alle für Fitness-bzw. Ernährungsexperten. Angefangen bei der Bekannten, die sich für die Expertin schlechthin auf dem Gebiet der Ernährung hält, nur weil sie täglich Fotos von ihrem Obstsalat postet, bis hin zum Arbeitskollegen, der das Fitnesscenter scheinbar nicht ohne ein Spiegel-Selfie verlassen kann.

Die "GG's"

Am liebsten sind mir aber jene Mädels, die zwar fleißig posten, dass sie gerade mit ihren Freundinnen im McFit oder FitInn sind, aber dort außer knapp bekleidet und kichernd herumzulaufen, nichts tun. Ich persönlich vermeide es beispielsweise, nach 17 Uhr ins Fitnessstudio zu gehen, da ich eben genau solchen Gestalten aus dem Weg gehen möchte. Ab und zu treffe aber auch ich auf die berühmten „Gym-Groupies“ (GG’s) – wie ich sie zu nennen pflege. Top gestylt, staubtrocken und in hautenge Klamotten gehüllt: Das sind in etwa die typischen Erkennungsmerkmale der GG’s. Völlig durchnässt laufe ich in meinen Schlabberklamotten und zerzaustem Pferdeschwanz am Laufband und beobachte diese fragwürdige Spezies. Woher nehmen sie nur die Energie und Zeit für diese Aufmachung und warum um alles in der Welt tun sie sich das in einem Fitnesscenter an?

Der Hantel-Hengst

Letztendlich wurde mir klar, worauf sie es abgesehen haben: Auf das männliche Gegenstück ihresgleichen. Dort steht er – vollgepumpt mit Aufputschmitteln, Oberarmen wie Hulk, aber Beinchen, die zu zerbrechen drohen. Ein lautes „Uhhhhhh“ gibt er von sich bevor er möglichst lautstark die 30 Kilo-Hantel fallen lässt. Stolz betrachtet er seinen pulsierenden Bizeps im Spiegel, während ihm die Gym-Groupies aus einer Ecke bewundernde Blicke zuwerfen, was den „Hantel-Hengst“ in seinem Tun natürlich noch bestärkt. Und so schließt sich der Kreis und folgende Tatsache bleibt unumstößlich: Solange es Menschen von der einen und der anderen Sorte gibt, wird es immer so weiter gehen und der Pseudo-Fitnesswahn nimmt seinen Lauf. In Zukunft werde ich wohl nachts trainieren gehen müssen, um ihnen ganz aus dem Weg zu gehen. Wobei – einen gewissen Unterhaltungswert hat das Ganze ja doch, zumindest, wenn man seine Kopfhörer zu Hause vergessen hat.

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