Excuse me, Frau Ministerin, wir haben 2023!

27. Juni 2023

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Der „Global Gender Gap Report 2023“ des Weltwirtschaftsforums ist seit 20. Juni draußen und Österreich ist wieder einmal an seinen Aufholbedarf in Sachen Gleichstellung zwischen Männern und Frauen erinnert. Anstatt sich dem Ergebnis zu stellen, äußert sich das zuständige Ministerium mit rassistischen Relativierungen.

Vergangenen Dienstag, am 20. Juni, veröffentlichte das Weltwirtschaftsforum (WEF) seinen jährlichen Bericht zur Gleichstellung zwischen Männern und Frauen – mit einer ernüchternden Gesamtbilanz und einem bemerkenswert schlechten Ergebnis für Österreich. Ändert sich nichts an dem Tempo, mit dem sich die Welt derzeit Richtung Gleichstellung bewegt, wird eine globale Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen erst in 131 Jahren erreicht sein. In Österreich scheint währenddessen nicht einmal die Richtung zu stimmen. Im Vergleich zum Vorjahr mussten wir hierzulande 26 Plätze im weltweiten Ranking einbüßen und landeten heuer nur noch auf Platz 47 von in insgesamt 146 Ländern.

Platzierung hinter Ruanda und Zimbabwe „nicht nachvollziehbar“

Nun wäre es nicht nur zu erwarten, sondern auch wünschenswert, dass die heimische Regierung, angesichts solcher Ergebnisse, aufschreit. Und das tut sie auch – allerdings schreit sie am Thema vorbei. Frauen- und Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP), die übrigens nicht als „Feministin“ bezeichnet werden möchte, stellt nun das Ranking des WEF-Berichts insgesamt in Frage. Denn während sich Österreich in den Bereichen Bildung, Gesundheit und wirtschaftliche Partizipation verbessert habe, sei eine Verschlechterung lediglich im Bereich Politik verzeichnet worden. „Insgesamt muss man die Gewichtung dieses Indikators für das Ranking schon hinterfragen, wenn das nun dazu führt, dass Österreich in Bezug auf Gleichstellung deshalb hinter Länder wie Ruanda und Zimbabwe gereiht wird. Das ist nicht nachvollziehbar“ heißt es laut Berichten in einer Mitteilung des österreichischen Frauenministeriums.   

Wo bleibt der Aufschrei?

Excuse me?! Warum werden hier ausgerechnet zwei afrikanische Länder herausgehoben, deren Vorsprung in Sachen Gleichstellung man anscheinend nicht wahrhaben will? Deren Vorsprung in Sachen Gleichstellung anscheinend so schwer zu glauben ist, dass die österreichische Platzierung dadurch nicht mehr „nachvollziehbar“ ist? Und deren Vorsprung in Sachen Gleichstellung die Motivation für das Ressort Raabs dargestellt zu haben scheint, eine Prüfung der Index-Ergebnisse zu veranlassen? Wo bleibt eigentlich hier der Aufschrei? Medial kommt er jedenfalls nicht – im Gegenteil. Auch etablierte Medien verwenden die Platzierung Österreichs hinter Ruanda als sensationellen Aufmacher ihrer Berichterstattung. Österreich sollte an dieser Stelle die Äußerungen des Familienministeriums zum Anlass nehmen, sich einmal ganz ehrlich zu fragen, inwieweit es eurozentristische und rassistische Überlegenheitsvorstellungen gegenüber dem „globalen Süden“ immer noch reproduziert – im Jahr 2023.

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