Flüchtling, Elton Johns Bassist, jetzt Musiker in Wien – das ist Juan

28. September 2016

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Juan Gracia-Herreros Musiker Jazz
Credit: Gustavo Allidi Bernasconi

Zuerst kein einfaches Leben in Kolumbien, dann Flüchtling in den USA und plötzlich wendet sich das Blatt. Viele hätten es wohl nie geglaubt, aber der Flüchtling mit indianischen Wurzeln wurde Bassist der Stars! Jetzt will er in Wien mit seiner eigenen Musik Karriere machen und hat auch hierbei viel Erfolg.

 

Vom Flüchtling zum Bassisten der Stars

Der gebürtige Kolumbianer Juan Garcia-Herreros mit indianischen Wurzeln musste wegen des heftigen Drogenkrieges mit nur 9 Jahren aus seiner Heimatstadt Bogota fliehen. Die USA waren nun sein neues Zuhause und es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich einfach irgendwie zurechtzufinden. Er entdeckte bald seine Faszination und Leidenschaft zur Musik und brachte sich autodidaktisch das Bassspielen bei. Sein Talent blieb auch nicht unentdeckt und er bekam bald ein heißbegehrtes Stipendium für die Berklee College of Music in Boston. Nach seiner dortigen Ausbildung verschlug es nach New York, wo seine Karriere nicht mehr lange auf sich warten ließ. Er ging schon bald auf Tour mit Christina Aguilera, Jennifer Lopez, Shakira, Mark Anthony  und Elton John – nicht gerade kleine Namen. Doch irgendwann hatte er dann genug. „Ich will diese Erfahrungen nicht missen. Bassist für all diese tollen Künstler gewesen zu sein, war unglaublich, aber irgendwann hat es mir gereicht und ich wollte endlich selbst komponieren.“ – er hatte in seinem Leben einfach noch was anderes vor.

Ab nach Wien und durchstarten!

Aus Faszination für die Welt der klassischen Musik verschlug es ihn mit 26 Jahren nach Wien – ist ja auch eine tolle Stadt – um hier unter dem Künstlernamen Snow Owl mit seiner eigenen Musik Erfolg zu haben. Er wollte sich nicht länger an etwas Großes dranhängen, sondern lieber sein eigenes Großes erschaffen. Dafür suchte er sich das Genre Latin-Jazz aus, aber auch hier wollte er lieber sein eigenes Ding durchziehen. „ Alle Musiker gehen zur Schule und lernen, wie Jazz funktioniert und sie ändern nur wenig daran. Aber ich dachte mir, ich schreibe einfach neue Jazz-Standards.“. Sein Stil wurde von der Musikwelt auch sehr gut angenommen. Seine CD mit dem spanischen Titel „Normas“, was so viel heißt wie Standards,  wurde mit einem Grammy für das beste Latin-Jazz Album geehrt. Als österreichische Produktion war das natürlich auch eine große Ehre für unser Land.

Abgesehen davon hat er mit seinem Album The Blue Road am 20.09.2016 bei den Global Music Awards in der Kategorie World Jazz und bestes Album Gold für Österreich geholt.

Juan Gracia-Herreros Musiker Jazz
Credit: Gustavo Allidi Bernasconi

Seit er nun in Österreich lebt, hat er aber noch viel mehr geleistet. „Ich habe einen Verein für Toleranz und Integration namens The Snow Owl gegründet, der sehr eng mit dem Roten Kreuz und Project Exchange arbeitet. Ich besuche regelmäßig Schulen in Österreich und spreche mit Kindern über solche Themen und ich hab auch ein Fußballspiel für Flüchtlinge in der Steiermark organisiert, das war sehr schön.“. Außerdem wurde er 2008 von Heinz Fischer zum Integrationsbotschafter ernannt.

Jetzt gerade arbeitet er an einer Alben-Trilogie, die seinen indianischen Wurzeln  gewidmet sein soll. „Die drei Alben beschreiben drei Wege, die nach dem indigenen Glauben die drei Wege des Lebens beschreiben, die jeder Mensch beschreiten muss. Es gibt den blauen, den roten und den gelben Weg. Der blaue Weg steht für Spiritualität, der rote für das Physische und der gelbe für die Vereinigung von beidem.“

Das erste Album dieser Trilogie, The Blue Road, ist bereits veröffentlicht.

Musik gegen Rassismus

In dem ersten Album der Trilogie, The Blue Road, findet man viele musikalische Kooperationen mit anderen Künstlern der unterschiedlichsten Nationalitäten und Musikstile. Er nennt es World-Jazz und will Musik schaffen, die alles und vor allem alle verbindet. „Auf der ganzen Welt haben wir nur eine Farbe und zwar für Blut und die ist bei jedem gleich – rot. Wir sind Familie, es gibt keinen Grund für Trennungen untereinander auf der Welt.“. Themen wie Rassismus, Toleranz und Integration sind ihm daher sehr wichtig und diese äußern sich auch in seiner Musik. „Ich darf durch Musik sprechen. Das ist ein Privileg.“

„Das Mädchen lag im Sterben und fing an zu singen.“

In den Texten seiner Musik, vor allem auf dem Album The Blue Road, hört man viel über seine Reise, seine Erfahrungen und auch Geschichten, die ihn bewegt haben. Eine davon beruht auf einem kleinen Mädchen in Kolumbien. In seinem Lied „She became a Thousand birds“ erzählt er die Geschichte, die damals ganz Kolumbien zu Tränen rührte. „Das 12-jährige Mädchen war nach einer Vulkanexplosion eingeklemmt und niemand konnte sie mehr retten. Als sie dann anfing zu sterben, fing sie auch an zu singen. Das ganze Land hat es im Fernsehen gesehen, so auch ich mit damals 8 Jahren. In diesem Moment merkte ich, wie stark Musik ist.“

We are all stuck in a blue ball

Auch für die Zukunft wünscht er sich, mit seiner Musik Botschaften zu vermitteln und Themen anzusprechen, über die man so normal nicht gerne redet. Und solche Themen werden wohl auch nie ausgehen. „Ich finde überall Inspiration. Wenn du offene Ohren/Augen und eine offene Seele hast, dann bekommst du genug Eindrücke – die fehlen nie.“.
Besonders wichtig ist es Juan Garcia-Herreros aber weiterhin mit seiner Musik den Zusammenhalt unter den Menschen zu stärken und so viele verschiedene Musiker mit unterschiedlichen Hintergründen in seinem World-Jazz zu vereinen.
„Wir sollten nicht getrennt sein, man muss miteinander leben und einander mehr lieben. We are all stuck in a blue ball.“

 

 

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