Keine Wohnungen an „Asylwerber oder ähnliches“

31. August 2016

Zakarya Ibrahem und Volina Șerban

Ich weiß schon, dass man ohne Nachnamen wie Gruber oder Müller in Wien nicht so einfach eine gemietete Wohnung finden kann. Wenn man darüber hinaus auch Asylwerber ist und Ibrahem heißt, wird die ganze Sucherei zu einem Nerventest. Über meine monatelange Erfahrung mit der Wohnungssuche könnt ihr weiter unten lesen:

Die 9-er WG

Integration war mir schon seit meiner Ankunft in Österreich sehr wichtig. Mir war auch klar, dass ich mich an die neue Gesellschaft nicht anpassen kann, wenn ich ewig in einem Flüchtlingsheim wohne. So machte ich mich auf die Suche nach einer WG und mit der Hilfe meiner Freunde wurde ich fündig: Ich konnte bald in eine 9er-WG einziehen. Ja, genau, ihr habt richtig gelesen. Ich und weitere acht Syrer wurden in einer Dreizimmer-WG untergebracht. Dort verbrachte ich über ein halbes Jahr und duldete brav den ständigen Lärm und die fehlende Sauberkeit. So viele Männer auf so engem Raum können doch nicht immer ordentlich zusammenleben, oder? Die Miete, die ich damals zahlen musste, war unter diesen Umständen auch nicht günstig.

Nie die Hoffnung aufgeben

Der Unterschied zum Flüchtlingsheim war auch nicht riesig. Ich spürte das Bedürfnis, meine Privatsphäre zu haben und ruhig zu wohnen. Ich entschloss mich, mit der Wohnungssuche anzufangen. Alles, was ich mir wünschte, war, nicht mehr  mit so vielen anderen Menschen in einem kleinen Zimmer zusammengepfercht zu wohnen. Ich wusste damals nicht, was für eine titanenhafte Arbeit mir bevorsteht.

Über sechs Monate und 100 Wohnungsbesichtigungen später konnte ich endlich eine eigene Wohnung finden. Den Vermieter interessierte gar nicht, welche Herkunft ich habe, solange ich die Miete und die Betriebskosten monatlich rechtzeitig zahle. Dasselbe kann ich leider nicht über die anderen Vermieter sagen, die mich aufgrund meiner Herkunft und meiner aktuellen Lage schroff abgewiesen haben.

Wenn man 3000 Euro Provision oder Kaution (oder beides) zahlen muss, ist es noch schwieriger, eine günstige Wohnlösung zu finden. Das zahlen aber natürlich alle. Das Problem ist, dass man auf uns nicht vertraut. Viele sagen: „Ihr bekommt Geld vom Sozialamt. Wer weiß, ob das noch in einem Jahr so sein wird.“ Es gibt schon viele Vereine, wie Caritas, die Diakonie oder Flüchtlinge Willkommen, und barmherzige Menschen, die uns bei der Wohnungssuche helfen, sie sind aber auch nicht auf so viele vorbereitet und das ist auch zu verstehen.

Der zweite Grund, warum viele Flüchtlinge abgewiesen werden, sind die Kulturunterschiede, die das Zusammenleben angeblich unmöglich machen würden. Es ist mir öfters passiert, dass ich nicht aufgrund meiner finanziellen Situation, sondern wegen meiner Kultur, Essgewohnheiten usw. keinen Wohnvertrag unterschreiben durfte.

Ein Freund von mir, der gerade mitten in der Wohnungssuche steht, ist vor Kurzem über eine anlockende Wohnungsanzeige auf Willhaben gestolpert:

Keine Wohnungen an „Asylwerber oder ähnliches“

Er konnte sich aber nicht lange darüber freuen. Zwei Scrolls nach unten und bam! Da realisierte er, dass er sich nicht als potenzieller Mieter qualifiziert:

Keine Wohnungen an „Asylwerber oder ähnliches“

Ich sage nur: Zumindest steht das direkt auf Willhaben und man geht nicht mehr die Wohnung umsonst besichtigen. Im Fall vieler ähnlicher Anzeigen erfährt der Betroffene erst an der Eingangstür, dass er da nicht willkommen ist.

Nicht alle in einen Topf werfen

Einige Vermieter sagen, Flüchtlinge seien alle Terroristen oder unzuverlässige Personen, mit denen sie sich wegen ihrer mangelnden Sprachkenntnisse nicht verständigen können. An solche Menschen würden sie lieber ihre Wohnungen nicht vermieten. Vorurteile mag keiner von uns, geschweige denn direkt davon betroffen zu werden. Alle Flüchtlinge in einen Topf zu werfen ist einfacher als auf die persönliche Situation jedes einzelnen einzugehen.

Meine Story hat ein happy end. Bedauerlicherweise gibt es viel mehr Flüchtlinge, deren Wohngeschichte kein happy end hat. Jetzt wünsche ich mir nur, dass mehr von meinen Landsleuten eine Chance bekommen, eine anständige Wohnung zu finden. Um das möglich zu machen, muss man mit vielen Vorurteilen aufräumen.

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