"Lackmustest für die Solidarität und Zukunft Europas“

21. Januar 2016

Der Name der Konferenz "NOW" soll zur schnellen Einigkeit in der Flüchtlingskrise animieren. Zwei Tage lang werden Erfahrungen und Ideen ausgetauscht, auch katastrophale Zustände im Libanon spielen eine Rolle.

Ursprünglich hätte die N-O-W!!-Flüchtlingskonferenz in Traiskirchen stattfinden sollen, jener Stadt, die letztes Jahr ins Zentrum der österreichischen Flüchtlingsdebatte rückte. Nun tagt sie in Wien, in der Spittelauer ÖBB Werkstätten-Halle. Die Kulisse wurde mit Bedacht gewählt, sie erinnert mit ihren Waggons und der großen Halle an die Berichte über die Ankunft der ersten syrischen Heimatvertriebenen mit den Zügen. Der Schriftzug „NOW“ wurde aus Schwimmwesten von griechischen Bootsflüchtlingen angefertigt und bringt jenes Leid in greifbare Nähe. 

Der Einladung des Bruno-Kreisky-Forums folgten auch Bürgermeister aus an Syrien angrenzenden Ländern, Aktivisten sowie Flüchtlinge. Ihr Ziel ist es, gemeinsam alternative Strategien in der europäischen Flüchtlingspolitik auszuarbeiten. Schnell wird klar, es ist kein europäisches Problem, viel mehr handelt es sich um ein globales Problem. Laut UNHCR-Schätzungen gibt es weltweit 60 Millionen Flüchtlinge, die nicht nur ins Ausland flüchten, sondern auch viele Binnenflüchtlinge, die mit 34 Millionen den größten Anteil ausmachen. 

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Stellvertretend für Bürgermeister Häupl kam Wiener Stadträtin Sonja Wehsely, die bei ihrer Rede von einem „Lackmustest für die Solidarität und Zukunft Europas“ sprach. Des Weiteren sprach sie der vieldiskutierten „Obergrenze“ ihre verfassungsmäßige Legitimität ab und plädierte für eine „aktive Friedenspolitik“ und eine finanzielle Unterstützung für Länder, die Flüchtlinge aufnehmen. 

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Foto: Nikola Micevski

"Flüchtlingskrise in der Verantwortung der Welt"

Ein weiterer Höhepunkt war die Diskussionsrunde, bei der sich jordanische und libanesische Bürgermeister zu Wort melden konnten und über die Lage in den betroffenen Städten sprachen. Yousef Al-Shawarbeh, Bürgermeister vom jordanischen Amman, sprach von einer „verarmenden Mittelschicht“, die durch billige syrische Arbeitskräfte verursacht wird und einer Wasserknappheit, die 640.000 Flüchtlinge in Jordanien bedroht. Hinzu kämen Palästinenser, die seit Jahren ihr Heimatland verlassen und in andere Nahostländer einreisen. Der libanesische Bürgermeister Saleh Nazem formulierte seinen Hilferuf drastisch und beschrieb die Lage der Einwohner in seiner Stadt als „Vertriebene im eigenen Land“, die ebenfalls Probleme bei ihrer Jobsuche hätten. Generalsekräter der JHCO Mohammed Al Kilani sprach von einer großen Herausforderung für das Erziehungswesen und warnte vor einer „verlorenen Generation in 5 bis 6 Jahren." Es sind Hilferufe nach mehr internationaler Solidarität und Mitgefühl, weg vom politischen Kalkül. „Die Flüchtlingskrise liegt in der Verantwortung der ganzen Welt“, so Al-Shawarbeh. 

Der ehemalige Chef des New Yorker Büros der UNHCR, Udo Janz, beschrieb in der Diskussionsrunde skrupellose Machenschaften von Schleppern und Schwämme in Schwimmwesten. 

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Workshops

Nach der Gesprächsrunde konnte man einen von vier Workshops besuchen, die wichtige Themen wie Bildung und die Bekämpfung von Fluchtgründen umfassten. Im „What-if…“-Workshop wurden Ideen behandelt, die entweder schon umgesetzt werden oder eine „praktische und geniale Lösung“ für die Behandlung der Flüchtlinge in den verschiedenen Ländern darbieten. Auffällig war, dass es viele bereits umgesetzte Ideen gibt, jedoch mangelte es beim ersten Workshop an neuen Innovationen. Eine interessante Idee, die in Oberösterreich noch in den Kinderschuhen steckt, ist das Einführen von „Zeitscheinen“, mit denen ein Flüchtling für die verrichtete Arbeit entlohnt wird. Dieser Zeitschein wiederum kann für Diverses eingelöst werden. 

Der Auftakt brachte bisher wenig Konkretes. Man darf hoffen, dass bei der zweitägigen Konferenz Lösungen erarbeitet werden, die das Flüchtlingsleid lindern und nicht nur akute Symptome behandeln.

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