Menschelnde Maschinen

03. Juni 2018

In Detroit: Become Human steuern wir episodenweise drei Androiden, die die Grenze zwischen Mensch und Maschine überwinden. Ein emotionales Abenteuer mit superber Grafik und einem filmreifen Mittendringefühl. Eigentlich gar kein Spiel mehr, sondern Pflichtlektüre für die Zukunft. Ein Review.

Die Menschheit in Detroit: Become Human im Jahr 2038 hat voll funktionstüchtige Androiden entwickelt, die viele belastende Arbeiten übernehmen: im Haushalt und in der Pflege...und auch in anderen Bereichen. Das führt nicht in eine Utopie, in der alle Glücklich sind: Androiden sind das Feindbild der Arbeiter.

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(c) Sony

Als Verhandlungsführer Connor, als Heimhilfe Marcus oder als Haushaltsroboter Kara beginnen wir das Spiel im Detroit der Zukunft. Unsere Besitzen übertragen uns konkrete Aufgaben: Erledigungen besorgen, den Haushalt schupfen oder auch, im Falle des Prototyoen Connor, eine Geiselnahme unblutig beenden.

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(c) Sony

Und bereits bei diesen Aufgaben erkennen wir das Dilemma: folgen wir stur mechanisch unserem Auftrag, oder gehen wir Kompromisse ein? Jede Episode unserer Charaktere hat mehrere verschiedene Endungen: Unser Handeln ändert die Story des Spiels - mit handfesten Konsequenzen: wenn wir als Verhandlungsführer Mist bauen, stirbt nicht nur der Geiselnehmer, sondern auch die Geisel. Unwiderbringlich - diese Konsequenzen wiegen schwer.

Träumen Androiden von elektrischen Schafen?

In allen Handlungssträngen ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem der menschliche Spieler dem mechanischen Spielcharakter das Überschreiten der einprogrammierten Grenze ermöglicht. Und ab hier wird es interessant: handeln wir moralisch weiter oder wüten wir weil eh alles wurscht ist? Gehen wir immer auf Konfrontation oder versuchen wir ausgewogen und gelassen zu agieren?

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(c) Sony

Detroit: Become Human ist ein Spiegel unserer Gesellschaft: wir gehen mit Technik selbstverständlich und ohne Gewissen um, weil wir es können. Doch was ist, wenn sich die Technik dies nicht länger gefallen lässt? Der alte biblische Ansatz "Behandle jeden so, wie du selbst behandelt werden willst" schwingt hier ganz stark im Hintergrund mit. Detroit: Become Human stellt Fragen, die wir in naher Zukunft beantworten werden müssen.

Action-Elemente lockern das sonst interaktionslastige Spiel ab: ständig rotiert der rechte Kontrollstick, was auf die Dauer mühsam werden kann. Quicktime-Events sind oft eine Challenge nach der geistigen Action: die Story entschädigt aber für diese Daumenakrobatik. Ärgerlich bei Dialogen sind oft nur einzelne Worte, die zur Auswahl stehen - könnte man die ganze Aussage sehen, wäre die Abschätzung des Antwortverhaltens des Gegenübers leichter.

Beschränkte Freiheit

Die große Handlungsfreiheit ist im Spiel doch eingeschränkt: die Umwelt lässt sich nur innerhalb vorgegebener Rahmen erkundigen - eh klar, bei den vielen Handlungssträngen einer einzelnen Episode ist eine gewisse Eingrenzung notwendig. Dennoch würde man gerne die Spielwelt weiter erkunden - und damit einen wahrscheinlichen Blick in die Zukunft der Menschheit wagen. Denn genauso alltäglich wie heute Smartphone sind, werden in Zukunft menschenähnliche Androiden sein, da bin ich mir ganz sicher.

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(c) Sony

Gruselige Interaktion

Detroit: Become Human ist der geistige Nachfolger von "Heavy Rain" von Quantic Dream. Wie sehr sich die Entwickler mühe gemacht haben, um die Androiden zum Leben zu erwecken sei sieh man bereits im Hauptmenü. Richtig creepy wird es allerdings, wenn das Game auf dein Spielverhalten reagiert - verduzt saß ich vor dem Fernseher, als die Figur aus dem Hauptmenü folgende Frage an mich richtete: "Du hast gestern bis spät in der Nacht gespielt. Bist du nicht müde?"

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(c) Sony

Fazit

Detroit: Become Human führt spielerisch-unterhaltsam jene Diskussion, die wir im echten Leben längst führen müssten: ab wann sind Maschinen mehr als nur willenlose Geschöpfe? Das Spiel ist für Fans intelligenter Unterhaltung ein Pflichtspiel!

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