Unser bester Freund wird zehn Jahre

05. Januar 2018

Will ich meinem Vater etwas mitteilen, reicht eine kurze Whatsapp-Nachricht, die im selben Moment auf seinem Smartphone erscheint. Wollte er in meinem Alter seinen Eltern etwas mitteilen, konnte er sie nur über die Nachbarin erreichen, welche die einzige Telefonbesitzerin im Dorf war. Nur eine Generation trennt uns und doch hat sich irrsinnig viel verändert. Das Smartphone entwickelte sich so schnell wie keine andere technische Neuerfindung je zuvor. Rede ich darüber mit meinem Vater, kommt zu der anfänglichen Begeisterung mindestens genauso viel Misstrauen. Sehen die Generation X und ihre Vorgänger etwa schwarz?


Pessimistischer als die junge Generation sind die meisten „digital immigrants“ definitiv. Erzählt man beispielsweise von einem Abend mit FreundInnen, stellen sie sich junge Menschen vor, die gemeinsam am Tisch sitzen und kein Wort miteinander reden, weil sie mit ihren Smartphones zu beschäftigt sind. In allen Zeitungen wird über erschreckende Studien berichtet, die vor zu häufigen Medienkonsum warnen und erste Abhängigkeitserscheinungen schildern. Sogar mehr Unfälle sollte es seit der Geburt des Smartphones geben, weil wir junge Menschen ja nicht mehr nach links und rechts schauen, wenn wir die Straße überqueren, sondern wie gebannt nach unten starren.


Ganz unrecht haben sie ja nicht damit. Oft habe ich das Gefühl, dass mir mein Gegenüber nicht zuhört, weil er/sie durch das Smartphone abgelenkt ist. Das kommt aber selten bei Gleichaltrigen vor, sondern eher bei meiner Mutter, deren Gruppenchats ununterbrochen Nachrichten ausspucken (das „Stummschalten“ sollte wohl geübt sein). Mir scheint, als wäre die Großeltern- und Elterngeneration mindestens genauso fasziniert von den medialen Inhalten wie die junge. Und doch sind wir es, die nicht „ohne“ können.


Natürlich belastet uns der ständige Druck, online zu sein und sich immer austauschen zu müssen. Die blauen Häkchen auf Whatsapp bringen uns dazu, keine Minute verstreichen zu lassen, ohne zurückzuschreiben. Ob man sich aber davon aus der Ruhe bringen lässt oder nicht, liegt immer noch an einem selbst. Tatsächlich ist in unserer schnelllebigen Zeit alles von viel zu kurzer Dauer, jedoch sind wir, „digital natives“, so wie man uns gerne nennt, mit dem Smartphone fast aufgewachsen. Im Gegensatz zu den vorherigen Generationen haben wir von Anfang an gelernt damit umzugehen.

 

Abgesehen davon hat es wenig Sinn, eine so weltbewegende Erfindung schlecht zu reden. Das Smartphone ermöglicht uns so viel Positives: angefangen damit, dass wir mit Menschen am anderen Ende der Welt rund um die Uhr kommunizieren können, aufgehört mit den Navigationsapps, die uns von A nach B bringen und überhaupt dem Internet, das uns keine Frage unbeantwortet lässt.
Ich glaube, dass wir Menschen zum Pessimismus tendieren. Schließlich liegt es in unserer Hand, was wir daraus machen. Fürchten müssen sich Großeltern und Eltern jedoch auf keinen Fall: der Trend geht sowieso Richtung „old school“, alte Radiogeräte und Sofortfotos werden wieder modern und das ein oder andere Mal sehe ich auch junge Menschen, die wieder zum berühmt berüchtigten „Nokia“ greifen.

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