Wie wo wann, Böhmermann? Eine Übersicht.

14. April 2016

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Böhmermann Erdogan
Foto: Screenshot Vimeo https://vimeo.com/162427093

Böhmermann vs. Erdogan. Nachdem der Satiriker Jan Böhmermann ein „Schmähgedicht“ gegen den  türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan veröffentlicht, beginnt die mediale Debatte: Was darf Satire? Es folgen Strafanzeigen, Bombendrohung und eine Online-Petition. Doch wie kam es eigentlich zu all dem? Eine Übersicht der Ereignisse.

 

17. März 2016

Das knapp zweiminütige Satire-Video der Sendung „Extra 3“ macht sich mit Zeilen wie „Ein Journalist, der irgendwas verfasst, was Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast“ oder „Ist das Wahlergebnis schlecht, das ruckelt er zurecht“ über die Politik des türkischen Präsidenten lustig. Das Video erregt internationales Aufsehen und wird auch ins türkische Übersetzt. Mittlerweile hat das Satire-Video über 7 Millionen Klicks.

 

22. März

Erdogan bestellt daraufhin den deutschen Botschafter wegen des Satire-Videos ins Außenministerium nach Ankara. Der Diplomat soll sich für das Video rechtfertigen. Erdogans Handeln geht jedoch nach hinten los und und er erntet Hohn und Spott im Netz. Es entwickelt sich eine mediale Debatte um das Thema Pressefreiheit.

 

 

31. März

Der Satiriker Jan Böhmermann trägt natürlich auch zur aufbrausenden Erdogan-Debatte bei. In seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ versucht er, Erdogan zu erklären, was „Schmähkritik“ ist. Mit den Worten „Was jetzt kommt, das darf man nicht machen“, leitet Böhmermann sein Erdogan-Gedicht ein und liest mit einer türkischen Flagge im Hintergrund vor. Ein Vers lautet „Pervers, verlaust und zoophil / Recep Fritzl Priklopil“, einen Ausschnitt des Videos gibt's hier:

 

1. April

ZDF nimmt die Sendung „Neo Magazin Royale“ aus seiner Mediathek und stellt eine gedichtfreie Version online.

 

Debatte um Böhmermanns Erdogangedicht entsteht: „Schmähsatire“ oder „bewusst verletzende Beleidigung“?

Auf Twitter fängt der Hashtag #FreeBoehmi an zu kursieren. Angela Merkel äußert sich über Meinungsfreiheit: „Diese Grundwerte gelten unbeschadet aller politischen Probleme.“

 

6. April

Nach dem Schmähgedicht wird wegen des Verdachts der Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten nach Paragraf $103 des StgB gegen Böhmermann ermittelt. Dies könnte zu einer Gefängnisstrafe von bis zu 3 Jahren führen.

 

8. April

Böhmermann sagt seine Teilnahme an der Verleihung des Grimme-Preises, einer renommierten Auszeichnung für Fernsehsehndungen in Deutschland, kurzfristig ab. Wegen seiner Satire um den Mittelfinger des griechischen Ex-Finanzministers Gianis Varoufakis wurde ihm an dem Abend ein Grimme-Preis verliehen. Die Direktorin des Grimme-Instituts, Frauke Gerlach, nahm laut Standard Böhmermann in Schutz „Wir haben zu Recht ein Grundgesetz, das die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit und die Kunstfreiheit schützt“.

 

10. April

Unter dem Titel „Streit um Erdoğan-Kritik – Kuscht die Bundesregierung vor der Türkei?“ diskutiert Anne Will in ihrer Talkshow mit Gästen über die Erdogan vs. Böhmermann-Affäre. Die Sendung gibt's hier zum Nachsehen. Böhmermann sagt seine Teilnahme bei der Sendung kurzfristig ab. Nach der Sendung bestätigt die Moderatorin Anne Will, dass es wegen der Sendung Bombendrohungen gegeben hätte. Anne Will hatte sich für den Satiriker Jan Böhmermann ausgesprochen: „Ich möchte, dass Jan Böhmermann seine Kunst weitermachen kann!“, so die Moderatorin.

„Wer hätte gedacht, dass man einmal deutschen Humor verteidigen muss?“  - Der Standard.

 

10.April

„Die Zeit“ veröffentlicht einen offenen Brief mit dem Titel „Liebe Regierung, jetzt mal ruhig bleiben!“. Darin geht es um die Solidarisierung mit Jan Böhmermann. „Diskussionen über Kritik an Jan Böhmermanns Erdogan-Gedicht gehören in die Feuilletons des Landes und nicht in einen Mainzer Gerichtssaal“, heißt es in dem Brief. Mittlerweile haben sich zahlreiche Schauspieler und Künstler mit Jan Böhmermann solidarisiert, unter ihnen sind die Schauspieler Matthias Brandt, Jan Josef Liefers, Peter Lohmeyer und Katja Riemann, der Pianist Igor Levit, die Schriftstellerin Thea Dorn sowie der Fernsehmoderator Klaas Heufer-Umlauf.

 

10. April

Eine Petition für die Freilassung Jan Böhmermanns entsteht. Mittlerweile hat die Petition schon fast 200.000 Unterschriften. Auch eine Foto-Aktion auf Twitter #FreeBoehmi wird entfacht.

 

11. April

 

Erdogan stellt gegen Böhmermann bei der Staatsanwaltschaft Mainz einen Strafantrag wegen Beleidigung nach §185 des Strafgesetzbuch. Erdogan wird im Verfahren durch den deutschen Anwalt Hubertus von Sprenger vertreten. Dieser will „bis zur letzten Instanz“ kämpfen. „Der Präsident hoffe, dass der Moderator die Strafe bekommt, die erforderlich ist, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen.“, so Erdogans deutscher Anwalt. Hubertug Sprenger verteidigte vor Erdogan unter anderem den Chefredakteur des Rechtsaußen-Magazins „compact“ und den britischen Holochaust-Leugner David Irving und die Organisation Milli Görüs.

 

12. April

Die für am Donnerstag, 14. April vorgesehene Sendung Neo Magazin Royale wird abgesagt.

 

13. April

Tagespresse greift Causa Böhmermann auf: „Zugespieltes Sex-Tape“.

 

Jan Böhmermann ist jedoch lange nicht der einzige, der vom türkischen Präsidenten Erdogan angeklagt wurde. Auf Erdogans Angeklagten-Liste stehen Journalisten, Karikaturisten, Kabarettisten, Liedermacher, Schriftsteller, Oppositionspolitiker, aber auch viele Privatleute und sogar Kinder. Lest in diesem Artikel mehr darüber.

Wie es weitergeht, ist abzuwarten. Eines ist jedoch sicher: Böhmermann vs. Erdogan hat aus einem Schmähgedicht eine Staatsaffäre gemacht. In diesem Video von bento ist alles in einem kurzen Video zusammengefasst.

 

UPDATE:
 

15. April

Ermächtigung für Erdogan: Bundesregierung gestattet Strafverfolgung von Böhmermann.

 

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