Zusammen gegen die Diktatur, zusammen gegen Vučić

08. April 2017

img_0009.jpg

Serben Demo Wien
Foto: Sarah Nadj

Nach den Präsidentschaftswahlen in Serbien sprechen immer mehr Medien von Wahlbetrug. Tausende Serben gingen in Beograd, Novi Sad und Nis auf die Straßen. Nun fand auch eine Solidaritätsdemonstration am Wiener Heldenplatz statt. 

Letzten Sonntag fanden die Präsidentschaftswahlen in Serbien statt. Der Ministerpräsident Aleksandar Vučić gewann die Wahl mit 55 Prozent der Stimmen, die Opposition und die lokalen Medien sprechen von Wahlbetrug. Zwar wurde hier anscheinend nicht in Österreich-Manier der falsche Kleber verwendet oder zu früh ausgezählt, aber laut der größten serbischen Zeitung „Blic" waren statt den wahlberechtigten 5,9 Millionen Serbien 6,7 Millionen Stimmen zu zählen. Das bedeutet, dass 800 000 nicht existente Menschen ein Wahlrecht besessen haben. Laut „Insajder" waren alleine in Beograd 23 Menschen wahlberechtigt, die im 19ten Jahrhundert geboren worden seien. Viele der Einheimischen fühlen sich betrogen, die Studenten gingen auf die Straße und protestieren „gegen eine Diktatur". Jetzt fordert man Neuwahlen und eine Säuberung der Wahlregister um diese nicht vorhandenen Wähler aus dem System zu streichen. Über soziale Netzwerke sichern serbische Migranten aus anderen Ländern den Demonstranten ihre Unterstützung zu - so auch in Wien.

Solidaritätsdemo in Wien

„Wir sind mit euch"

Für heute, Samstag den 8. April, wurde ebenfalls eine ruhige Demonstration am Heldenplatz angekündigt. Die Veranstaltung wurde auf Facebook ebenfalls „Gegen die Diktatur - Wien" genannt und betonte in der Information weder einer Partei dazuzugehören, noch andere Hintergedanken zu besitzen. Es sollte eine ruhige Versammlung werden, um sich klar gegen den Wahlbetrug, Vučićs Politik in Serbien und für die Demonstranten in Beograd auszusprechen. Menschen wurden aufgefordert, hier zusammen gegen die mögliche Diktatur anzukämpfen.

Anfangs war ich noch skeptisch. Vergangene Demonstrationen von Serben in Wien waren oft mit Ausschreitungen verbunden, doch heute war es weit davon entfernt. Schon aus der Ferne konnte ich mehrere Polizeiautos sehen, zu hören war jedoch noch nichts. Ich machte mich trotzdem auf das Schlimmste gefasst. Doch als ich näher kam, konnte ich nur drei Polizisten sehen die gleich neben einer eher spärlichen Gruppe von etwa 150 Menschen standen. Die Stimmung war ausgelassen, die Polizisten unterhielten sich mit den Menschen vor Ort.  Auch die sogenannten Demonstranten standen in kleineren oder größeren Gruppen und unterhielten sich miteinander. Aus Boxen tönte etwas serbische Musik.

Plötzlich ertönten Pfiffe. Ich war mir bereits sicher, dass nun eine Rede folgen würde, doch anstatt dessen wurden Plakate in die Höhe gehalten. Auf den Plakaten standen Sachen wie „Stoppt Vučić", „Wir sind mit euch", „Recht auf Medienvielfalt" oder „Serbia be good". Manche hatten auch eine serbische Flagge um die Schultern geworfen ,während sie ihre Plakate in die Luft streckten. Es war ein Bild von einer serbischen Demonstration, von der man wahrscheinlich ungern in manchen österreichischen Medien berichten würde: Ruhig, kontrolliert und besonnen. Es wurden keine nationalistischen Sprüche gerufen, man beschädigte nichts und wurde nicht aggressiv. Manche waren besorgt oder auch wütend, aber alles war ruhig. 

Trotz den tausenden Menschen die in Beograd, Novi Sad oder Nis auf die Straße gegangen sind und trotz mancher Solidaritätsproteste wie in Wien scheint sich der Ministerpräsident nicht aus der Rolle kriegen zu lassen. Bis jetzt deutet alles noch darauf hin, dass er das Amt ohne Probleme im Mai antreten wird. 

Blogkategorie: 

Das könnte dich auch interessieren

Foto: Zoe Opratko
Zum Abschied gibt es kein Trompeten­...
Foto: Marko Mestrović
Ob Hijabi-Style, koschere Perücken oder...
Foto: Marko Mestrović
Nicht über die Communitys zu sprechen,...

Anmelden & Mitreden

12 + 2 =
Bitte löse die Rechnung