Badenixen im Burkini

03. Mai 2010

Viele Musliminnen schätzen Privatsphäre, wenn sie schwimmen gehen. Beim Frauenschwimmen im Amalienbad haben sie
Gelegenheit dazu. Ein Lokalaugenschein.

Von Linda Say

Wenn die altehrwürdige Schwimmhalle im Amalienbad gegen Blicke
von außen abgedichtet wird und nicht einmal die dort tätigen Bademeister Zutritt bekommen,
dann ist es Zeit fürs Frauenschwimmen. Fernab von männlichen Blicken kommen Musliminnen, um sich zwei Mal im Monat dem feuchtfröhlichen Badespaß hinzugeben. Statt Bademeister achten Turnlehrerinnen und Betreuerinnen der „Kinderfreunde“ darauf, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Schließlich sollen die plantschenden Frauen in ihrer Privatsphäre nicht gestört werden.

Blickdicht

Wer versucht, durch die verhängten Glasscheiben einen Blick in die Schwimmhalle zu erhaschen, wird sofort von einem Mitarbeiter zurück gepfiffen. Penible Kontrollen geben neugierigen Blicken erst gar keine Chance. So genau will es dort aber ohnehin nicht jeder wissen. „Ich hab’ es nicht nötig zu schauen. Frauen sehen eh alle gleich aus“, ist der junge Mann bei der Schlüsselausgabe überzeugt. Auch den Frauen in der Wartehalle bleibt der Einblick zum ansonsten öffentlichen Becken verwehrt. Sie stehen jetzt Schlange, um bald hineinzukommen. Mehr als 250 Besucherinnen, inklusive Kinder, werden nicht in die Halle gelassen. Wer zu spät kommt, riskiert wieder nach Hause geschickt zu werden.

In der Schwimmhalle kommt man aus dem Staunen kaum heraus. Der Phantasie der Frauen, was die Badekleidung betrifft, sind keine Grenzen gesetzt.  Von bauchfrei mit langen Hosen, knappen Kleidern getragen mit Radlerhosen und kurzärmeligem Oberteil mit kurzen Shorts sind alle Kombinationen vertreten. Neben klassischen Badeanzügen über modische Monokinis sind auch Ganzkörperanzüge, sogenannte Burkinis und Haschemas, nicht selten. „Wir nennen diese Bekleidung nicht mehr Burkini. Dieses Wort ist nämlich negativ behaftet, da es an die Burka erinnert. Stattdessen sagen wir Bodykini oder Swimsuit dazu“, erklärt eine konvertierte Italienerin, die sich für die Ganzkörperverhüllung beim Schwimmen entschieden hat. Diese sind nur im Internet erhältlich und kosten nicht selten über 100 Euro.

Von Kopf bis Fuß

Ein 14-jähriges Mädchen hingegen trägt die billigere Variante, eine sogenannte Haschema. „Die hat mir mein Vater gekauft“, erzählt die Schülerin, deren Eltern aus der türkischen Provinz Yozgat stammen. Haut blitzt hier keine hervor, da das weite Schwimmgewand den Körper von Kopf bis Fuß verhüllt. Allerdings trägt die junge Österreicherin mit türkischen Wurzeln die Haschema nicht immer und nicht überall, wenn sie schwimmen geht: „In der Türkei gibt es Hotels mit einem eigenen Strandabschnitt für Frauen. Da schwimme ich ganz normal im Badeanzug.“ Männer haben beim Frauenschwimmen in der Zeit von 18 bis 21 Uhr strenges Zutrittsverbot. Nur Buben bis drei Jahren dürfen mitkommen. Doch da gehen die Meinungen auseinander. Während einige das Alter der Buben nicht allzu ernst nehmen, legen andere großen Wert auf die Einhaltung des Höchstalters. „Viele sind eben streng gläubig“, sagt die Zuständige der „Kinderfreunde“, die das Frauenschwimmen auch organisiert. Außerdem: Kommen weniger kleine Buben rein, können mehr Jugendliche und Erwachsene den Badespaß nutzen.

Eine Frage der Moral

Eine 22-jährige Islamlehrerin, die an Wiener Schulen tätig ist, hat andere Bedenken: „Es ist ohnehin nicht gut für kleine Jungen, von so vielen Frauen umgeben zu sein. Da s schadet der moralischen Entwicklung der Buben. Wir rennen ja auch sonst zu Hause nicht mit Unterwäsche vor den Kindern herum. Ein Sechsjähriger würde sich in zehn Jahren als junger Mann an unseren Körper erinnern. Außerdem kann man ja nie wissen, was er im Nachhinein draußen erzählt.“ Sie selbst trägt zum Schwimmen ein kurzärmeliges Shirt mit knöchellangen Hosen. Die Bekleidung der übrigen Teilnehmerinnen beurteilt sie kritisch. „Es gibt Anstandsregeln, die der Islam vorgesehen hat. Bei Frauen besagen diese, dass sie erst von der Brust abwärts verdeckt sein sollen, da sie zum Stillen ihre Brust entblößen dürfen.“ So gesehen könnte man also auch oben ohne aufkreuzen? „Natürlich nicht“, erklärt die junge Lehrerin. „Frauen sollten sich auch nicht gegenseitig reizen. Jede Muslima sollte sich an diese Regeln halten.“

Exklusives Planschen

Doch es sind nicht nur Musliminnen, die an diesem Tag ins Amalienbad kommen. Einige Besucherinnen begleiten ihre Freundinnen, die in der Öffentlichkeit Kopftuch tragen und nie in gemischte Bäder gehen würden. Das Frauenschwimmen ermöglicht ihnen, unbehelligt und gemeinsam abzutauchen. Fernab männlicher Blicke das Wasser zu genießen, hat auch ganz praktische Vorzüge: Überschüssiges Hüftfett und Cellulite fallen hier keinem auf. Die beschränkte Anzahl der Mitschwimmerinnen ermöglicht ein exklusives Badeerlebnis. Die meisten Damen halten sich nämlich gemeinsam mit ihren Schützlingen im Kinder-Planschbecken auf oder tauschen am Beckenrand den neuesten Klatsch und Tratsch aus. Damit bleibt im großen Schwimmbecken mehr Platz, um sich in vollen Zügen dem erfrischenden Nass hinzugeben.

INFO:

Frauenschwimmen im Amalienbad: 2x im Monat

Wo: 1100 Wien,

Reumannplatz 23,

Tel: 01/6074747

Burkini online-Shop:

In Europa kann man den Ganzkörper-Suit unter folgenden Adressen bestellen:

www.zohra.ch

www.dressed-to-swim.de

 


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Kommentare

 

Zitat aus dem Artikel:

Eine 22-jährige Islamlehrerin, die an Wiener Schulen tätig ist, hat andere Bedenken: „Es ist ohnehin nicht gut für kleine Jungen, von so vielen Frauen umgeben zu sein. Da s schadet der moralischen Entwicklung der Buben.

Frage 1:
Warum ist die Anwesenheit von "zu vielen" Frauen moralisch schädlich für Buben? Sind Frauen in größeren Ansammlungen einfach unanständig?

Frage 2:
Wird den Kindern in der Schule tatsächlich beigebracht, das zu viele Frauen auf einem Haufen für kleine Buben moralisch schädlich sind?

Frage 3: Wer erlaubt solchen "Lehrerinen" diesen Unsinn an Schulen für Kinder zu unterrichten?

PS: wie schaffen es die beiden Redakteurinen von Biber, zu ignorieren, was diese "Lehrerin" da eigentlich sagt?
Sind die beiden Redakteurinen also auch der Meinung, Frauen seien per se - einfach weil sie Frauen sind - schädlich für die Moral anderer?

Linda?

ABB

 

abu

diese argumente der lehrerin sind mit absicht unkommentiert geblieben.
ad 1) das frage ich mich auch
ad 2 und 3) ob sie das tatsächlich im unterricht vermittelt, kann ich leider nicht beantworten. angeblich wohnen ab und an dem unterricht sowohl schuldirektor, als auch ein islamischer theologe bei, um dem unterricht zu folgen.

für den artikel bin allein ich verantwortlich. wie gesagt, blieben die aussagen mit absicht unkommentiert. schön, dass du das kritisch betrachtest, denn genau deshalb habe ich es erwähnt.

 

für die antwort! ich hätte gerne die lehrerin interviewt. kannst du mir den kontakt per private message mitteilen? die intw partner aus der islamgemeinde und dem unterrichtsministerium check ich mir selber.
dann schreibe ich die story.
tks!
ABB

 

...es ist ein eigenes thema, welches einen eigenen platz im heft verdient. allerdings kein wirklich neues. die inhalte, die im islamunterricht vermittelt werden sind schon immer umstritten. ob sie nun "nur" koranverse in die gehirne zementieren oder schülern ihre eigene auslegung bzw. inhalte von hadithen vermitteln, ist fragwürdig.

zum kontakt: siehe PM

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