EM-Journal ´08 Erste Bilanz

24. Juni 2008

Es ist nicht wirklich nötig hier nochmal auf dem herumzureiten, was eh schon während der Viertelfinals deutlich als Erkenntnis durchsickerte, und von mir dann hier zusammengefasst wurde.
Deshalb darf ich da auf ein gutes Gespräch mit dem klugen Ex-Teamkapitän Markus Schopp verweisen, der das nochmal in einem Absatz zusammenfasst:

Nach dem Viertelfinale. -von Martin Blumenau
 
Es ist nicht wirklich nötig hier nochmal auf dem herumzureiten, was eh schon während der Viertelfinals deutlich als Erkenntnis durchsickerte, und von mir dann hier zusammengefasst wurde.

Deshalb darf ich da auf ein gutes Gespräch mit dem klugen Ex-Teamkapitän Markus Schopp verweisen, der das nochmal in einem Absatz zusammenfasst:

Wenn man sich die Spielsysteme anschaut, wird das herkömmliche 4-4-2 von fast keiner Mannschaft mehr praktiziert. Fast alle spielen weiter mit Viererkette, aber nach vorne hin sehr individuell ausgerichtet, und zwar ganz unterschiedlich: Mit zwei Sechsern, mit einem Sechser; mit einer Spitze, mit zwei Flügel-Spitzen. Wobei das auch nicht wirklich neu ist. Es zeigt aber, dass wieder mehr versucht wird, die Qualität des einzelnen Spielers individuell in die Mannschaft einzubinden. Man geht vom strikten System, das in sehr vielen Ländern über einen langen Zeitraum modern war, ein bisschen ab.

 
 
Gut gesehen, Herr Schopp.
  Das was der durchschnittliche heimische Trainer (Zellhofer, Schachner, Pacult) noch für state-of-the-art hält, hat wegen ausrechenbarer Einförmigkeit international ausgedient.
Und es wird nicht durch ein einzelnes anderes System, sondern mittels der angesprochenen Vielfalt ersetzt.

Dabei kann es sich um ein 4-2-3-1 (Holland, Portugal, Polen) handeln, ebenso wie um ein 4-3-3 (Italien, Rumänien, Frankreich in seinen lichten Momenten, dann alibihalber auch Giechenland) oder um das tschechische 4-1-4-1 (das letztlich auch von Kroatien gespielt wurde); da gibt es im einzelnen dutzende Möglichkeiten. Wichtig und gemeinsam ist das forcierte Flügelspiel UND die gleichzeitige Aufwertung der Zentrale, die beim 4-4-2, vor allem dem, was daraus in Österreich gemacht wurde, ja beides unter den Tisch fiel. Es sei denn, man entwickelt daraus ein kreatives 4-1-3-2 wie das Spanien vorbildlichst tut.

Steinzeitliches wie das (hierzulande durch Mattersburg gepflogene) 3-5-2 scheiterte (mit Griechenland) oder war nur als Übergangs-Versuch (bei Österreich) tauglich - spielt aber tatsächlich keine Rolle.
Der dort zu sehende einzelner Außenspieler ist ein Auslauf-Modell. Auf den Flanken wird im modernen Spiel gedoppelt.

Das ist der Tribut an den aktuellen Highspeed-Fußball, der international seit einem/eineinhalb Jahren fast flächendeckend gespielt wird.

 
 
Zentraler Faktor dabei sind,
  wie schon Schopp richtig betont, die Spieler, die man zur Verfügung hat.
Deshalb wechseln Trainerfüchse wie die Coaches von Deutschland/Russland ihre Systeme auch durch - um Ballack bzw. Arshavin zur Geltung zu bringen; oder stellen sich die Hiddink/Terim damit schlau auf ihre Gegner ein.

In Coaching-Hochburgen wie Italien ist all das ohnehin schon lange Usus.

Insofern hat Hickersberger prinzipiell also völlig richtig gehandelt - indem er dreimal unterschiedlich spielen ließ, jeweils auf Notwendigkeit, Personal und Gegner zugeschnitten.
Da die ÖFB-Crew jedoch allzu lange im schnarchigem 4-4-2 verhaftet war und das bis Ende '07 fantasielos runterklopfen ließ, kam der Umstieg/Umschnitt zu spät.

Während Schlaumeier der Marke Hiddink all das schon seit zwei Jahren üben lassen, nahm Hicke erst die Euro selber als Anlass, ein paar halbgar erprobte Ideen aus den Frühjahrs-Partien gegen Deutschland/Holland ernsthaft umzusetzen. Und fiel mit seiner ungeprobten Kroatien-Taktik dann auch gleich auf die Schnauze.

Weil man zu zaghaft zu wenig zu spät bewegen wollte.
Insofern ist sein Rücktritt zwar bedauerlich, eröffnet aber auch neue Chancen.

 
 
Aber selbst ein Zuspätkommer
  wie den nunmehrige Ex-Teamchef ist allen Bundesliga-Coaches allerdings trotzdem dringend als Vorbild angemahnt.

In der heimischen Liga gab es wenige Ausreißer:
Karl Daxbacher ließ eine Art 4-2-3-1 spielen, aufgrund der Ausrichtung dieser Mannschaft auf den langsamen Ivo Vastic halt auch mit überschaubarem Tempo - was international (Stichwort: Highspeed) halt gar nicht geht.
Mit der, so weit man bis jetzt erkennen kann, jünger werdenden Austria sollte das besser gelingen.
Franco Foda vertraute zwar einem sinnvollen 4-5-1 mit teilweise aber nicht deutlich genug gedoppeltem Flügelspiel - wie sowas gar nicht geht, zeigte die zahnlose Wacker-Mannschaft.

Der Rest ist Österreich: altbackenes 4-4-2 ohne Wirkung über die Außen und ohne Wirkung in der Mitte. Verlorene Karriere- und Lebenszeit für jeden, der drin mitspielen muß.

Aber da bin ich, via Abzweigung Hickersberger, ja schon wieder in den heimischen Niederungen gelandet, und da wollte ich ja wirklich nicht hin. Da muss man raus, warum erzählt der bereits angesprochene Schopp im angesprochenen Interview mit laola1 auch durchaus anschaulich.

 
 
Deshalb wieder was für Herz.
 

Zwei All-Star-Teams gleich nämlich, allesamt mit Spielern, die nichts mehr zeigen werden können bei der Euro.

Eines aus jenen Mannschaften, die in der Vorrunde hockenblieben wie der Guglhupf der nicht mehr ganz fitten Anni-Tant.
Und eines aus den vier ausgeschiedenen Viertelfinalisten, also großen Mannschaften - Portugal, Niederlande, Italien und Kroatien.
Die vier Teams, die noch im Turnier stehen, bleiben derweil außen vor - die haben noch Aufgaben vor sich und kriegen dann nach dem Finale ein eigenes Allstar-Team.

Kriterien: Eindrücke, subjektive natürlich. Und ob Spieler ihr Potential ausgeschöpft haben - da variieren die Maßstäbe natürlich.

 

mehr auf fm4.orf.at/blumenau/223050/main

 

Das könnte dich auch interessieren

Foto: Zoe Opratko
Zum Abschied gibt es kein Trompeten­...
Foto: Marko Mestrović
Ob Hijabi-Style, koschere Perücken oder...
Foto: Marko Mestrović
Nicht über die Communitys zu sprechen,...

Anmelden & Mitreden

13 + 1 =
Bitte löse die Rechnung