Fix zam oder was?!

14. Mai 2014
Alternative Beziehungsformen gibt es Einige, jetzt gibt’s eine mehr: Mingle.  Die Mischung aus „zusammen“ und „single“ definiert etwas, was eigentlich undefinierbar ist.

 

Zusammen oder nicht? Mingle-Dasein kann verwirrend sein Als ich in der Bar ankomme sitzt meine Freundin wie ein Häufchen Elend an der Theke und bestellt ihr offensichtlich nicht erstes Bier. Eigentlich war geplant, dass sie den Abend mit Lukas verbringt, einem jungen Herrn, den sie seit drei Monaten regelmäßig trifft. Sie haben viel geschrieben, waren zusammen im Kino und im Bett. Er kennt ihre Freunde und sie seine. Ich streichle ihr mit einer Mischung aus Trauer und Mitleid über den Rücken, während sie anfängt zu erzählen: Ja, er war da. Ja, sie hatten es lustig. Ja, sie haben ein paar Bier getrunken und ein paar Shots gekippt. Und dann stellte sie die Frage der Fragen: „Sind wir jetzt zam, oder was?“ Plötzlich kippte die Stimmung. Er erklärte irgendwas von Karriere und Zeit und sagte, dass er es sehr genießt mit ihr. Dann hat er aufs Handy geschaut, die Rechnung beglichen und sich unter einem Vorwand verzupft. Euda?

 

Mingle, bitte was?

 

„Mingles“ sind „mixed singles“. Übersetzt bedeutet das gemischter Single. Ja, man ist schon zu haben, aber eigentlich trifft man doch jemanden. Früher ist das unter die Kategorie „Sexbeziehung“ gefallen, zumindest habe ich das so genannt. Ein Mingle zu sein bedeutet, dass man einen Partner trifft, miteinander schläft und die Freunde kennenlernt. Man geht zusammen aus und macht typische Pärchensachen - nur ist man nicht zusammen. Eine Sexbeziehung mit extra scharf quasi. Trendforscher haben also einen Begriff für etwas erfunden, was es schon seit immer gibt, vorzugsweise bei den 18-30 Jährigen. Und wieso? Weil die Zahl der „Mingles“ in den letzten Jahren auffällig gestiegen ist. Das hat verschiedene Gründe: Karriereaufbau, ungewollter Beziehungsstress, quasi unbegrenzte Partnermöglichkeiten und Freiheitsdrang. Dank Datingapps wie Tinder, Badoo und co. ist die nächst bessere Wahl nur einen Fingerwisch weit entfernt. Junge Männer und Frauen genießen es „sich selbst finden“ und es locker anzugehen. Keine Kompromisse, keine Streitereien und kein Schlussmachen nötig.

 

Naja ich mag dich schon, aber…

 

Mingle wird man klassischerweise ohne davon zu wissen, es wird ja nicht besprochen (weil zu anstrengend) und wenn, dann nur wenn es schon zu spät ist. Was tun also, wenn man das Gegenüber mag und nur auf den nächsten Schritt wartet? Das ist die sogenannten „Mingle-Falle“ – bloß nicht zu viele Gefühle zeigen, bloß nicht den anderen stressen und immer alles locker sehen. Letzteres meist erfolglos. Schnell fühlt man sich minderwertig und wie ein Zeitvertreib für den anderen. Vor allem aber hofft man doch. Weil, wenn ich doch nur irgendeine wäre, dann würde er doch nicht mit mir ausgehen, oder? ODER?

 

Das unfreiwillige „Mingle“-Dasein kann es in sich haben. Ob man wütend und traurig ist, weil man sich ausgenützt fühlt oder weil man nie weiß was Sache ist - glücklich macht das nicht. Es ist vielleicht gar nicht so sehr die Liebe, die einen in den Strudel zieht. Mingles sind nicht immer ineinander verliebt. Es ist mehr die Ungewissheit. Und das Gegenüber? Nehmen die negativen Gefühle überhand, kann sich jeder ganz schnell per SMS verabschieden. Oder sich einfach gar nicht mehr melden. So leidet der unfreiwillige Mingle von unausgesprochenem Anfang bis zum unausgesprochenen Schluss. Wer Klarheit und Sicherheit verlangt stellt sich bloß.

 

Dass in einer Zeit, in der man auf der Suche nach sich selbst ist und Karriere machen möchte, eine Beziehung hilfreich und unterstützend sein kann vergessen viele. Oder sie wissen es noch nicht. Das Mingledasein ist höchstens ein schwacher Abdruck der Intimität und der Nähe, die eine Beziehung bringt. Klar, ständig Kompromisse machen ist zum Teil nervig. Aber fast jede Beziehung hatte auch ein paar schöne Momente. Gründe für das Beziehungsaus bei den 18 bis 30-Jährigen? Fehlende Kompromissbereitschaft. Und Kompromisse müssen Mingles selten machen.

 

Das wird jetzt aber nichts Ernstes, okay?

 

Ab und zu will man sich aber auf niemanden einlassen. Keine Schmetterlinge im Bauch, keine Zeit, gerade erste aus einer verstörenden Beziehung raus – da kann das Mingletum Wunder wirken. Man trifft sich ein oder zweimal die Woche zum DVD-schauen oder unverbindlichen Sex und hat ansonsten Ruhe voneinander. Allerdings ist es wichtig, alles offen zu besprechen, sich einig zu sein und das Undefinierte zusammen definiert. Ein ehrlicher Umgang miteinander ist hier fast wichtiger als in einer „richtigen“ Beziehung, immerhin geht es darum keine Gefühle entstehen zu lassen, wo es den fruchtbarsten Nährboden dafür gibt. Auch Wertschätzung und Respekt sind ein großes Thema, keiner fühlt sich gerne als Lückenbüßer. Dann kann man zusammen Kurzurlaube absolvieren, ausgehen und sich ins Bettvergnügen stürzen – ohne sich einen schweren Kopf wegen der Zukunft zu machen.

 

Je früher man die Karten auf den Tisch legt und ehrlich über die eigenen Bedürfnisse und Wünsche spricht, desto kleiner die Chancen, dass jemand leidet. Zugegeben wir Frauen haben es bei der Rekrutierung von einem Mingle-Partner leichter.Bindungsunwillige Männer gibt es ja wie Sand am Meer, so kommt es mir und meinen weiblichen Single-Freundinnen zumindest vor. Natürlich hat auch diese Art von Zusammensein seine verwirrten Momente und ist von einigen Zweifeln geprägt, aber welche Beziehung hat das nicht? Zweifel und Verwirrung lassen mit Mamas Ratschlag gut wegdenken: „Wenn er nicht sieht, wie toll ich bin, brauche ich ihn eh nicht. Ein anderer wird es schon zu schätzen wissen. Und Punkt.“

 

Foto: Bilderbox / ChromOrange / picturedesk.com

 

Kommentare

 

kann dem nur zustimmen! ich bin zwar aktuell in einer langzeitbeziehung, aber diese Erfahrungen habe ich davor schon alle gemacht. Am Ende steht man meistens als der Blöde da und das komplett unnötigig - wozu macht man sich all diesen Stress für etwas, das doch nur eine temporäre Lösung ist, bis man den/das richtige für sich gefunden hat?!

 

kanns ewig dauern und keiner ist gerne alleine. Ehrlichkeit ist aber eine Tugend die nicht alle besitzen und ich glaube wenn man sich damit eh nicht auseinandersetzen mag (weil anstrengend) dann reflektiert man seine Wünsche auch nicht- und der ders tut der leidet dann darunter. Der Freundin habe ich es jedenfalls so erklärt :)

 

jo

Welch kontroverses Thema! Das Zitat am Ende find ich etwas problematisch. Wer so denkt bleibt für immer mit seinen Fehlern und erwartet noch dazu, dass der Partner die Fehler leiwand findet. Vorallem bei Leuten die noch dazu sehr stark auf die Fehler des anderen schauen tepat. devil

 

inwiefern man in einer Minglebeziehung die Fehler des anderen tolerieren soll. Wenn ich Kompromisse eingehe und die Schwächen des Gegenübers akzeptiere- dann ist der Unterschied zu einer Beziehung ja wirklich nur das aussprechen , oder etwa nicht?

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