Lesespaß mit bitterem Nachgeschmack

01. Juli 2013

Guy Delisles „Aufzeichnungen aus Jerusalem“ ist ein traurig-witziges Buch, das einen bitteren Nachgeschmack beim Leser hinterlässt.

 

Es gibt eine Menge Zeichner, die ihre Pinsel meisterhaft einsetzten und mit minimaler Bildfülle eine Geschichte erzählen. Nur eine Handvoll sind zusätzlich mit einem scharfen Blick beschenkt worden. Guy Delisle ist einer dieser Handvoll Menschen und ist noch mit einem unvergleichlichen Sinn für Humor ausgestattet.

 

Seine Frau arbeitet für Ärzte ohne Grenzen und wird für ein Jahr nach Jerusalem geschickt. Guy fliegt natürlich mit den Kindern mit und muss nun Hausfrau spielen. Er interagiert mit der Stadt und seinen Bewohnern, lernt neue Menschen und Mahlzeiten kennen, lernt die Geschichte und die aktuelle Lage kennen und macht sich ein eigenes Bild der Stadt. Dieses Bild zeichnet er dem Leser in einem opulenten Graphic Novel mit über 300 Seiten. Er spricht Themen wie Ausgrenzung, Hass, Diskriminierung, Machtlosigkeit aber auch Freundschaft, Liebe und die Macht des Verzeihens.

 

                                                 

                                                           © Reprodukt, 2012

 

„Aufzeichnungen aus Jerusalem“ ist ein exzellentes Werk der Literatur und zeigt Delisles Blick auf eine Situation, die komplexer nicht sein könnte. Sein Werk eignet sich sowohl für Nahost-Experten als auch für Laien, die zum ersten Mal mit der Problematik des Landes in Berührung kommen. Das Buch wird von Wortwitz und Situationshumor begleitet, ohne jedoch respektlos zu wirken auf die Probleme, mit der die Stadt zu kämpfen hat. Das Buch zu lesen ist, wie Himbeeren im Wald zu pflücken. Es macht spaß während der Konsumption, doch dann merkt man die Flecken, die hinterlassen wurden. Wer sich mit der Thematik nie auseinandergesetzt hat, wird es nach dem Lesen des Buches garantiert tun.

 

Wer eine gute Lektüre für den Sommer sucht, ist mit diesem Buch gut bedient.

 

5/5 Sterne

 

 

Guy Delisle: Aufzeichnungen aus Jerusalem. Aus dem Französischen von Martin Budde. Reprodukt, Berlin 2012. 336 Seiten, 29 Euro.

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