Von der Facebook-Gruppe ins Gefängnis

07. Dezember 2008

In Kroatien ist ein junger Mann verhaftet worden, weil er eine Facebook-Gruppe mit dem Titel "Ich wette, ich finde 5.000 Menschen, die [Premierminister] Sanader hassen" gegründet hatte. Dem Nachwuchspolitiker der oppositionellen Sozialdemokraten wurde vorgeworfen, Neonazi-Materialien zu verbreiten und Kinderpornographie zu besitzen.

Niksa Klecak hatte die Gruppe gegründet, um gegen die Finanzpolitik der Mitte-Rechts-Regierung von Ivo Sanader zu protestieren. Der hatte zuletzt die kroatische Bevölkerung dazu aufgefordert, als Reaktion auf die weltweite Wirtschaftskrise weniger auszugeben, um Engpässe zu überstehen und sogar öffentlich gesagt, er werde keine steigenden Löhne in seinem Land erlauben.

 Mit der Facebook-Gruppe folgte Klecak Beispielen wie "Ich wette, ich kann 1.000.000 Menschen finden, die Bush nicht leiden können!". Allerdings mit unerwarteten Folgen: Die Gruppe erreichte zwar schnell das angepeilte Ziel und liegt heute bei über 14.000 Mitgliedern. Klecak allerdings wurde bereits am 28. November von der Polizei verhaftet.

 

Die warf dem Nachwuchspolitiker, der einen örtlichen Zweig der Jugendorganisation der oppositionellen Sozialdemokraten leitet, vor, Materialien von Neonazi-Organisationen zu verbreiten. In der Tat wurden auf Facebook Bilder von Ministerpräsident Sanader in Nazi-Uniform hochgeladen.

Das sei zwar, wie Oppositionsführer Zoran Milanovic erklärte, geschmacklos - aber eben nicht illegal, zumal der satirische Kontext klar erkennbar gewesen sei. Trotzdem führte die Polizei eine Durchsuchung von Klecaks Wohnung durch. Als diese nicht die erwünschten Ergebnisse brachte, wurde ihm angeblich vorgeworfen, Kinderpornographie zu besitzen. Allerdings lief auch diese Anschuldigung ins Leere und der junge Mann musste freigelassen werden.

Der Ministerpräsident Sanader sieht sich mittlerweile durch die Handlungen der Polizei tatsächlich in der Defensive. "Niemand in Kroatien wird wegen seiner Ansichten festgenommen", erklärte er nun gegenüber der Presse. Gleichzeitig forderte er Berichte vom Innenminister und dem Polizeidirektor an, stellte aber klar: "Die Beamten machen ihren Job, ganz unabhängig davon, was der Premierminister oder andere Minister darüber denken."

Der festgenommene Klecak dagegen beharrt auf seiner Deutungsweise, die Polizisten hätten "auf Anweisung aus Zagreb" gehandelt. Auf Facebook sammeln sich unterdessen Unterstützer des Dissidenten - unter anderem in einer Gruppe namens "Brecht bei mir ein, ihr Möchtegern-Gestapos. Kroatien ist kein Polizeistaat!"

Quelle:

http://www.gulli.com/news/kroatien-von-der-facebook-2008-12-03/

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