Zeit zum Erwachsen werden

23. Februar 2011

Irgendwann ist es für jeden soweit...

 

 

20. Mai 2009: mein 18. Geburtstag! Fette Party mit allen meinen Kollegicas und Kollegas, am nächsten Tag schön nüchtern wirken und ja nicht vor allen Verwandten zeigen, wie angetrunken man die Nacht davor war. Als ich noch jünger war, habe ich mir diesen Tag ganz anders vorgestellt. Ich dachte, mir wird die Welt offen stehen. Nichts und niemand kann mich aufhalten. 18, reif, voller Erfahrungen, mit denen ich angeben kann. Jetzt, im Nachhinein betrachtet, war es ein stinknormaler Tag. So wie jeder andere auch. Ich hatte die gleichen Erfahrungen wie vor 'ner Woche, nur wusste ich jetzt, dass Wodka und ich uns nicht vertragen.

 

Der erste Moment, in dem ich gemerkt habe, dass ich kein Kind mehr bin, war als ich meine Eltern in einer schweren Situation erlebt habe. Zum ersten Mal sah ich die Welt nicht mehr durch Kinderaugen. Hey, meine Eltern sind nicht unsterblich, und auch nicht allwissend. Jetzt, wo ich in Wien wohne, merke ich erst, was es heißt, ohne Eltern auskommen zu müssen. Klar, ich komme ganz ohne Probleme zu Recht. Aber die Gespräche meiner Mutter und mir laufen nicht mehr so ab, dass ich mir denke, was für Mist sie nicht wieder redet. Oder wie ich ihre Moralpredigt am besten ignoriere. Wir unterhalten uns. Ich meine, wir reden richtig miteinander. Keine Vorschriften, die ich nicht eingehalten habe, keine Diskussionen wegen der Wäsche, wir besprechen die verschiedensten Dinge. Und ich gebe ihr Ratschläge. ICH IHR! Meiner Mutter, die Dinge durchgemacht hat, die ich mir noch nicht einmal vorstellen kann, gebe ICH Tipps. Wir reden über Geld. Über ihre Schulter, die ihr Schmerzen bereitet. Über meinen Opa, dem sein Alter immer mehr mitspielt. Alles Themen, die sie mir früher vorenthalten haben. Um mich zu schützen. Meine heile Welt sollte so lange heil bleiben, wie es nur ging. Jetzt passiert es, dass sie mich anruft, und wir über meine Großcousine reden und was ihr asozialer Mann nicht alles mit ihr anstellt.

 

Bei meinen Vater das gleiche Spiel. Ich war immer Papis kleine Prinzessin. Immer schon. Er war meiner älteren Schwester gegenüber weitaus strenger, bei mir hat er immer ein Auge zugedrückt. Früher habe ich ihn bewundert, er machte keine Fehler, war perfekt. Mittlerweile habe auch ich begriffen, dass er nur ein Mensch ist. Ich kritisiere sein Handeln, ich überlege mir, ob es richtig ist, was er da tut. Früher war einfach alles gut so, wie er es gemacht hat. Er war Gott. Ich meine, auch heute sehe ich zu ihm auf, aber es gibt doch Dinge, die ich nicht gutheißen würde. Auch er sagt mal falsche Dinge oder ist einfach nicht im Recht.

 

Sich selbst einzugestehen, dass Mama und Papa menschlich sind, Schmerzen haben, finanziell vorausschauend denken müssen, ist schwer. Man kann sich erst dann als erwachsen bezeichnen, wenn man etwas erlebt hat, Erfahrungen gesammelt hat. Und wenn man soweit ist, den Eltern in schweren Lebenslagen beizustehen. Zumindest war es bei mir so.

 

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Kommentare

 

schäner blog! das erste mal als ich gemerkt hab, dass ich erwachsen bin, war als meine handyrechnung von meinem konto abgebucht wurde :-D

 

hahaha +++

 

mich hat man mit 15 gezwungen erwachsen zu werden.. vielleicht bin ich deshalb jetzt ein kind...

 

+++

ahh, liebe delex, du hast mit dem Thema voll ins Schwarze getroffen.

und ich muss dir sagen, dass ich nach all den Jahren, noch immer dabei bin "erwachsen zu werden".
Ich bin zwar nicht mehr auf meinen "Klugscheißertrip" den ich mit 18 hatte, aber die Auseinandersetzungen mit meinen Eltern sind noch immer da.

Das Einzige was sich geändert hat, ist das ich gelernt habe, mit meinen Eltern "normal" zu reden. Sprich, nicht sofort meine Stimme in eine etwas höhere Lautstärke zu schalten. okay, manche Außenstehende würden sagen, ich schreie meine Eltern an. Ich nenne es jedoch eine lebhafte Meinungsäußerung :)

p.s. zu meinen 18.Geburtstag habe ich mir damals das "beste Geschenk" selbst gemacht... ich hatte die Windpocken!

 

als ich gemerkt hab, dass du als erwachsener wahrgenommen wirst, war 3 tage nach meiner matura, als mir die kirchensteuer ins haus flatterte. :D

ich fühle mich allerdings nicht ganz erwachsen. auch nicht mit 28 jahren, weil ich mir ständig den respekt vor älteren personen bewahre, auch wenn sie manchmal stumpfsinn reden.

aber das hast du total schön beschrieben, dass man sich die fehler seiner eltern eingestehen muss. allerdings ist diese erkenntnis etwas gewöhnungsbedürftig. menschen, die einen jahrelang beschützt haben. die einem die existenz gesichert haben, lassen einen paar splitter im perfekt geglaubten fenster erkennen.

und viele von uns merken, dass unter dieser fassade meistens ein elternteil jahrelang gelitten hat, um die kinder nicht erkennen zu lassen, dass er/sie (meistens) sich zum schutz der kinder und der heilen familie wegen geopfert hat. wer weiß von welchen problemen die kinder nichts mitbekommen. und erst später sind dann vielleicht mutter und vater in der lage dem erwachsenen kind zu erzählen - "weißt du, es war damals nicht einfach, weil".
oder "du hast dir damals sachen gewünscht, die ich dir nicht kaufen konnte, weil"

 

schon gespannt, wann mir das erste mal ein platz im bus angeboten werden wird. dann heißt es, dass man wirklich alt wurde ; )

 

mir kommts ja schon komisch vor, wenn mich so kids mit sie ansprechen.
hab dann immer so ein bedürfnis denen auf die schulter zu klopfen und zu sagen, geht per du herst.

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