Zwischen eingetrocknetem Joghurt und zerstückelten Leichen

23. September 2012

Ein Wochenende in der Wiener Kunstszene kann inspirierend wie verstörend sein. Ich erzähl euch warum.

 

Am Samstag war ich bei der Viennafair. Für Studenten zwischen 11-14h gratis Eintritt. Kunst ist teuer. Wer nicht studiert, aber trotzdem pleite ist und Sozialbeihilfe bzw. Mindestsicherung bezieht, kriegt von der Stadt einen Kulturpass. Mit dem kann man Kultur gratis genießen, wo auch immer die Aktion vermerkt ist.

 

Die Viennafair wurde betitelt als die Ausstellung für junges Publikum. Die Zielgruppe der Kaufinteressierten soll ausgeweitet werden. Dann steh ich dort vor einem „Bild“ und frag mich, wieso zur Hölle ich tausende von Euro ausgeben soll für einen kaputten Bilderrahmen, der mit Heidelbeerjoghurt ang´schüttet wurde. Jetzt halt getrocknet, damit´s hoffentlich nicht schimmelt. Wie um alles in der Welt, könnten sich junge Menschen soetwas oder Besseres überhaupt leisten können?  Ich hätte da nämlich schon etwas für mich entdeckt. Aber nicht auszudenken, in welch finanziellen Ruin mich das treiben würde. Ein riesen Gemälde, dass mit pastellweißer und –grauer Farbe ein galoppierendes Pferd andeutet. Sehr schön. Oder erotische Kunst. Sehr ästhetisch, aber trotzdem zu sexy, um sie hier zu beschreiben. Tod war ebenfalls vertreten. Vor allem in Form von ausgestopften Tieren oder Teppichvorleger, der verstorbenen Haustiere, wie Hunde und Katzen. Es gab viel zu sehen und viel zu verarbeiten. Was ich euch aber auf den Weg geben will ist: Kunst ist nie fad!

 

Foto: Sarah Al-Hashimi

 

Sonntags besuchte ich dann die World Press Photo 2012-Ausstellung im Westlicht. Die Ergebnisse eines Wettbewerbs für Fotojournalisten und Pressefotografen, den es seit 1955 gibt. Als ob ich es verdrängt hätte, konnte ich mich nicht an die magenumdrehenden Bilder des letzten Jahres erinnern. Dieses Mal waren auch welche dabei. Eines, auf dem ganze Familien tot auf dem Betonboden liegen, darunter auch kleine Kinder, die durch einen Bombenanschlag ermordet wurden. Ein anderes Foto zeigt mexikanische Polizei, wie sie eine zerstückelte Leiche am hellichten Tag, mitten auf der Straße findet – Mord durch die Drogenkartelle. Aber auch Schönes darf betrachtet werden. Ein schönes Gesicht, schöne Tiere und schöne Farben. Im Großen und Ganzen aber eher düsteres Material. Berichterstattung, die Angst macht, verkauft sich eben besser.

 

Nichts desto Trotz – geht und schaut Kunst!! Vieles dabei, was man selber auch ganz gut könnte. Vielleicht wird ja der eine oder andere selbst zum Künstler.

 

 

Foto: © Laerke Posselt, Dänemark, für Politiken

Kommentare

 

Ich finde solche Kunst verstörend. Ich weiß, daß neuartige Kunst manchem zusagt; aber mir überhaupt nicht!

 

Ich weiß nicht wieso auf einem Tablett servierter Plastikmüll so faszinierende Kunst ist. Ich bin da viel althergebrachter... Gute Kunst sind für mich alte Bilder, Kalligrafien, hundert Jahre alte Möbel oder Monumentalbauten... aber keine blutbespritzten Nitschbilder :-)

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