Macht mich ein Stück Papier zur Österreicherin?

Ich habe die Österreichische Staatsbürgerschaft nicht, und es macht mich grantig, dass ich nicht wahlberechtigt bin. Aber ab wann ist man eigentlich Österreicher? Wenn man Sarma gegen Schnitzel tauscht? Oder wenn ich mich auf Papier „Österreicherin“ nennen darf?  

„Wen soll ich denn überhaupt wählen?“, „Ahh, der ganze politische Kramm interessiert mich sowieso nicht!“, „Ich freue mich darauf, dass meine Stimme endlich auch zählt!“ – das sind Aussagen, die man jetzt vor den Nationalratswahlen täglich in der Klasse zu hören bekommt. Ich sitze meistens daneben und schweige. Meine Stimme zählt nicht, ganz einfach, weil ich nicht im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft bin und somit nicht wahlberechtigt bin. Doch das ist schon das einzige, was mich von meinen MitschülerInnen unterscheidet. Ich besuche dieselbe Schule, gehe mit denen denselben Stoff durch, unter anderen den Stoff der politischen Bildung. In zwei Jahren maturieren wir alle. Meine Eltern arbeiten und zahlen Steuern, womit sie sehr wohl an der Gesellschaft teilnehmen und auch ich werde das tun, wenn ich älter bin. Immerhin lebe ich ja auch hier. Was macht mich also NICHT wahlberechtigt? Die Antwort ist ganz einfach, – ein Dokument. Ein Dokument, das mir nicht erlaubt, mich als Österreicherin abzustempeln. Aber selbst, wenn ich die Österreichische Staatsbürgerschaft hätte, dürfte ich mich dann als Österreicherin bezeichnen?

Kann ein Stück Papier meine Wurzeln ausradieren? Ich denke nicht. Auch wenn der Stempel auf meiner Österreichischen Staatsbürgerschaft zu erkennen wäre, bliebe ich immerhin ein Jugo. Trotz dieses Dokumentes würde ich meiner Mutter beim Zubereiten von Sarma helfen oder „runter“ in den „Urlaub“ fahren, um meine riesige Familie in Bosnien zu besuchen. Somit bliebe meine jugoslawische Mentalität immer noch vorhanden. Wir alle wandern und wechseln ab und zu unsere Wohnorte, sei das von einer Kleinstadt in eine Metropole, oder von einem Kontinent zum anderen - doch das ist kein Grund, jemandem zu verbieten seine Stimme in einem demokratisch aufgebauten Staat abzugeben. Ich interessiere mich sehr wohl für Politik, bleibe auch kontinuierlich informiert, nur kann ich damit nichts bzw. wenig bewirken - höchstens kann ich einen Nicht-Wähler/In dazu bringen, seine/ihre Stimme letztendlich doch abzugeben.

Man darf auch nicht vergessen, dass Österreich lange Zeit ein Vielvölkerstaat war, wo es dutzende unterschiedliche Nationalitäten gab. Die „Grenzen“ haben sich über die Jahre verschoben, die Völker sind gewandert, haben sich eingesiedelt und schlussendlich integriert. Die Grenzen, wie wir sie heutzutage kennen, mögen morgen gar nicht existieren. Macht dann die Demokratie so wie wir sie heute kennen, überhaupt einen Sinn? Könnte es durch die Unzufriendheit der Bevölkerung wieder zu Wiederständen bzw. Revolutionen kommen?

Je früher wir die Antwort finden und darauf hinaus etwas an unserem System verändern, können wir anfangen, auf den Frieden dieser Welt zu hoffen. 

Silvana ist 16 Jahre alt und besucht die 7G des Brigittenauer Gymnasiums in Wien.

Kommentare

 

Kann mich dir nur anschliesseen heheheh

 

hallo Silvana,

kann dir nur zustimmen. Die Gesetze kann ich zwar nicht ändern aber dir einen guten Tipp geben. Wenn du wissen willst, wie sich das wählen anfühlt, geh doch am 10.10 zu dieser Veranstaltung. Auch einige Biber-Redakteure sind dort bzw. haben sich dafür schon eingesetzt. https://www.sosmitmensch.at/mein-oesterreich-meine-wahl-pass-egal

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