Bosnische Stiere kämpfen für den Frieden

06. Oktober 2016

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Three nations, two bulls, one fight. (Foto: Korida)

Stierkämpfe in Bosnien als Friedensstifter in der Region? Klingt komisch, ist aber so. Unter dem Motto “drei Nationen, zwei Stiere, ein Kampf” begleitet der Regisseur Siniša Vidović in “Korida” mehrere Protagonisten. Der Dokufilm erzählt die kaum filmisch festgehaltene Geschichte der bosnischen Stierkämpfe. Der Unterschied zu spanischen Corridas: bei den bosnischen fließt kein Blut. Die Stierkämpfe finden in den ländlichen Ecken des Landes statt und der Kampf wird Tier gegen Tier ausgetragen. Sobald einer der Stiere wegläuft, ist der andere der Sieger. Die Stiere werden in der Szene wie Stars verehrt. So viel zu dem bizarren Spektakel. Der Film hingegen stellt eine spannende Frage: Stimmt es, dass Koridas dem bosnischen Volk mehr Frieden gebracht haben als die Europäische Union? Die Antwort gibt es ab 14.10.2016 in ausgewählten Kinos.

Das sagt Regisseur Siniša Vidović zu seinem Werk:

Begonnen hat meine Reise in die Welt der Koridas, der Stierkämpfe im ehemaligen Jugoslawien, bereits als kleines Kind. Mein Vater nahm mich zu einem dieser Massenevents mit. An viel kann ich mich nicht mehr erinnern – außer an die Macht der Stiere, die mir als kleines Kind noch viel brutaler und vehementer erschien als den Erwachsenen.

Koridas hatten in meinem weiteren Leben kaum eine Bedeutung. Erst mit Ende des Krieges, als ich wieder vermehrt in meine alte Heimat fuhr, erkannte ich das nach wie vor anhaltende Interesse gegenüber diesem Arena-Wettkampf. Hunderte bis Tausende von Menschen treffen sich jedes Wochenende in ganz Bosnien und Herzegowina, um Stieren zuzujubeln. Warum? Je mehr ich darüber nachdachte, umso klarer wurde mir: Mit den Koridas verhält es sich im gesamten Balkanraum wie mit dem Turbo-Folk, der regionalen Volksmusik: Viele lieben sie, doch wenige geben es zu. Sie gilt als eine Beschäftigung der unteren Gesellschaftsschichten. Für die meisten Zuschauer ist der Stierkampf an sich ohnehin zweitrangig: Das „druzenje“ – das freundschaftliche Zusammensein – steht im Vordergrund.
Wer sind die Menschen, die in diesem Kosmos leben? Und warum scheint es einer der wenigen Massenevents der Region zu sein, bei dem es keine ethnischen Konflikte gibt? Diese Fragen beschäftigten mich und führten mich zu einer mehrjährigen Reise, die nun in diesem Dokumentarfilm mündet.

Nach langen Recherchen kristallisierten sich die multikonfessionellen ProtagonistInnen heraus, die ich innerhalb einer Korida Saison (ca. ein Jahr) mit meinem Team begleitete. Vom mittellosen Kinija über den im österreichischen Exil lebenden Marko und dessen Vater Stipe bis hin zu Renata, eine der wenigen Frauen, die in dieser Welt bestehen: So vielfältig die Protagonisten sind, so reichhaltig sind auch die Themen, die ich in diesem Film behandle. Der Zuschauer bekommt nicht nur einen Einblick in das ihm weitgehend unbekannte bosnische Stierkampf-Milieu, sondern auch in die Menschen und ihre Konflikte. Die Protagonisten sprechen oft darüber, dass trotz des Krieges zwischen den Ethnien aktuell keine Probleme vorherrschen, zumindest nicht in der ländlichen Welt der Koridas. Zugleich zeigt der Film jedoch, wie eine der wichtigsten Koridas des Jahres auf Grund eines ethnischen Konflikts nicht stattfinden kann. Dieser Bruch zwischen den Behauptungen der Protagonisten und der harten und hier dokumentierten Realität erlaubte mir einen Blick jenseits der Welt der Koridas: Er gab mir einen neuen Blick auf die fragilen, zwischenmenschlichen Beziehungen einer krisengeprägten Nachkriegsgesellschaft. Und diesen Blick möchte ich nun mit dem Kinopublikum teilen und diskutieren.

 

Die jeweiligen Screeningtermine in den Bundesländern:

6. Oktober 2016 – Linz
Moviemento & City-Kino
OK Platz 1, 4020 Linz

10. Oktober 2016 – Villach
Stadtkino Villach
10. Oktober Straße 1, 9500 Villach

11. Oktober 2016 – Graz
Geidorf Kunstkino
Geidorfplatz 1a, 8010 Graz

12. Oktober 2016 – Salzburg
Cineplexx Salzburg City
Fanny-von-Lehnert-Straße 4, 5020 Salzburg

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