Brexit: Es könnte knapp werden

21. Juni 2016

Der Freund meiner Schwester will sein Haus in Oxford verkaufen und findet keinen Käufer. Wenn er die Immobilienagentur fragt, was los ist, kriegt er eine ein-Wort-Antwort: EU-Referendum. Eine Freundin hat eine Kunstgalerie in London und kann kaum was verkaufen. Warum will kein Mensch ihre Bilder kaufen? Aus der Angst vor dem Brexit. Alles, was eine Investition bedeuten würde, wird bis 23.06.2016 aufgeschoben. An diesem Tag wird sich nämlich entscheiden, ob Großbritannien Mitglied der Europäischen Union bleiben wird. Die Briten geben ihre Stimme erst am Donnerstag ab, die Wirtschaft zittert jetzt schon. 

Laut einer Umfrage, die im Auftrag von der Bertelsmann-Stiftung durchgeführt wurde, will die Mehrzahl anderer EU-Mitglieder Großbritannien in der EU behalten. Doch die Briten selbst sind gespalten. Die Kampagnen von beiden Seiten sind im vollen Gange. Remain und Leave sind Wörter, die im Moment sogar wichtiger als die englische Fußballnationalmannschaft sind.

Es scheint, als würden alle den möglichen Austritt der Briten fürchten. Trotzdem wird es ein sehr knappes Ergebnis sein. Die Unterstützer von ‘Leave’ scheinen einen guten Job gemacht zu haben und die Statistiken kurz vor dem Referendum sind sehr beunruhigend. Laut einer repräsentativen Befragung vom 13. Juni 2016 sprechen sich 42 Prozent der Befragten für den Verbleib in der EU aus, 46 Prozent wollen die EU verlassen, 10 Prozent sind sich unsicher und 2 Prozent wollen am kommenden Referendum nicht teilnehmen. 

 

London wählt einen muslimischen Bürgermeister

 

Großbritannien ist ein wichtiges Mitglied der EU. Es ist ein starkes Land, das den Verlass der EU wahrscheinlich relativ gut überstehen würde. Ein Land, das sein Anderssein und seine Unabhängigkeit benötigt und es geschafft hat, in vielen Bereichen diese Unabhängigkeit zu behalten. Doch viele Menschen wollen noch unabhängiger sein. Man weiß aber nicht, welche Konsequenzen dies für die Welt haben könnte.

Ich wohne in England und bin für den Verbleib in der EU. Dabei finde ich gar nicht, dass die EU perfekt ist. Ich finde aber, dass es ein tolles Konzept ist, das durchaus gut funktionieren kann. Ich komme aus Polen, habe in Wien studiert und lebe jetzt in London. Ohne EU wäre all das viel komplizierter oder vielleicht sogar unmöglich. Die letzen paar Jahre waren keine einfachen für die EU. Es ist aber wie mit einer Beziehung: Man verlässt seinen Partner nicht, weil man eine Krise hat. 

Vor ein paar Tagen ist die britische Parlamentsabgeordnete Jo Cox ermordet worden. Die Labour-Politikerin war eine bekannte Befürworterin des EU-Verbleibs. Der Angreifer soll während der Tat mehrfach “Britain First” (“Großbritannien zuerst”) gerufen haben. “Britain First” ist auch der Name einer rechtsextremen Partei, die sich für den Austritt ausspricht. Während diese Tat eine furchtbare Tragödie ist, zeigt sie, wie wichtig es ist, dass Großbritannien in der EU verbleibt. Es ist ein Symbol, welches einen signifikanten Einfluss auf den Verlauf des Referendums haben kann.

Es bleibt nur zu hoffen, dass die Briten richtig entscheiden werden und dass wir am Freitag wieder  einmal tief durchatmen können.

 

 

 

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