Darf Wolf noch beissen?
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ORF-Mitarbeiter sollen ihre Meinung künftig nicht auf Social-Media Plattformen kundtun. Persönliche Ansicht, adieu. Das gilt auch für Likes. Bitte was?
Von Kristjan Morina
Sogar unser Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) steht der Social-Media-Richtlinie des ORF skeptisch gegenüber. Hört, hört. Da sind wir zwei (erstmals) einer Meinung. Objektiver Journalismus im ORF: Ja, unbedingt. Journalisten auf Social-Media-Kanälen einen Maulkorb anschnallen: Nein, verfassungswidrig. Alexander Wrabetz hat das anscheinend nicht mitbekommen. Der ORF-Chef wirft die Vorwürfe zurück, dass die Richtlinie in sozialen Netzwerken ein Maulkorb seien. Der Wunsch nach besagten Richtlinien wurde vom Stiftungsrat geäußert, verstärkt vom Vorsitzenden des Gremiums Norbert Steger (FPÖ) und Thomas Zach (ÖVP).
Nicht beschlossen, halb gegossen.
Die Regelung ist noch nicht beschlossen hieß es, aber für mich trotzdem Grund genug, diesen Unfug zu kritisieren. Armin Wolf, Legende, (persönliche Gottheit) und ORF-Starjournalist hat sich bereits dazu auf Twitter geäußert und verwies auf den Absatz der Meinungsfreiheit in der Menschenrechtskonvention. Unrecht hat der Herr Wolf nicht. Beispiel: Außerhalb vom ORF ist er – wie wir alle – eine gewöhnliche Person und sollte das Recht haben, unabhängig von seiner Arbeit, seine Meinung zu äußern. Zuhause legt er seinen Status ab und ist nur noch Armin – nehme ich stark an – und ist ein Mensch, der Interesse an Politik haben darf. Journalisten ihr Recht auf freie Rede zu verbieten ist nicht angebracht. Wie kommt man überhaupt auf die Idee? Wir alle befinden uns im Internetzeitalter und teilen unsere Meinung. Warum sollte das künftig ORF-Mitarbeitern genommen werden?
Folgen nun die ORF Times?
Die ORF Social-Media-Richtlinien sollen sich an die Richtlinien der US-amerikanischen New York Times anlehnen. In diesen sollen die Mitarbeiter der Times weder parteiische Meinungen äußern, noch für politische Positionen werben, politische Kandidaten unterstützen, beleidigende Kommentare abgeben, oder Sonstiges, das die Marke New York Times verletzen kann. Journalisten repräsentieren ihr Medienunternehmen – na klar. Das heißt aber noch lange nicht, dass eben genau diese Journalisten ihre Meinung in Social-Media Plattformen für sich behalten müssen. Nur weil die amerikanische New York Times diesen Unfug vorlebt, heißt das noch lange nicht, dass die Idee gut sein muss. Ich spreche von einem gravierenden Einschnitt im Konzept der Meinungsfreiheit (aller Menschen). Journalisten dürfen reden. Dafür ist der Journalismus da. Privatpersonen, die nebenbei in Medienhäusern arbeiten – das gilt auch für den ORF – sollten dieses Recht auch haben. Das hat der ORF-Chef aber anscheinend nicht mitbekommen. Seine Meinung dazu wird er vielleicht bald nicht mehr mitteilen können: Social-Media Zensur sei Dank.
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