Das Leben eines Dreißigjährigen Teil 2

04. April 2017

 

 

Wenn man in seinen 30ern ist, sollte man rein theoretisch erwachsen sein. Man sollte wissen wo man in seinem Leben steht und wo man hin will. Die Pläne sollten schon längst gemacht und wichtige Lebensentscheidungen gefallen sein. Dabei sind viele 30jährige mit zutiefst existentiellen Problemen beschäftigt und für die wichtigen Entscheidungen des erwachsenen Lebens gibt es (noch) keinen Platz. 

 

 

Die Generation der Endzwanziger und Frühdreißiger hat ein Problem. Wir fühlen uns, als müssten wir spätestens jetzt herausgefunden haben, was wir mit unserem Leben weitermachen wollen. Statt klaren Entscheidungen kommen aber immer mehr Rätsel auf. Soll ich meinen Job wechseln? Will ich weitermachen, was ich bisher gemacht habe? Soll ich nochmal schnell um die Welt reisen, bevor es wirklich ernst wird? Ist der Freund/ die Freundin wirklich der/ die eine, mit dem/ der ich den Rest meines Lebens verbringen möchte? Muss ich jetzt schon Kinder haben oder kann ich die Entscheidung noch ein wenig hinausschieben? 

 

Dies sind nur ein paar Fragen, mit denen viele Menschen in meinem Freundeskreis zu kämpfen haben. Wir leben in einer Zeit, in der keine klaren Strukturen mehr vorhanden sind. Wir haben zwar mehr Freiheit zu tun, was wir tun möchten, diese paralysiert uns aber paradoxerweise. Mehr Wahl gleicht mehr Qual. 

 

 

Die vorigen Generationen hatten es in dieser Hinsicht einfacher. Man musste damals früher erwachsen werden, da es auch andere gesellschaftliche Regeln gab. Es herrschte weniger Verwirrung: man hatte zwar nicht so viel Wahl wie heute, dafür waren aber die Lebenswege um einiges klarer. Heute wird uns gesagt, dass wir alles (werden) können. Es wird uns immer mehr Freiheit gegeben, mit der wir nicht ganz so gut umgehen können. Der Grund ist, dass wir die erste Generation sind, deren diese Entscheidungsfreiheit geschenkt wurde. Die Freiheit, die zwar gut gemeint war, die aber vielen von uns Schwierigkeiten bereitet. 

 

Hinzu kommen die gewöhnlichen Probleme der 30-Jährigen Menschen wie Zusammenziehen, Heiraten und Kinder. Wir glauben, dass all das von uns verlangt wird. Oft ist es aber ein Paradox der Erwartungshaltung: Wir erwarten, dass man etwas von uns erwartet und in weiterer Folge erwarten wir es von uns selbst. Diese Selbsterwartung führt zu einer eigenartigen Entscheidungsunfähigkeit. 

 

 

Die Generation der 30-Jährigen begeht einen kardinalen Denkfehler: Wir glauben, dass es immer noch um das Erwachsenwerden geht, es geht aber schon längst um das Erwachsensein. Wir verwechseln diese zwei Zustände, weil wir eben uns nicht ganz sicher sind, wie wir uns zu verhalten haben. Es braucht Zeit zu verstehen, dass wir die Entscheidungen selbst zu treffen haben und dass uns dabei in vielen Fällen niemand helfen wird. 

Vielleicht verstehen wir das in unseren 40ern. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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