“Das Leid ist überall das Gleiche, egal ob du an Gott glaubst oder an Allah”

23. Dezember 2016

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Christoph Wigelbeyer, Künstlerischer Leiter und Chordirigent der Neuen Wiener Stimmen. (Foto: www.neuewienerstimmen.at)

Singen für den Frieden. Der Chor “Neue Wiener Stimmen” führt gemeinsam mit dem Oberösterreichischen Landesjugendchor und dem Sinfonieorchester des MUK Mitte Jänner “The Armed Man: A Mass for Peace” von Karl Jenkins im Wiener Konzerthaus auf. Ein Stück, das der Komponist den Opfern des Kosovokriegs gewidmet hat.

Der Auftritt ist keine Messe im klassischen Sinne, sondern behandelt das Leid und Grauen des Krieges mit Elementen aus allen Weltreligionen in drei Sprachen. Die Botschaft: “Man darf die Hoffnung nicht verlieren.”

Hier ein Auszug aus dem Interview von Julia Ritter mit dem Chorleiter der Wiener Stimmen, Christoph Wigelbeyer:

 

Julia: Wie ist es dazu gekommen, dass der Chor NEUE WIENER STIMMEN The Armed Man von Karl Jenkins aufführt?

Christoph: Ich bin vor Jahren über das Stück gestolpert. Ich habe das Lied „L’homme armé“, das ja ein ganz bekanntes Kriegslied aus der Renaissance-Zeit ist und immer wieder auch in Messvertonungen eingebaut wurde,  gekannt. Mich hat die Idee fasziniert, dass man dieses alte Lied in die Gegenwart holt in Verbindung mit dem, was auf der Welt seit damals wahrscheinlich ständig passiert, nämlich: Es herrscht Krieg.

Dieser Bogen von damals, von vor fünf-, sechshundert Jahren, bis heute spiegelt sich ja auch in den Texten wider, die im Stück vorkommen.

Das spannende an dem Stück ist, dass es keine reine christliche Messe oder Requiem ist, sondern dass auch andere Weltreligionen Platz finden. Die Kriege sind überall gleich und das Leid ist überall das Gleiche, egal ob du an Gott glaubst oder an Allah oder an gar niemanden. Und das vermittelt Jenkins durch eine Tonsprache, die einerseits eingängig, andererseits aber auch intensiv und emotional differenziert ist.

 

Speziell mit jungen Leuten so etwas zu machen ist wahrscheinlich noch unmittelbarer als mit einem Erwachsenen-Chor, weil die Zukunft in euren Händen liegt und ihr euch wahrscheinlich auch viele Gedanken über den aktuellen Zustand der Welt macht.

 

Julia: Kannst du etwas zum Stück selber sagen, über seinen Entstehungskontext, beziehungsweise die Idee hinter dem Stück?

Christoph: Jenkins hat das Stück im Kontext des Kosovo-Krieges 1999/2000 geschrieben. Dieses Thema spiegelt sich auch in den Texten wider. Es beginnt recht heiter mit „L’homme armé“, das noch nicht besonders bedrohlich, sondern eher tänzerisch ist. Dann bekommt es langsam diese Wendung hin zum Kriegerischen. Der Chor singt sich immer mehr in eine Kriegswut hinein, wird besinnungslos, wandelt sich gleichsam selbst zum „homme armé“, bis sich dann mit den Stücken „Angry Flames“ und „Now The Guns Have Stopped“ die Frage stellt: Was bleibt von einem Soldaten über, wenn der Krieg vorbei ist? Womit hat er sich selbst konfrontiert, was hat er alles erleben müssen, wenn er überlebt hat und wie wird er damit fertig? Und da kommt ihm der Glaube zur Hilfe.

 

Julia: Also würdest du sagen, dass die Botschaft des Stückes eine Art Rückbesinnung ist?

Christoph: Ich glaube man muss sich besinnen, sonst wird man wahnsinnig. Das Stück endet sehr hoffnungsfroh mit „Better Is Peace Than Always War“. Vielleicht ist das ein naiver Wunsch, vielleicht ist das auch bewusst so komponiert, dass das ein bisschen naiv ist. Aber der Schlusschor ist dann sehr berührend. Ich denke, man darf die Hoffnung nicht verlieren und wer soll die Hoffnung besser repräsentieren, als junge Leute.

Wöchentliche Chorproben, ein vielfältiges Repertoire und mitreißende Konzerte: Der Chor “Wiener Stimmen” gibt Jugendlichen seit 2010 die Möglichkeit ihre Liebe zur Musik, die Begeisterung zum Singen und eine gesangliche Stimmbildung miteinander zu vereinen. Eines der Highlights: Die „Hollywood in Vienna“-Auftritte (2012-2016). Weitere Infos zu den Neuen Wiener Stimmen und wie ihr mitwirken könnt, findet ihr hier.

 

Was? „The Armed Man – A Mass for Peace“, Jeunesse-Konzert der Wiener Stimmen mit des Oberösterreichischen Landesjugendchors und des Orchesters der MUK Privatuniversität unter der Leitung von Andreas Stoehr
Wann? 15. Jänner 2017 um 19.30 Uhr
Wo? Wiener Konzerthaus im Großen Saal, Lothringerstraße 20, 1030 Wien
Karten? Hier ab 7 Euro.

 

 


 

 

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