Der serbische Künstler Mihael Milunović verhüllt 2017 den Ringturm

12. Juni 2017

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Ringturmverhüllung 2017: "Weitblick" (Foto: © Robert Newald/Wiener Städtische Versicherungsverein)

Der serbische Künstler Mihael Milunović verhüllt zum zehnten Jubiläum den Ringturm am Schottenring. Das Werk steht für große Ziele und den kulturellen Dialog zwischen Österreich und Serbien. Milunović erzählt von seiner künstlerischen Kindheit, woran es der serbischen Kunstszene fehlt und was er noch erreichen will.

biber: Deine Familie ist voller Künstler. Wie hat sich das auf dich ausgewirkt?
Mihael Milunović: Ich bin im Atelier meiner Eltern aufgewachsen und war immer schon von Kunstwerken umgeben, vor allem den Gemälden meiner Großeltern. Ich hatte sicherlich starke Voraussetzungen, in die Welt der Kunst einzutauchen. Das Talent hat sich schon früh gezeigt, ich habe schon im Alter von zwei Jahren pausenlos gezeichnet. Ich habe das nie als etwas Ungewöhnliches gesehen, es war ganz normal für mich. Für mich war das ein Spiel. Im Teenageralter habe ich dann begriffen, was Kunst ist, dass ich wirklich gut darin bin und dass ich das zu meinem Beruf machen kann. Wenn die Menschen beginnen auf dein Tun zu reagieren, merkst du welchen Einfluss du durch Kunst ausüben kannst.

Worin denkst du unterscheidet sich deine Arbeit von anderen?
Man sollte nicht schaffen, um sich bewusst von anderen abzugrenzen. Das ist so, als würde man Kunst nur machen, um sie zu verkaufen. Das wichtigste ist es, authentisch zu bleiben. Wenn du deine Kunst so schaffst, wie du bist, unterscheidest du dich automatisch von anderen. Das ist die Natur der Dinge. Die Energie eines Kunstwerkes fällt direkt auf den Künstler zurück - und wenn diese unauthentisch ist, dann ist er es auch. 

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Der Künstler Mihael Milunovic. (Foto: © Jovana Ilić)

Wo kannst du am besten arbeiten?
Ich bin gerne alleine in dem Raum, in dem ich arbeite. Das Ambiente des Raumes, der Vibe muss eben passen. Und Tageslicht ist mir wichtig. Lange habe ich unter künstlichem Licht gearbeitet. In den letzten Jahren hatte ich aber das Glück, in Räumen zu arbeiten, die von natürlichem Licht durchflutet sind. Ich habe ein Atelier in Belgrad und Paris. Mit guter Konzentration und guter Laune entstehen die besten Dinge. Sonst benötige ich zum kreativen Arbeiten keine exklusiven Umstände.

Du bist vor allem in der österreichischen, serbischen und französischen Kunstszene unterwegs. Welche Unterschiede siehst du hier?
Da gibt es ganz viele (lacht). Man kann sie kaum miteinander vergleichen. Nicht einmal die österreichische mit der französischen. Die Kunstszene mit Kultur-Institutionen, Galerie-Systeme etc. ist eine Evolution und Paris ist hier einfach am fortgeschrittensten. Das bezieht sich noch nicht auf die Qualität der Szene aber zumindest auf die Geschichte. Die serbische Kunstszene steckt noch mitten in der Entwicklung. Das heißt aber nicht, dass sie ärmer ist. Ganz im Gegenteil, dadurch dass manche Dinge erst geschaffen werden müssen, ist der Raum dafür enorm. Das Ziel ist es zeitgenössische Kunst für den europäischen Markt und darüber hinaus sichtbar zu machen. Die Künstler sind da, aber es bedarf einer guten Strategie. Bei uns gibt es für so etwas keine Strategien, nicht einmal schlechte. Ich selbst habe sehr viel daran gearbeitet, junge Künstler ans Licht zu bringen.

Wien spielt hier eine große Rolle. Immerhin sind Österreich und der Balkan historisch miteinander verbunden. Österreich hat viel dafür getan, die Kunstszenen aus ex-jugoslawischen Ländern in Österreich sichtbar zu machen. Es gibt sehr viele serbische Künstler in österreichischen Galerien. Auch meine Karriere hat vor 20 Jahren hier begonnen.

Wie hat sich die Zusammenarbeit zur Ringturmverhüllung ergeben?
Meine Arbeiten wurden von der Vienna Insurance Group Kollektion in Serbien im Rahmen ihres Kultursponsoring aufgekauft. Das Bild, das jetzt den Ringturm umhüllt, war Teil dieser Kollektion. Eine Jury aus Wien wählte es unter 16 anderen Künstlern. Mir bereitet es große Freude wieder in Wien tätig zu sein und das in einem so großen Umfang.

Was hat dich zu deinem Werk “Weitblick” inspiriert?
Leute wollen immer, dass ich meine Arbeit kommentiere. Aber wenn der Künstler jedes seiner Werke auch noch mündlich beschreibt, verwöhnt er seinen Beobachter. Der Beobachter soll seine eigene Sicht darin wiederfinden. Aber natürlich kann ich eine gewisse Richtung vorgeben. Das Motiv eines Berges, wie aus auf dem Werk zu sehen ist, deutet immer auf höhere, vielleicht auch edelmütige oder unerreichbare Ziele hin. Wir bewundern den Berg, würden ihn aber auch gerne erklimmen. Ich habe viel über das Streben des Einzelnen nachgedacht. Der rote Zug steht für Emotion und Leidenschaft. Und dass der Mensch immer Teil einer Gemeinschaft ist.

Welche Ziele willst du noch erreichen?
Da gibt es noch einiges. Wichtig ist es, sich Herausforderungen zu stellen, die Komfortzone zu verlassen und dynamisch zu bleiben. Und ich hoffe mich weiterhin selbst durch meine Arbeit zu erfahren.

 

Der Ringturm als überdimensionale Kunstinstallation
„Weitblick“ ist das zehnte Kunstwerk, das der Wiener Städtische Versichersicherungsverein auf den Außenwänden des Wiener Ringturms einen ganzen Sommer lang präsentiert. „Der Rückblick auf unsere Ringturmverhüllungen macht mich stolz und unterstreicht das Vorhaben, dieses großartige Projekt des Austausches und frei zugänglicher Kunst zukünftig fortzuführen“, erklärt Dr. Günter Geyer. 
 
30 bedruckte Netzbahnen mit rund drei Metern Breite und bis zu 63 Metern Länge lassen das Gemälde von Mihael Milunović zu einem 4.000 Quadratmeter großen Blickfang am Wiener Donaukanal werden. Die Ringturmverhüllung ist eine von vielen kulturellen Maßnahmen, die der Wiener Städtische Versicherungsverein setzt. Nach vier erfolgreichen Ringturmverhüllungen heimischer Künstlerinnen und Künstler werden seit 2012 auch internationale Kunstschaffende eingeladen – fünf der bisherigen zehn Verhüllungskünstlerinnen und -künstler stammen aus Zentral- und Osteuropa. 
 

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