Die unnötigsten deutschen Sätze, die ich als Kind in Polen gelernt habe.

05. April 2016

Ich bin in Polen aufgewachsen, bin dort zur Schule gegangen und habe sogar ein Jahr Archäologie studiert. Als ich zwanzig war, bin ich nach Wien gezogen, um dort zu studieren. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich Deutsch zwar gelernt, aber nicht wirklich gesprochen. Meinen offiziellen Deutschunterricht habe ich in meinem achten Lebensjahr angefangen. Da ich Familie in Wien hatte und mehr mit Deutsch als mit Englisch zu tun hatte, haben mich meine Eltern zum privaten Deutschunterricht geschickt. Auch in meiner Grundschule konnte man sich nur zwischen zwei Sprachen entscheiden: Deutsch und Französisch. Ich habe natürlich Deutsch gewählt.

Die ersten Sätze in der deutschen Sprache habe ich aber weder in der Schule, noch von meiner österreichischen Familie gelernt. Ich habe sie von verschiedenen, oft lustigen Quellen gelernt. Heute bringen sie mich zum Lachen, wenn ich an sie denke.

Der erste deutsche Satz, an den ich mich erinnern kann, ist zugleich der unnötigste Satz, den ein Kind kennen kann: „Komm nach Hause Kinder machen!“. Seltsam, oder? Ich habe diesen Satz nicht aus dem Fernsehen oder von einem sehr unverantwortlichen österreichischen Cousin, der zum Spaß einem Kind komische Sätze beibringen wollte. Aus irgendeinem seltsamen Grund haben meine älteren polnischen Freunde diesen Satz immer wieder in Anwesenheit von Mädchen geschrieen. Diese Freunde konnten nicht mal ordentlich Polnisch, von Deutsch kann in ihrem Fall also keine Rede sein. Ich habe nie herausgefunden, wie sie diesen Satz gelernt haben. Zuerst habe ich nicht gewusst, was das bedeuten soll und habe den Satz einfach wiederholt. Bis mich meine Eltern aufgeklärt haben.

Die Sache mit der Sprache

Das nächste deutsche Wort habe ich, wie lustig, ebenfalls von denselben polnischen Freunden gelernt. Sie waren nicht nur älter als ich, jeder mindestens drei Jahre, sondern auch größer als ich. Daher haben sie mir einen Spitznamen gegeben: Ameise. Nicht auf Polnisch, Ameise auf Deutsch. Warum? Diesmal weiß ich es: Einer meiner Freunde hatte einen Cousin, der in Deutschland gelebt hat. Von diesem Cousin haben meine Freunde diesen Spitznamen übernommen. Warum sie mich Ameise auf Deutsch und nicht auf Polnisch genannt haben, habe ich ebenfalls nie herausgefunden.

Der nächste deutsche Satz, an den ich mich erinnern kann, ist noch ein wenig seltsamer. Auch diesen Satz habe ich von einem Polen gelernt. Diesmal waren es aber nicht meine älteren Freunde, sondern ein noch älterer, fast immer betrunkener Mann. Die polnische Liebe zum Alkohol ist keine Neuigkeit. Als ich klein war, habe ich immer wieder betrunkene Männer gesehen, die einfach nur in der Sonne abgehangen haben. Ich kann mich ganz besonders an einen ganz lustigen erinnern. Ein Nachbar, der, immer wenn er betrunken war, singend seine Liebe zum Alkohol mit folgendem deutschen Satz gestanden hat: „Jawohl, jawohl, ich liebe Alkohol!“ Auch in diesem Fall habe ich keine Ahnung, woher er diesen Satz gekannt hat.

Als Kind haben meine Schwester und ich viele Geschenke von unserer Tante aus Österreich bekommen. Meine Schwester hat mal ein Brettspiel „Pocahontas“ bekommen. Ich kann mich ganz genau an den Satz erinnern, der auf der Packung stand: „Das große Abenteuerspiel zum Film“. Keine Ahnung, warum es bei mir so hängen geblieben ist.

Der letzte Satz ist ein klarer Beweis, dass Fernsehwerbung wirkt. Ich habe als Kind oft Kabelfernsehen und Pro Sieben geschaut. Obwohl ich nichts verstanden habe, weil alles auf Deutsch war, hatte Pro Sieben einfach nur bessere Zeichentrickserien als polnisches Fernsehen. Und obwohl in den Werbepausen unzählige Werbespots gelaufen sind, kann ich mich nur an einen Werbeslogan ganz genau erinnern: „Tchibo, das Beste geben“. Keine Ahnung, warum ausgerechnet dieser Werbesloganin meiner Erinnerung geblieben ist.

Was sind die ersten Sätze, die du auf Deutsch gelernt hast?

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