Röszke: „Das sind Konzentrationslager“

10. September 2015

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Syrisches Baby
Foto: Khalil Tareq

„Diese Flüchtlingslager und die Orban-Regierung erinnern mich an das Dritte Reich und Konzentrationslager“ sagt Klaus Kufner, freiwilliger Helfer in Röszke, einem ungarischen Flüchtlingslager. Die Zustände sind unmenschlich und prekär. Ob die Medikamenten- und Sachspenden den Flüchtlingen bereitgestellt werden, wissen die vielen Helfer aus Österreich nicht.

„Es ist wie bei einer Tierfütterung“

Die Autos, die die Spendensammellager aufsuchen, tragen fast ausschließlich österreichische Kennzeichen. Kufner erzählt, dass den Flüchtlingen zur Essensausgabe einfach Semmeln und Wasserflaschen über die Zäune geworfen werden. Nur wer Glück hat erwischt eine Portion. Die Menschen hungern und werfen sich schreiend und flehend an die Zäune der Lager. „Es ist wie bei einer Tierfütterung“ empört sich Kufner zurecht. Das ungarische Polizeiaufgebot ist enorm und jeder Fluchtversuch der eingezäunten Asylsuchenden wird von den Beamten unterbunden. Die Helfer dürfen sich den Flüchtlingen nicht nähern und auch die medizinische Grundversorgung wird nicht gewährleistet. Das in Röszke stationierte Rote Kreuz verfügt über kein medizinische Fachpersonal und ebenso wenig über einfachste medizinische Ausrüstung. Es gäbe weder Fieberthermometer  noch Blutdruckmessgeräte, ebenso wenig wie Fieberzäpfchen für die kranken Kinder oder Salben für die Behandlung von Ekzemen, die aufgrund der unhygienischen Bedingungen häufig auftreten, sagt uns Kufner.

Arbeitslager

Das Hauptlager beherbergt rund 700 Menschen in einer Halle und 3000 in Militärzelten, neben dem Hauptlager gibt es zwei Auffanglager, in welchen die Flüchtlinge ungeachtet der Wetterlage Tage und Nächte im Freien verbringen müssen. „Es gibt zu wenig Essen, sie werden gedemütigt und bei Fluchtversuch sogar mit Handschellen abgeführt.“ schildert Kufner die schreckliche Lage. Nach der Genfer Flüchtlingskonvention verstößt Ungarn damit gegen menschliche Grundrechte. Weder dürfen Flüchtlinge stark in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, noch darf ihnen die Grundversorgung verwehrt bleiben. Zudem werden derzeit Arbeitslager für registrierte Flüchtlinge errichtet. Das neue ungarische Gesetz zur „Flüchtlingshilfe“ kann sogar so interpretiert werden, dass das Reichen einer Wasserflasche an einen Flüchtling mit Haftstrafen bis zu  acht Jahren geahndet werden kann.  „Ungarn unter Orban ist ein autoritärer Staat mitten in Europa“ und die Grundrechte der Menschen werden mit Füßen getreten, sagt Kufner.

„Ihr Ungarn seid so arm“

Da es mittlerweile zu einem Spendenstau kommt und nicht nachvollzogen werden kann, ob die Hilfsgüter die Menschen in Not erreichen, rät Kufner derzeit von weiteren Spendenlieferungen ab. Dennoch muss Druck erzeugt werden auf die ungarischen Behörden und die Regierung. Am besten wäre es, wenn hunderte Fahrzeuge mit Helfern zum Hauptlager fahren und die Beamten höflich bitten würden, sie in die Lager zu lassen, meint Kufner. „Ihr Ungarn seid so arm, deswegen helfen wir euch den Flüchtlingen zu helfen“ wäre eine gute Strategie im Umgang mit der Polizei, rät er uns.

Der Link zum heimlich gedrehten Video von Michaela Ehrenhauser aus dem ungarischen Lager:

https://www.youtube.com/watch?v=bRbmFYYbcyw&feature=youtu.be

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