Mehr Serben arbeitslos - und jetzt?

07. Dezember 2015

Ich halte das für gefährlich. Es geistert seit letztem Montag wie ein schlechtes Gerücht hinter vorgehaltenen Händen durch die Medien: „Hast du schon gehört? Die Serben sind am Arbeitsmarkt fast so schlecht integriert wie Türken. Bosnier fast so gut wie Österreicher – die Statistik Austria hat dies jetzt mit neuesten Zahlen belegt!“.

Was bedeutet das nun aber? Sind am Ende doch Christen schwieriger zu integrieren als Muslime? Was ist mit christlichen Serben aus Bosnien? Sind Bosnier fleißiger als Serben und Türken? Nein, das bedeutet in erster Linie nichts dergleichen. Zunächst sollte man sich erst mal darüber im Klaren sein, welche Informationen uns diese Statistik liefert. Es handelt sich dabei um eine rein quantitative Aussage auf Basis einer Stichprobenbefragung. Über die genauen Gründe und Ursachen hinter diesen Zahlen wissen wir jedoch nichts, es können nur Spekulationen angestellt werden.

Und genau diese Spekulationen halte ich für so gefährlich, weil sie erschreckend erfolgreich dazu beitragen, einzelne Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen. Muslime gegen Nicht-Muslime, Bosnier gegen Serben, Österreicher gegen Türken, den Rest der Welt gegen Flüchtlinge, und am Ende stehen wir alle im Kreis und zeigen mit dem Finger auf den jeweils anderen. Dabei könnte man die Zeit wahrlich besser nützen, indem man in erster Linie mal das Gemeinsame betont. Und damit meine ich jetzt nicht etwa die vielen kulturellen Gemeinsamkeiten zwischen Bosniern und Serben, sondern vor allem das Thema Arbeitslosigkeit an sich. Arbeitslosigkeit in Österreich ist nämlich ein gemeinsames Problem der österreichischen Gesellschaft und somit auch aller Nationalitäten dieser Gesellschaft. Integration kann niemals gelingen, solange wir bestimmte gesellschaftliche Herausforderungen nur einzelnen Gruppierungen in die Schuhe schieben und die gemeinsame Verantwortung damit abschieben.

Und die Arbeitslosigkeit in Österreich steigt. Religion und nationale Zugehörigkeit sind sicher keine dienlichen Merkmale, um eine Antwort auf die Frage zu bekommen, warum manche Gruppen mehr und manche weniger von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Natürlich müssen wir uns aber in einem zweiten Schritt genau mit dieser Frage auseinandersetzen. Warum ist das so und was kann getan werden? Bildungshintergrund sowie Kenntnisse der deutschen Sprache werden als wichtige Einflussgrößen angenommen. Diese Faktoren stehen vorrangig im engen Zusammenhang mit dem Zeitpunkt und den damit verbundenen politischen Rahmenbedingungen der Einwanderung nach Österreich. Längst ist es auch kein Geheimnis mehr, dass der Bildungsstand einer Familie in Österreich (leider immer noch) häufig an die nächsten Generationen weitergegeben wird, bedingt durch die frühe Segregation in unserem Bildungssystem. Wenig hat sich diesbezüglich in den letzten Jahrzehnten getan und das wird nun konsequenterweise zum Problem, denn Arbeitsplätze gäbe es genug, nur eben nicht für Niedrigqualifizierte, wie Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice, im Interview mit der Zeit bestätigte.

Und was beweist das nun? Arbeitslosigkeit ist nicht ein serbisches, türkisches, bosnisches oder marokkanisches, sondern ein wirtschaftliches und politisches Problem. Und als solches sollten wir sie auch behandeln, damit gemeinsame Lösungsansätze gefordert werden können. Dies sollte schließlich in unser aller Interesse liegen. Es wird aber nicht gelingen, solange wir uns schlicht damit begnügen, einzelnen Gruppen den schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben.

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