Sind die Ungarn von Natur aus Böse?

07. September 2015

Es waren Bilder, die ganz Österreich bewegten. Auf der einen Seite erschöpfte Flüchtlinge, die am Westbahnhof mit Beifall und Obst empfangen werden. Auf der anderen die bösen ungarischen Behörden, die den Flüchtlingen das Leben schwer machen. Sind die Ungarn von Natur aus böse?

Um die Frage gleich zu beantworten: Nein, sind sie nicht. Auch wenn Facebook, Twitter und Zeitungen vergangene Woche das Land in diesem Licht dargestellt haben. Tatsächlich gibt es in Ungarn große Probleme mit der Versorgung der Flüchtlinge. Täglich strömen circa 3000 (in Worten: dreitausend) Menschen nach Ungarn und wollen versorgt werden. Schätzungsweise befinden sich aktuell rund 100.000 Menschen, die aus Syrien, Afghanistan und aus anderen Krisenregionen der Welt geflüchtet sind, in Ungarn. Das ist für ein Land, das hart von der Wirtschaftskrise getroffen wurde, sehr schwer zu managen. Das soll keine Entschuldigung dafür sein, dass die ungarische Regierung eine hetzerische Plakatkampagnen gegen diese Menschen führt.

Die Republik Ungarn lässt die Menschen nicht aus reiner Boshaftigkeit nicht weiterreisen, sondern hat handfeste Gründe dafür. Das Dublin III Verfahren ZWINGT nämlich das Land dazu, die nach Ungarn einreisenden Menschen Fremdenrechtlich mit Fingerabdrücken im EURODAC-System zu erfassen. Eigentlich wäre das ja die Aufgabe des EU Mitgliedlandes Griechenland, aber wie wir aus den vergangenen Jahren bereits wissen, gibt es auch in Griechenland ziemliche Probleme in allen Bereichen des Staates. Und das nächste EU-Land, in dem die Flüchtlinge ankommen, ist nunmal Ungarn. 

Ich möchte aber daran erinnen, dass das wohlhabende Österreich ziemliche Probleme bei der Versorgung von Flüchtlingen hat. Die Zustände in Traiskirchen sind um nichts besser als jene vom Keleti in Budapest. Mit dem Unterschied, dass diese jetzt natürlich dezent in den Hintergrund gerückt sind. Denn Österreich feiert sich selbst mit dem Umgang von ein paar hundert armen Seelen, die es mit der Bahn nach Österreich geschafft haben und sowieso nach Deutschland weiter wollen. Ich bin gespannt, wie es um die Einstellung und die Euphorie der Menschen in ein paar Monaten steht, wenn die Züge und Busse weiter ins Land rollen. Denn die Flüchtlingskrise hat gerade erst begonnen, und es wird mehr benötigen, als ein paar Kisten Obst und Wasser, um diesen Menschen nachhaltig zu helfen.

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