Wie lernt es sich eigentlich auf Ritalin? Wiener Studenten erzählen.

15. Januar 2017

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Foto: Marko Mestrovic
Foto: Marko Mestrovic

Manche brauchen zum Lernen Kaffee, manche Zucker und noch andere greifen zu krasseren Methoden: Konzentrationsfördernde Medikamente wie Ritalin sind bei Studenten schon seit Jahren ein beliebtes Mittel, um durch die Prüfungsphasen zu kommen. Ritalin wird eigentlich zur Behandlung von ADHS bei Kindern eingesetzt. Bei Menschen, die kein ADHS haben, wirkt es aber umgekehrt: Man wird aufmerksamer, wacher, die Leistungsfähigkeit und Aufnahmefähigkeit steigen enorm. Perfekt zum Lernen also. Oder nicht? Natürlich können auch Nebenwirkungen wie Angstzustände, Krampfanfälle und sonstiges auftreten. Und ja, natürlich ist es illegal, verschreibungspflichtige Medikamente, die nicht für einen selbst ausgestellt wurden, zu konsumieren. Ich will aber gar nicht weiter darauf eingehen, diese Infos holt man sich lieber bei den zuständigen Quellen. Da echte Stories bekannterweise spannender sind als Beipackzettel, habe ich passend zur bevorstehenden Prüfungswoche gesetzesbrechende Wiener Studenten und Studentinnen aufgetrieben – Sie alle haben schon mal zum Lernen Ritalin konsumiert. Sechs Fragen, Sieben Erfahrungsberichte. Hier bekommt ihr die Antworten aus erster Hand: Wie leicht kommt man an Ritalin ran? Würden sie es weiterempfehlen? Und vor allem: Bringt es was?

Sarah*, 24, Management im 1. Semester Master

1. Wie bist du an das Ritalin herangekommen?

Durch Freunde und mein damaliges Gspusi.

2. Warum hast du es genommen bzw. was hast du dir dadurch erhofft?

Ich habe gemerkt, dass die Zeit zum schreiben und lernen nicht reicht. Ich habe mir erhofft, dass ich weniger Schlafen muss und mir die Arbeit schneller von der Hand geht.

3. In welchem Zeitraum hast du es genommen?

Ein paar Tage intensiv, zum Schreiben meiner Bachelor-Arbeit.

4. Wie hast du dich gefühlt, als du auf Ritalin gelernt hast, und wie waren dann die Lernerfolge?

Ich habe mich sehr produktiv und schnell gefühlt, zeitweise aber auch gereizt und unkonzentriert. Das Positive hat aber überwogen, meine Bachelorarbeit ist ein voller Erfolg geworden.

5. Meinst du, du bist abhängig geworden bzw. hast du es auch beim Fortgehen genommen?

Nein, ich habe seit dem keine Drogen mehr zum Lernen oder Schreiben genommen, da ich es eigentlich auf „natürlichem“ Weg schaffen möchte. Mein Studium interessiert mich auch ohne Dopamin. Sollte ich irgendwann wieder in Zeitbedrängnis kommen, würde ich es definitiv wieder machen, da es Zeitprobleme löst. Manchmal wenn ich fortgehe, dann kokse ich, oder konsumiere Speed/MDMA. Das war aber schon davor so. Ritalin oder Medikamente nehme ich nicht.

6. Würdest du es weiterempfehlen?

Generell würde ich sowieso keine Suchtmittel empfehlen, da jeder für sich selbst wissen muss, ob er die physische oder psychische Fähigkeit hat, sich mit Substanzen zu berauschen, die Sucht oder psychische Probleme auslösen können. Das kann ich für die Leser nicht bestimmen. Wenn man aber durchaus positive Erfahrungen mit Aufputschmitteln gemacht hat, oder regelmäßig andere psychoaktive Substanzen zu sich nimmt und dabei keine einschneidenden Probleme feststellt und auch seinen Konsum reflektieren kann: Go for it, in einer Notsituation. Ich denke nicht, dass man voll drauf fertigstudieren kann und wenn, dass man sollte. Wenn man zu jeder Prüfung die man hat, mit den Gedanken spielt Drogen als Hilfestellung zu nehmen, sollte man sein Studium oder sein Selbstbewusstsein überdenken.

Name: Emre*, 28, Informatik im 8. Semester

1.Wie bist du an das Ritalin herangekommen?

Durch eine indische Pharmafirma, die es nach Südkorea schickt, dort umverpacken lässt als Geschenk deklariert und so unauffällig in die EU gelangt, weil eben Südkoreaner ein wenig seriöser als Inder sind.

2. Warum hast du es genommen bzw. was hast du dir dadurch erhofft?

Ich hab mir einen Turboboost beim Lernen erhofft, der anfangs nicht eintrat, jedoch bei stärkeren Dosen besser wurde. Man lernt sehr konzentriert, vergisst jedoch Essen, Trinken und Pipi machen.

3. In welchem Zeitraum hast du es genommen?

Ca. 1 Monat mit Abstand von 5-6 Monaten. Halt von Prüfungsphase zu Prüfungsphase.

 4. Wie hast du dich gefühlt, als du auf Ritalin gelernt hast, und wie waren dann die Lernerfolge?

5. Ich hab mich wie Stephen Hawking gefühlt, der super konzentriert alles lernen kann. In Verbindung mit einer leichten Prise Koks fühlst du dich halt noch mega geil, dabei und wirst für die Zukunft das Lernen immer mit etwas positivem verankern.

6. Meinst du, du bist abhängig geworden bzw. hast du es auch beim Fortgehen genommen?

Nein, Ich wurde weder abhängig noch habe ich es beim Fortgehen genommen. Dann wäre man ja voll konzentriert und würde auf die Weiber ur creepy starren.

6. Würdest du es weiterempfehlen?

Absolut. Jeder, der genug Lernzeit hat und sich schlecht konzentriert sollte es nehmen. Wenn jemand 3-4 Tage Lernzeit hat und glaubt damit wunder zu bewirken kann scheißen gehen und sich seinen Fetzen abholen.

Basti* , 26, Maschinenbau im 7. Semester

1. Wie bist du an das Ritalin herangekommen?

Über jemanden, der wirklich ADHS hat

2.Warum hast du es genommen bzw. was hast du dir dadurch erhofft?

Ich wollte mich hinsetzen und das Lernen wirklich durchziehen.

3.In welchem Zeitraum hast du es genommen?

Ein Semester lang vor den Prüfungen

4. Wie hast du dich gefühlt, als du auf Ritalin gelernt hast, und wie waren dann die Lernerfolge?

Die Lernerfolge waren ganz okay. Meine Wohnung war ur aufgeräumt. 

5. Meinst du, du bist abhängig geworden bzw. hast du es auch beim Fortgehen genommen?

Nein gar nicht

6. Würdest du es weiterempfehlen?

Zum Aufräumen ja. Zum Lernen nein. Du räumst ein Glas weg und drei Stunden später schrubbst du den Boden und alles glänzt.

Tanja*, 23, Publizistik im 5. Semester

1. Wie bist du an das Zeug herangekommen?

Der Freund eines Freundes hat ADHS und hat uns seine Pillen gegeben.

2. Warum hast du es genommen bzw. was hast du dir dadurch erhofft?

Ich hatte einen schlimmen Fall in der Familie, musste aber für die Matura lernen. Ich hatte sehr wenig Zeit zur Verfügung und wollte eben so viel wie möglich schaffen.

3. In welchem Zeitraum hast du es genommen?

Vier Tage hintereinander, jeweils eine halbe pro Tag

4.  Wie hast du dich gefühlt, als du auf Ritalin  gelernt hast, und wie waren dann die Lernerfolge?

Ich war hochkonzentriert und konnte alles um mich ausschalten. Ich habe auch sonst eine gute Merkfähigkeit aber das war unglaublich. Ich konnte in kürzester Zeit hunderte von Seiten  auswendig lernen

5. Meinst du, du bist abhängig geworden bzw. hast du es auch beim Fortgehen usw genommen?

Nein, ich hab es nur damals genommen und dann nie wieder. Ich hatte auch nicht das Bedürfnis, es nochmal zu tun

6. Würdest du es weiterempfehlen?

Ich bereue es nicht, denn ich habe gute Resultate erzielt aber weiterempfehlen würde ich es nicht. Es gibt gute Techniken, um sich viel in kurzer Zeit zu merken, es braucht nicht zwingend Ritalin.

Mathias*, 26, Medizin im 9 Semester

1. Wie bist du an das Zeug herangekommen?

Über einen Freund mit ADHS Diagnose

2. Warum hast du es genommen bzw. was hast du dir dadurch erhofft? 

Aus Interesse und ich hatte die Vermutung, dass ich irgendwo entlang des Spektrums sein könnte.

3. In welchem Zeitraum hast du es genommen? 

Ich habe es zwei Mal probiert

4.Wie hast du dich gefühlt, als du auf Ritalin gelernt hast, und wie waren dann die Lernerfolge?

Beide Male in einen Zen-ähnlichen Status gekommen in dem sich das Lernen nicht mehr wie Schwimmen gegen den Strom angefühlt hat. Immer noch Pausen gemacht aber zum ersten Mal wirklich die selbst gesetzten Zeitlimits eingehalten. Überraschenderweise ist dabei dann auch wirklich viel weitergegangen.

5. Meinst du, du bist abhängig geworden bzw. hast du es auch beim Fortgehen genommen? 

Hab es eben nur zweimal genommen, dabei dann eigentlich auch schon eine ziemliche Angst bekommen. Ich hatte nicht das Gefühl leistungsfähiger zu sein sondern normaler, meine Gedanken sind meist eine etwas chaotische Angelegenheit und springen gerne, unter Ritalin war alles klarer. Habe für mich beschlossen mich entweder testen oder die Finger davon zu lassen - und mich aus Faulheit für zweiteres entschieden.

6. Würdest du es weiterempfehlen? 

Ich wüürde davon abraten es in einer stressigen Notlage auszuprobieren, meines Erachtens nach ist das ein Rezept für Unglück.

 

Hanna*,22, Soziologie im 3. Semester

1. Wie bist du an das Zeug herangekommen?

Aus Israel

2. Warum hast du es genommen ?

Ich hatte zu wenig Zeit zum Lernen. Ich habe es für bessere Konzentration genommen.

3. In welchem Zeitraum hast du es genommen?

Zwei Tage. Nach ein paar Monaten nochmal.

4. Wie hast du dich gefühlt, als du auf Ritalin gelernt hast, und wie waren dann die Lernerfolge?

Konzentrierter bzw. fokussierter. Die Lernerfolge waren gut, aber auch ohne Ritalin habe ich ähnliche Lernerfolge.  Auf Adderal habe ich es auch mal ausprobiert, das hat allerdings zu stark gewirkt, sodass ich mich bewegen wollte, statt am Schreibtisch zu sitzen.

5. Meinst du, du bist abhängig geworden und hast du es auch beim Fortgehen genommen?

Nein. Zum Fortgehen habe ich es aber auch mal probiert. Dafür gibt es jedoch andere Amphetamine, die stärker wirken und damit besser sind fürs Fortgehen.

6. Würdest du es weiterempfehlen?

Ja, wenn man in kurzer Zeit, viel lernen bzw. schreiben muss. Allerdings nur dann wenn man selbst einschätzen kann, ob man generell ein Suchtpotenzial hat.

Andi*,27, Abgeschlossenes IBWL –Studium

1. Wie bist du an das Zeug herangekommen?

Durch einen Freund

2. Warum hast du es genommen bzw. was hast du dir dadurch erhofft?

Ich habe gehofft, dass ich dann wie Russel Crowe bin wie in dem Film „A Beautiful Mind“, war leider nicht so. Im ernst, ich wollte mir mehr schneller merken einfach.

3. In welchem Zeitraum hast du es genommen?

Jeweils halbiert und über 10-12h verteilt eingenommen. Als ich das Gefühl hatte die Wirkung lässt nach habe ich die zweite Hälfte nachgeschmissen.

4.  Wie hast du dich gefühlt, als du auf Ritalin gelernt hast, und wie waren dann die Lernerfolge?

Ich habe mich wacher gefühlt, leicht schwebend aber auch aufnahmefähiger. Leider ist man dadurch auch leichter ablenkbar.

5. Meinst du, du bist abhängig geworden bzw. hast du es auch beim Fortgehen genommen?

Nein, da ich es auch schon länger nicht mehr eingenommen habe, gehe ich davon aus, dass ich nicht abhängig bin. Bedürfnis es wieder einzunehmen hatte ich auch nicht.

6. Würdest du es weiterempfehlen?

Nein. Kontrolliert lernt man schon schneller. Aber, wenn man keinerlei Erfahrung damit hat hilft es eher weniger beim Lernen. Muss jeder für sich entscheiden. Empfehle eher früher mit dem Lernen anzufangen. 

Es ist irrsinnig Leicht, an das Zeug ranzukommen 

Liebe Kinder, was lernen wir daraus? Drogen sind böse und illegal, aber das wussten wir davor auch schon. Im Ernst: Jeder muss für sich selbst wissen, ob er oder sie so etwas nötig hat. Zu den Fakten: Interessanterweise habe ich von der Jugendberatungsstelle Rat auf Draht erfahren, dass bei Ihnen Ritalin so gut wie kein Thema ist, sprich: Jugendliche bekommen es wenn dann wirklich vom Arzt verschrieben, weil sie ADHS haben. Was ich heraugsgefunden habe: Bei Studenten ist das schon anders. Ritalin ist auf Wiener Unis genau so bekannt wie beliebt. Innerhalb von zehn Minuten hatte ich neun Leute aufgetrieben, die Erfahrungen damit hatten, und bereit waren, darüber zu erzählen. Es ist irrsinnig leicht, an das Zeug ranzukommen. Ob das so gut ist, sei dahingestellt. 

Wer noch nicht genug von Biber-Drogen-Erfahrungsberichten hat, sollte sich den Selbsttest unseres Redakteurs durchlesen, der selber in der Prüfungsphase Ritalin und Ähnliches konsumiert hat. Wie es ihm dabei ergangen ist, könnt ihr hier nachsehen.

Aber nur durchlesen, danach bitte wieder brav zu Kaffee und RedBull greifen und weiterlernen. 

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert. 

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