Lieber Josip Simunic: "Lern' doch Geschichte!"

22. November 2013

 

Die kroatische Nationalmannschaft qualifizierte sich am Dienstag mit einem Sieg über Island für die WM in Brasilien und zeigte sich von ihrer besten fußballerischen Seite. Vor lauter Freude schnappte sich Verteidiger Josip Simunic nach dem Schlusspfiff das Mikrofon und rief “Za dom!”* und das Publikum erwiderte euphorisch “spremni!”* - und offenbarte damit die hässliche, faschistische Seite dieses Fußballabends.
 

Genau genommen hat er es drei Mal wiederholt und dabei stets die Hand weit ausgestreckt. Bisschen vertan hat er sich, denn er streckte die linke hoch und hielt in der rechten das Mikrofon. Was Simunic da gemacht hat, würde in Österreich unter das Wiederbetätigungsgesetz fallen, denn das war der offizielle Gruß des faschistischen Ustascha-Regimes im Zweiten Weltkrieg. Man stelle sich vor, ein österreichischer oder deutscher Fußballspieler rennt aufs Feld und ruft mit hochgestrecktem Arm “Sieg Heil!” Medien weltweit und auch kroatische Medien zeigten sich empört über den Skandal und sprachen von einer Schande, die die Freude über den Sieg ruiniert hätte. Auch Präsident Josipovic und die Regierung waren not amused. Doch zeigte sich Simunic reumütig? Neeeein, warum auch? Er hat das doch nur aus “Liebe zu seinen Landsleuten und zu seinem Heimatland” gemacht. Er fügte noch hinzu: “Das wollte ich immer schon mal machen. Jene, die sich aufregen, sollten ein bisschen Geschichte lernen. Sollen sie mich doch bestrafen.”

Der kroatische Sport- und Bildungsminister Zeljko Jovanovic antwortete ihm über Facebook, Simunic selbst hätte eine Geschichtsstunde notwendig und er, der Minister höchstpersönlich würde sich darum kümmern, ihm einen guten Professor zu besorgen.

 

In Krieg und Sport ist alles erlaubt?

Wenn wir uns Simunic’ Rat zu Herzen nehmen und uns die Geschichte genauer ansehen, haben wir Hunderttausende Opfer des Ustascha-Regimes von 1941-1945. Unter den Opfern stark überwiegend Serben, aber auch Roma, Juden, bosnische Muslime und kroatische Gegner der Ustascha, die allesamt systematisch und auf brutalste Weise abgeschlachtet wurden. Und egal wie groß die Euphorie beim Fußballsieg war - Genozid unterstützen geht gar nicht. Und die Versuche das zu rechtfertigen wie “Das ist ein alter kroatischer Gruß” und Ähnliches haben einfach keinen Halt, denn gerade diese Form mit Frage “Za dom?” und Antwort “Spremni!” ist charakteristisch für das Ustascha-Regime und das wissen diejenigen, die es zu vertuschen versuchen.

Ich weiß schon, die meisten denken sich nicht viel dabei, wenn sie solche Parolen mitgrölen und es ist irgendwie normal - das machen ja alle. Gerade deshalb sollte man sich aber an den Kopf greifen. Ist es denn wirklich harmlos Faschismus regelrecht als Kulturgut aufrechtzuerhalten und einem menschenverachtenden Regime Zustimmung zuzujubeln? Man sollte sich zumindest bewusst sein, was man da herumschreit.

 

Erste Konsequenzen

Simunic muss als Strafe umgerechnet 3270 Euro blechen. Ein klares Statement und eigentlich noch immer zu wenig. Wie das FIFA-Komitee entscheiden wird und ob Simunic zur WM mitdarf, ist noch unklar.

Ich bin mir ganz sicher, dass nicht alle Kroaten Simunic’ Aktion unterstützen und sich sogar für ihn schämen. Aber ich würde mir wünschen, dass diese Stimmen einmal lauter sind als die der 30.000 Fans im Dinamo-Stadion. Und als runden Abschluss möchte ich’s nochmal mit Simunic’ Worten sagen: Ich habe nichts falsch gemacht. Und jene, die sich aufregen, sollten bisschen Geschichte lernen.

 

*z.D.: “Für die Heimat - Bereit!

 

Credit Foto:JOSE COELHO / EPA / picturedesk.com

 

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