Dürfen wir dich in Toronto besuchen, Jakob?

17. Mai 2018

Im Hinterzimmer des Cafe Museum gegenüber der Karlskirche in Wien ist heute Morgen kein einziger Platz mehr frei. Die Sportjournalisten des Landes haben sich versammelt und warten auf ihn. Jakob Pöltl, Österreichs erster und bis jetzt einziger Basketballspieler in der amerikanischen NBA, kommt zurück nach Hause. Der 22jährige Wiener hätte gerne seine Heimkehr für ein paar Wochen vertagt. Leider kam ihm einer der besten Basketballspieler aller Zeiten, LeBron James, in die Quere und schickte die Raptors mit 4:0 Siegen in den Urlaub zum Fischen. Die Angel-Metapher ist übrigens eine beliebte Phrase in den USA, die oft etwas spöttisch als Synonym für das frühzeitige Ausscheiden aus den Playoffs, verwendet wird. Eine Metapher, die Pöltl nicht mehr hören kann, wie während des Pressegesprächs deutlich wurde.

 

Pöltl, Karlskirche, groß, riesig, NBA
Murtaza Elham

Im April 2016 meldet sich der 2,13 Riese zum NBA-Draft an. Dort werden die besten Collegespieler nach einer bestimmten Reihenfolge von den 30 Clubs ausgewählt. Pöltls hat sich mit seinen Leistungen für die Utah Utes auf die Notizblöcke einiger NBA-Manager gespielt. Er wird an neunter Stelle gezogen und damit der erste österreichische NBA-Profi aller Zeiten! Seine Stärken: Rebounds, Low-Post-Play, Defense. Sein Team: Die Toronto Raptors, das einzige kanadische Team, das im Konzert der Basketballgiganten aus den USA mitmischen darf. Toronto scheint nicht nur sportlich, sondern auch charakterlich die richtige Stadt für Pöltl zu sein. Der Hüne mit sanfter Stimme, stellt sich geduldig den Fragen der Journalisten. Sein Auftreten in der Öffentlichkeit ist zaghaft, schüchtern, weit weg von den abgehobenen Sphären, in denen NBA-Stars wie James, Durant, Harden u. Co schweben. Keine Abendessen mit Rihana, keine Auftritte in Late-Night-Shows und auch keine geschmacklosen Tattoos, von denen es auf den durchtrainierten Körpern in der stärksten Basketballliga nur so wimmelt. Das ist alles nicht Jakob Pöltls Welt. Und es wirkt so als wolle er gar nicht dorthin.

Angesprochen darauf, welche Tipps er für Stefan Weissenböck (Österreichischer Trainer, der kürzlich von den Brooklyn Nets als Individualtrainer verpflichtet wurde) habe, entgegnet Pöltl bescheiden: „Warum sollte ich Tipps für ihn haben, wahrscheinlich hat er welche für mich.“ Typisch Pöltl. Verdient Millionen, klatscht mit Rap-Superstar Drake während der Spiele ab, will aber nichts von Lobhudeleien wissen. Er möchte „besser werden, denn im Moment stehe ich erst bei knapp 50% meines Leistungsvermögens“, so Pöltl, der in Wien bei den DC Timberwolves in Kagran spielte und dort noch immer viele Freunde hat. Vor allem auf die Küche von Mama und Papa freue er sich, einen Besuch beim Heurigen und den Strandurlaub mit Kumpels. Natürlich hat Pöltl während des Pressegesprächs einige Male die klassischen Sportjournalistenfragen beantworten müssen. „Woran wird er in der Sommerpause am meisten arbeiten?“, „Warum hat es wieder gegen die Cavaliers und LeBron nicht gereicht?“, oder auch ein Schmankerl aus dem Repertoire eines jeden Sportreporters: „Wie enttäuscht sind sie nach dem Playoff-Aus?“ Die Antworten darauf bitte bei den Kollegen von Kurier, Sky und Co nachzulesen. biber war in anderer Mission unterwegs. Wir wollen Jakob unbedingt in seinem Toronto besuchen! Nicht nur die einzige Stadt mit einer NBA-Mannschaft, aber auch ein Melting-Pot der Kulturen, das passt ja ganz gut zu unserer Blattlinie. Vielleicht schon nächste Season? Dann, wenn der bescheidene Wiener Junge einen der größten Basketballspieler aller Zeit, LeBron James, zum Fischen geschickt hat.

Foto: Murtaza Elham

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