Heute ist der tödlichste Tag für japanische Schüler

01. September 2015

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Japanese Youth Suicides
Screenshot: Twitter Saeed Ahmed

Am 1. September begehen mehr japanische Jugendliche Selbstmord als an irgendeinem anderen Tag des Jahres. Grund dafür ist der Schulbeginn nach der Sommerpause.

Für viele Jugendliche der drittstärksten Volkswirtschaft der Welt ist der 1. September der offizielle Anfang von Leistungsdruck, Konkurrenz und Mobbing. Viele Schüler und Schülerinnen, die sich den alltäglichen Herausforderungen der stark leistungsorientierten Schulen nicht gewachsen fühlen, nehmen sich das Leben.

Leistungsdruck

Japanische Kinder müssen sich sehr früh schon beweisen können. Angefangen von Aufnahmeprüfungen für angesagte Kindergärten setzt sich der Leistungsdruck fort mit Aufnahmeprüfungen für Grund,- Mittel-, und Oberschulen. Am Ende steht dann die große Auswahlprüfung für prestigereiche Universitäten. Der Wettbewerbsgedanke ist dabei stets im Vordergrund. Die SchülerInnen bekommen das Gefühl vermittelt, dass sie jeden Tag besser werden müssen und vor allem auch besser als die anderen. Das führt viele SchülerInnen dazu, auch nach der Schule ihre „Freizeit“ in privaten Schuleinrichtungen zu verbringen, die sie effektiv auf Prüfungen vorbereiten sollen.

„Gewinner“ vs. „Versager“

Immer mehr Jugendliche können dem großen Leistungsdruck aber nicht mehr nachkommen. Circa ein Drittel  der SchülerInnen bleibt leistungsmäßig auf der Strecke. Da das Schulsystem das Schulversagen aber weitgehend nicht akzeptiert, werden alle SchülerInnen vom allgemeinen Schulwesen „mitgezerrt“. Für jene, die nicht mehr mitkommen ist der Schulalltag dann ein Alptraum. Denn die Gesellschaft unterscheidet ganz klar zwischen „Gewinner“ und „Versager“. Sie gehören zweifellos zu jenen, die verloren haben. Zu jenen, die mit den „Gewinnern“ nicht mithalten konnten. Die eindeutige Verliererrolle bringt dann meistens Mobbing und Hilfslosigkeit mit sich.

Selbstmord als „Lösung“

Die Hilflosigkeit vieler Jugendlichen zu Beginn der Schule verzeichnet allerdings eine tragödische Statistik. So war letztes Jahr der Selbstmord die häufigste Todesursache von 10 bis 19-Jährigen in Japan. Eine aktuelle Studie der japanischen Regierung stellt fest: von den ca. 18.000 Kindern, die zwischen 1972 und 2013 Selbstmord begingen, nahmen sich durchschnittlich 317 in den Tagen rund um den Schulbeginn am 1. September das Leben.

Es ist sehr traurig zu sehen, dass Kinder in unserer leistungsorientierten Gesellschaft zunehmend nicht mehr Kinder sein dürfen. Ein besonders großes Ausmaß scheint diese Problematik in Japan erreicht zu haben. Aber auch in vielen anderen Ländern wird von Kindern immer mehr erwartet. Diese traurigen Zahlen sollten daher jede und jeden von uns zum Nachdenken anregen.

 

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Aber Hauptsache sie führen die PISA-Rankings an...

 

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