Warum ich nach fast zehn Jahren wieder auf „Teenager werden Mütter“ reinkippen werde.

05. Januar 2018

Liebe Generation von Menschen, die vor rund einer Dekade noch zur Schule gingen, und Donnerstagabend vor dem Fernseher verbracht haben, um nicht für den Mathetest am Freitag zu lernen: Habt ihr zufällig noch eine vage Erinnerung an einen gewissen Gabriel, der einen Kinderwagen gefladert hat und seiner Freundin Rada kein Guthaben gekauft hat, weil er die 30 € für Entertainment einer anderen Art ausgegeben hat?  Da klingelt doch was, oder? Richtig – diese Kultszenen sind aus „Teenager werden Mütter“, der österreichischen Reality-Soap auf ATV, die minderjährige werdende Mütter und Väter mit der Kamera begleitet.

Screenshot: ATV
Screenshot: ATV

Heiratsanträge und eine Menge Vaterschaftstests

Tut jetzt nicht so, als wüsstet ihr nicht, wovon die Rede ist. Trash TV ist einfach ein Renner: Sei es Frauentausch, Richter Alexander Hold, Germanys Next Topmodel oder „Saturday Night Fever“– es gibt diese bestimmte Art von Sendungen, die „eh keiner schaut“, aber in Wirklichkeit schauen wir sie doch alle heimlich. Oder – wie ich - auch nicht heimlich. Ich muss aber gestehen, dass ich die letzten Staffeln von „Teenager werden Mütter“ nicht wirklich nachverfolgt habe. Das letzte mal, als ich treue Zuseherin dieser Serie war, hat man noch Facebookstatusmeldungen von sich in dritter Person verfasst und Farmville-Einladungen weggeklickt. Doch jetzt ist die Reality-Soap mit ihrer nun zwölften (!) Staffel zurück: Samt Top-Social-Media-Auftritt, einer eigenen Mediathek, einem Presseteam, User-Votings - und vor allem der Content enttäuscht nicht: Heiratsanträge,Trennungen, Liebesschwüre und eine Menge Vaterschaftstests sind wie in jeder Staffel mit dabei. 

Ein bisschen wie MTVs „Teen Mom“ – nur mit Wiener Dialekt

 Gestern wurde die erste Folge der 12. Staffel „Teenager werden Mütter“ ausgestrahlt, und ich kann euch jetzt schon sagen: Euer voyeuristisches „lass uns Assis anschauen“-Herz wird auch diesmal nicht enttäuscht: Streng genommen geht es in der Serie eben um junge Pärchen, die ein Baby erwarten, sich dabei lieben, hassen, zoffen, versöhnen und wieder zoffen  - ein bisschen so wie „Teen Mom“ auf MTV – nur eben mit Wiener Dialekt. Star der Serie ist mittlerweile unumstritten Marcel, der mit seinen 18 Jahren bereits zum vierten Mal Vater wird – die drei Töchter haben nicht alle dieselbe Mutter. Marcel hat auf jeden Fall genug Frauen um sich, aber, wie er selbst sagt, hätte er gerne einen Sohn: „Ich hab die ur männlichen Hormone, aber kein einziges männliches Kind in mir“ - so Marcel. Okay.

Screenshot: ATV
Screenshot: ATV

 

Marcel wird zum vierten mal Vater

Mit Aussagen wie „Du bist so unnedig wie das Gurkl im Cheeseburger“ ,oder  „Mir passen einfach keine Kondome, sind alle zu klein“  katapultiert Marcel sich auf Platz 1 der Top-Sager in der Show. Was man auf jeden Fall auch erwähnen muss, ist die Wahl des Soundtracks der Serie. Marcel gibt zu, dass er zum vierten mal unbeabsichtigt Vater wird. Im Hintergrund spielt Britney Spears „Oops, I did it again“. Weltklasse. Das ist fast schon selbstverarschend und deshalb darf ich jetzt auch folgendes von mir geben, liebes ATV: Es gibt einfach Merkmale, die in jeder Staffel wieder vorkommen: Dativisten, sprich Statements wie „Ich hab ihm betrogen“, „Ich hab wem Neuen“ , „Ich habs ihn gesagt“ – rauchende Schwangere, knallpinke Haare und Piercings. So leid es mir tut, das sind einfach alles zusammen Merkmale, die die TeilnehmerInnen als „assig“ abstempeln – und genau deshalb sehen wir uns das ja an.

Screenshot: ATV
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Trotz allem – Respekt an die jungen Eltern

Fairerweise muss man aber auch dazu sagen, dass ich die Serie nun aus einem anderen Blickwinkel sehe, als ich sie 2009 bei dem Start der ersten Staffel wahrgenommen habe. Damals war ich 17 und habe mich gefragt, wie viel schieflaufen muss, damit man dort landet. Das frage ich mich heute zwar auch, aber jetzt kommt doch irgendwie Mitleid auf: Die jüngste Mama in der Serie war gerade einmal 13 Jahre alt, als sie ihr Kind zur Welt gebracht hat. Autsch. Sie hat eine on/off-Beziehung mit dem Kindsvater – zwei Wochen zusammen, zwei Wochen getrennt – mit 13 sind solche „Beziehungen“ ja nicht unüblich, aber eben minus dem Kind. Trotzdem: Die TeilnehmerInnen sind fast alles Kinder aus sozial schwächeren Schichten. Viele von ihnen haben eine krasse Lebensgeschichte hinter sich. Sie alle mussten schlagartig erwachsen werden, in einem Alter, in dem ich meine Donnerstagabende vor dem TV verbracht habe um den Kopf darüber zu schütteln. Die meisten der TeilnehmerInnen der Show bemühen sich wirklich, gute Eltern zu sein  - das gelingt ihnen mal mehr, mal weniger – und Österreich sieht zu. Aber wieso macht man bei so etwas überhaupt mit, und lässt so private Momente mit der Kamera begleiten? Auf Anfrage bei ATV habe ich erfahren, dass die TeilnehmerInnen außer einer Bezahlung noch als Service-Leistung von ATV ihre Schwangerschaft von einem renommierten Arzt und die Entbindung in einer Privatklink bereitgestellt bekommen. Das ist sicherlich ein großer Anreiz für viele Jungeltern, die sich sonst so eine Betreuung für ihr Kind nicht leisten könnten. Und diese gute Betreuung aber wollen.

Screenshot: ATV
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Jedenfalls : „Assi“-TV und 13-jährige Mamas hin oder her, – Ich bin jetzt schon gespannt, wie es in der nächsten Folge weitergeht, und fiebere schon mit den neuen Protagonisten mit. Wer wird diesmal einen Kinderwagen stehlen, wer wird wen betrügen und wird Marcel vielleicht noch ein fünftes mal Vater? An alle, die kein Trash-TV mehr schauen wollten: Setzt euch zu mir in die erste Reihe, ich bringe das Popcorn. Ich schwör' auf Radas Guthaben - nicht so wie Gabriel.

Screenshot: ATV
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