10.000 Stunden und 5000 Zigaretten: Die Milliardenstadt

29. Oktober 2014

19 Milliarden Euro kostet uns Steuerzahler das Hypo-Alpe-Adria-Desaster. Kann man sich sowas eigentlich vorstellen? Dank der 3D-Modellstadt “Hypotopia” am Karlsplatz schon.

 

Seit Mai 2014 arbeiteten rund 100 TU-Studierende an der Realisierung der Milliardenstadt. “Hypotopia” ist der Name dieser fiktiven Modellstadt, die im Maßstab 1:100 aus Beton- und Holzblöcken nun vor der Karlskirche steht. Wohnhäuser, Hochhäuser, Klär- und Müllverbrennungsanlagen, eben eine ganze Stadt hätte man mit dem Geld, das uns die Hypo kostet, bauen können - unfassbare 19.000.000.000 Euro.

Das Mastermind hinter dieser genialen Idee ist der 26-jährige Lukas Zeilbauer, der dieses Projekt als seine Diplomarbeit in Bauingenieurwesen initiiert hat. Mit 20 Leuten im Kernteam und 70 freiwilligen Helfern konnte er sein Vorhaben realisieren. biber sprach mit zwei beteiligten Raumplanerinnen Susanna Dinkic, 22 und Nina Simmel, 24 über Motivation, Regierung und Rückenschmerzen.

 

Was hat euch eigentlich motiviert anzufangen?

Die Idee, etwas Unvorstellbares mit greifbaren Materialien zu veranschaulichen.
 

Und was durchzuhalten?

Wir wollten den Steuerzahlern vor Augen führen wie 19 Milliarden anders hätten verwendet werden können. “Hypotopia” wäre die sechstgrößte Stadt Österreichs, mit 102.000 Einwohnern und nachhaltigen, zukunftsorientierten Bauanlagen. Abgesehen von unserer Botschaft war es einfach irrsinnig witzig mit der Gruppe rumzuhängen oder zu grillen.
 

Was ist das Ziel eures Werks?

Wir hoffen, dass die Bürger endlich aus ihrem Schlafmodus erwachen und anfangen nachzudenken. Der Hypo-Skandal war eine zeitlang ständig in den Medien und dann wieder fort - wir wollen, dass das Geschehnis präsent bleibt und das Bewusstsein der Menschen gestärkt wird, um so etwas in Zukunft zu vermeiden.
 

Ist “Hypotopia” also ein Protestsymbol?

Auf jeden Fall. Und zwar ein ganz besonderes! Wir kennen keinen Protest, der mit einem 3D-Modell demonstiert wurde
 

Erwartet ihr eine Reaktion seitens der Regierung?

Wir glauben nicht wirklich an eine Rückmeldung. Wir sind aber auch nicht hier, um auf eine Antwort zu warten, sondern für die Menschen.
 

Wie viel habt ihr denn dafür ausgegeben?

Wir haben keinen Cent verschwendet! Wir bekamen von den Getränken bis zu den Baublöcken und dem Vlies alles gesponsert.
 

Es hat 10.200 Arbeitsstunden, 4750 Zigaretten und 270 Liter Kaffee gekostet, dieses Projekt auf die Beine zu stellen. Habt ihr zwischendurch ans Aufgeben gedacht?

Kurz ja, beim Putzen der Schallungen (Teil wo der Beton gegossen wird). Wir mussten den Beton rauskratzen, dass war irrsinnig anstrengend. Aber sonst sind wir einfach zu einer Familie zusammengewachsen, eigentlich wollten wir kaum noch heim.


Was sind eure “Hypomomente”?

Das coolste ist, dass angehende Raumplaner, Architekten und Bauingenieure zusammengearbeitet haben, so wie es dann im echten Leben auch ist, nicht wie an der Uni. Der tollste Moment ist aber, wenn du nach monatelangen Rückenschmerzen und von Beton verdreckten Händen mit Herzklopfen auf die von dir gebaute Stadt blickst. Das ist überwältigend.

 

Die Modellstadt “Hypotopia” ist noch bis 30. Oktober vor der Karlskirche im Resselpark frei zu besichtigen. 

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