Der türkische Botschafter im Gespräch: "Strache ist ein gutaussehender Mann"

15. Juli 2010

Vor nicht allzulanger Zeit trafen sich der türkische Botschafter Kadri Ecvet Tezcan und H.C. Strache auf ein Plauscherl. Am Ende war der FPÖ-Chef um eine islamische Gebetskette reicher. Wie interessant die Rechten für türkisch/kurdische WählerInnen sind, fragte biber in den Gemächern der Prinz Eugen Straße bei Kaffee und Kuchen nach.
 
von Linda Say





biber:Herr Tezcan, im Oktober stehen die Geimeinderatswahlen an, die Parteien betreiben fleißig Wahlwerbung. So auch in den türkischen Communities, wie z.B in Moscheen und Vereinen. Die Wahlversprechen werden nicht immer gehalten. Ihre Meinung dazu?
 
K.E.T.: Dass die Wahlversprechen nicht immer gehalten werden stört mich nicht in Anbetracht der Tatsache, dass bis vor 15 Jahren die migrantischen Communities nicht einmal beachtet wurden. Jetzt ist man sich wenigstens bewusst, dass es auch da potentielle Wähler gibt.

biber: In Österreich wurde bei der vergangenen Wahl ein Rechtsruck registriert. Denken Sie, dass da auch Stimmen aus der migrantischen Community dazu verholfen haben?
 
KET: Ich denke nicht, dass wirklich ein Rechtsruck besteht. Es ist eher so, dass die rechte Wählerschaft die gleiche ist, auf der anderen Seite aber einfach keine Wahlbeteiligung besteht. Grund dafür ist einerseits, dass die Kandidaten keine interessanten neuen Aspekte liefern, um wählbar zu sein.Außerdem ist Österreich als EU-Mitglied sowieso stark abhängig von dieser, sodass eine Stimme für eine bestimmte Partei nicht viel Gewicht hat. Andererseits fehlt es an charismatischen Politikern von einst, wie Mitterand oder Süleyman Demirel. Das sage ich ohne ihre Politik zu beurteilen. Es geht mir rein ums Charisma.
 
biber: Und dennoch: Würden Sie als Beobachter behaupten, dass auch MigrantInnen rechts wählen?
 
KET: Im Profil ist neulich eine Statistik erschienen (hält diese auch parat), die den prozentuellen Anteil der migrantischen Wählerstimmen aufzeigt. Während die serbischen Stimmen zu 27% an die FPÖ gingen, wählten diese bloß 1% der österreichischen Türken.


 


biber: Auch wenn es laut profil nur 1% der türkischen Wahlstimmen betrifft. Woran glauben Sie,liegt das?
 
KET: Ich nehme an, dass es sich bei diesen Wählern um arbeitslose junge Menschen handelt, denen einfach die Perspektive fehlt.
 
biber:Herr Strache hat Ihnen ja bereits einen Besuch gestattet. Sind Sie der Meinung, dass damit seinerseits eine Annäherung an die Türken beabsichtigt war?
 

KET: Mit dem Herr Strache haben wir uns bloß in einem Punkt geeinigt, nämlich dass wir uns gar nicht einig sind. Ich habe ihm gesagt, dass er anders agieren muss, wenn er Weltpolitik
statt Lokalpolitik machen will.
 
biber: Sie haben ihm ja eine muslimische Gebetskette geschenkt. Es gab Beschwerden seitens der Türken, dass Sie als Vertreter eines laizistischen Landes ein religiöses Symbol verschenken.
 

KET: Das wollte ich natürlich nicht. Man hat mich falsch verstanden, denn hierbei ging es nicht um Laizismus oder Anti-Laizismus. Seine Partei setzt Muslime mit Terroristen gleich und ich wollte ihm damit symbolisieren, dass die Gebetskette eine Gemeinsamkeit mit den Christen darstellt, denn auch die gebrauchen diese zum Gebet. Somit ist es mehr ein verbindendes Symbol des Miteinanders und somit ein Symbol des Friedens.
 
biber: Sind Sie HC Strache auch anderswo begegnet? z.B. in einem türkischen Verein, Wahlwerbung betreibend?

KET: Nein, das war unsere einzige Begegnung, der aber weitere folgen sollten.
Ich würde es allerdings sehr begrüßen, würde er zur türkischen Community sprechen wollen.
 
biber: Besteht dann nicht die Gefahr, der FPÖ nach einer solchen Begegnung tatsächlich Wahlstimmen einzuheimsen?
 
KET: Wieso, sind unsere Leute denn so dumm? Sie wissen wofür er steht und würden ihn mit Fragen überhäufen, ihn zur Rechenschaft ziehen. "Wenn du schon unsere Stimmen willst, wieso sagts du dann dies und jenes?".
Ich würde deshalb so eine Begegnung sehr begrüßen, mich sogar darum kümmern, dass so viele Leute wie möglich zusammenkommen, wenn er möchte.

biber: Sie sprachen vorher von Charisma bei Politikern. Viele halten HC Strache für einen feschen Mann...

KET: Ja, Herr Strache ist in der Tat ein gutaussehender Mann. Das klingt eigenartig, das als Mann zu sagen, aber aus der Sicht einer Frau ist er bestimmt nett anzusehen.(lacht)
 
biber: Insider behaupten, die FPÖ agiert opportunistisch und spielt Türken gegen Kurden mit der Absicht auf Stimmen auf. Was sagen Sie dazu?
 
KET: Um zu glauben, dass ihnen die einen Ausländer lieber sind als die Anderen, dürfte man keinen Weitblick haben. Mit welchen Argumenten könnte man so etwas rechtfertigen?
 
biber: Naja, eventuell mit dem Versprechen, die kurdische Sprache aufleben zu lassen.
 
KET: Das ist unrealistisch. Wir haben oft um Lehrer aus der Türkei angesucht, damit diese hier als Muttersprachler Lehrpersonal zu Türkischlehrern ausbilden und das wurde immer abgewiesen. Ministerin Schmidt sagt, darum muss sich die Uni kümmern, die Uni sagt, dafür stellt uns die Regierung kein Budget zur Verfügung. Also bitte, auf solche Versprechen hereinzufallen, zeugt nicht gerade von Intelligenz.

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Kommentare

 

als ich ein foto von tezcan und strache händeschüttelnd in einer türkischen zeitung vor einiger zeit sah, habe ich mir ein falsches bild von dem herren gemacht.
danke für dieses interview. hat meine meinung über ihn geändert.

 

der türkische botschafter braucht sich aber auch nicht zu verstecken.

 

...als charismatisches vorbild- da musste ich schon schlucken...

 

oder eher so einer, der sich vielleicht doch besser versteckt, weil er nicht so wahnsinnig charismatisch und feinsinnig ist wie andere über die man das sagt?

auf wikipedia war leider nix zu erfahren. das photo sagt da ja auch nicht viel.

 

...in einem satz zusammenzufassen ist schwierig. kurz: ein politiker, der 40 Jahre(!)lang hohe Positionen vertrat, u.a auch als Ministerpräsident. Aussagen wie "Ihr könnt mir nicht erzählen, dass Rechte kriminell aktiv sind" (und das zu einer Zeit, in der rechte und linke sich täglich blutige kämpfe lieferten) ist nur eine von wenigen dümmlichen Aussagen.

Außerdem fiel in seine Zeit die Todesstrafe auf 3 unbewaffnete linke Studenten, die nichts weiter taten, als Türkeis Unabhängigkeit von Amerika zu fordern. Mittlerweile steht er dazu, dass es ein Fehler war. Tot sind sie trotzdem.

Die Liste ist lang, hoffe dir hats geholfen.

 

danke, ja damit habe ich eine ahnung bekommen

 

"Außerdem ist Österreich als EU-Mitglied sowieso stark abhängig von dieser, sodass eine Stimme für eine bestimmte Partei nicht viel Gewicht hat." - aha, so sieht der herr botschafter also die österreichische demokratie. eh nicht von wert, weil die eu da die hand darauf hat.
und die eu, wie sieht er die? die große starke eu, die alle erstickt und in den sand der bedeutungslosigkeit versenkt, sodass nicht einmal mehr wahlen was bedeuten oder gewählte parteien. na bussi!

und charisma braucht es, charisma - bitte was soll das sein, außer zugesprochenen eigenschaften von ein paar menschen, die selbst nicht zum strahlen kommen.

ich als lampenschirm muss das wissen.

"Wir haben oft um Lehrer aus der Türkei angesucht, damit diese hier als Muttersprachler Lehrpersonal zu Türkischlehrern ausbilden und das wurde immer abgewiesen. Ministerin Schmidt sagt, darum muss sich die Uni kümmern, die Uni sagt, dafür stellt uns die Regierung kein Budget zur Verfügung." Tja, es gibt genügend muttersprachlich türkisch sprechende österreicherinnen und österreicher, die das fach türkisch sogar universitätsreif unterrichten können. - höre ich da beleidigte töne? die ministerin wimmelt mich ab und verlangt, dass wir uns nach dem richten, was die uni auch sonst so für sich entscheidet. - schmoll.

 

toller artikel!

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