Integrationsstadträtin Frauenberger im Gespräch

30. März 2012

Die Wiener Charta soll das Miteinander von allen Bürgern Wiens regeln und fair gestalten. Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger über Lärm, Migranten und Nörgler.

 

 

biber: Frau Stadträtin, können Sie unseren Lesern in zwei Sätzen erklären, worum es in der Charta des Zusammenlebens geht?

Sandra Frauenberger: Die Charta ist in einer Zeit, wo wir eine starke Entsolidarisierung der Gesellschaft erleben - hervorgerufen nicht zuletzt durch die Wirtschaftskrise - ein Projekt der Solidarität. Sie soll alle Bürger von Wien einbinden, wir wollen ein Dialognetz für ein gutes und solidarisches Zusammenleben schaffen. Denn die Kommunikation miteinander ist dafür die wichtigste Grundlage! Die erste Phase ist auf der Online-Ebene und telefonisch, dort können alle bis 1. April ihre Anregungen zum Thema Zusammenleben posten. Die zweite Phase ist die Phase der Diskussion in Gesprächsgruppen. Die Resultate, die sich daraus ergeben, werden dann zur Charta zusammengefasst.

biber-Redakteure haben sich dort auch angemeldet und das System als kompliziert geoutet. Was sagen Sie dazu?

Das hör ich heute schon zum zweiten Mal, mein Sohn meinte Dasselbe. Das müssen wir uns morgen unbedingt anschauen, es soll ja niemand am Anmeldesystem scheitern.

Wer mit Technik wenig am Hut hat, wär für den die zweite Phase interessant?

Ja, mit Sicherheit. In der zweiten Phase werden Gesprächsgruppen mit Vereinen und anderen Partnern gebildet. Diese werden öffentlich und geschlossen sein. Beispiele für geschlossene Gruppen werden etwa große Unternehmen, dort werden eher nur die Mitarbeiter teilnehmen. Aber in öffentlichen Gruppen ist jeder willkommen. Öffentliche Gruppen werden etwa von diversen Vereinen als Partner organisiert. Das Ziel ist aber, das nicht nur die Vereinsmitglieder im Grätzl irgendwo diskutieren, sondern auch andere Bürger, die einfach mitreden wollen.

Wie weiß man, wo und wann sich eine Gruppe trifft?

Es wird auf der Website eine Karte von Wien zu finden sein, wo alle Gruppen, mit Thema und Treffpunkt eingetragen werden. Weil von uns aufgestellteMorderatorInnen die Gespräche begleiten, wird auch immer eine Kurzfassung der besprochenen Themen online einzusehen sein.

Wenn diese Phasen abgeschlossen sind, wird es dann so etwas wie eine goldene Tafel mit 10 Geboten geben?

Nein, eine Tafel mit eingemeißelten Geboten gibt es nicht. Der Text der Wiener Charta wird wienweit veröffentlicht werden. Der Charta soll aber nachhaltig sein, dass heißt sie wird und muss lebendig bleiben. Es geht darum, in einem bestimmten Zeitabständen auch drauf zu schauen, ob z.B. etwas fehlt. Die Ergebnisse werden jedenfalls auch wichtige Inputs für die Politik liefern.

Was sind denn die bisher am häufigsten angesprochenen Themen?

Der Lärm, nicht nur der Lärm auf den Straßen, sondern auch der Lärm von Kindern; dann die Bitte nach mehr Raum für Menschen, vor allem die Jugendliche fordern das. Das dritte Thema: die Deutsche Sprache. In den Postings geht es darum, dass Migranten die Deutsche Sprache beherrschen sollen.

Glauben Sie, wurde das Charta-Projekt auch ausreichend an die vielen Migranten in Wien kommuniziert?

Sehr viele Partner für die Gesprächsgruppen sind aus der Community der MigrantInnen, dort werden viele am Dialog teilnehmen. Wir gehen auch in die Bezirke, in die Grätzln, um den Leuten das Projekt näher zu bringen.

Die Beteiligung von Migranten hält sich online in Grenzen, es gibt sehr viele Postings von immer  denselben Usern. Sind das die Berufsnörgler?

Nörgler gibt es immer. Viele haben darauf gewartet, eine Plattform zu bekommen, wo sie ihrem angestauten Frust Luft machen können. Aber gerade am Anfang waren sehr viele Postings konstruktiv und sprachen auch die verschiedensten Probleme an. Wie viele Migranten etwas posten, kann ich nicht direkt sagen. Es gibt auch sehr viele Synonyme unter denen gepostet wird.

Welche Bilanz ziehen Sie nach den ersten 2 Wochen?

Wir sind alles in allem überwältigt, was die Postings und gerade auch die Breite der eingebrachten Themen angeht. Außerdem befinden wir uns erst in Phase eins. Wir erhoffen uns noch mehr Ergebnisse in Phase zwei. Am Wichtigsten ist es, dass alle mitmachen und so die Vielfalt an Inputs vergrößert wird.

 

Text: Amra Dučić, Amar Rajković

Foto: Philip Tomsich

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