Israel/Gaza: „Ich dachte, das sind Hagelkörner”

10. Oktober 2023

„Sie haben überall hin gefeuert: In die Fenster, Türen, auf Menschen.” Daria lebt im israelischen Sufa an der Grenze zu Gaza und berichtet über die letzten Stunden vor Ort.  

von Aleksandra Tulej

„Als wir Samstagfrüh von den Sirenen geweckt wurden, hat sich keiner ausgekannt, warum sie einfach nicht aufhören, zu heulen. Wir sind das gewont, wir sind den Raketen-Alarm gewohnt, aber es dauerte nie so lange an, wie an diesem Morgen. ” Die 24-jährige Daria lebt in Sufa, einem kleinen Kibbuz an etwa 2,7 von der Grenze zu Gaza entfernt – Die Kibbuze an der Grenze zum Gazastreifen wurden als erste von der Hamas angegriffen. Nach dem Raketenalarm Samstagfrüh versteckte sie sich mit ihrer Familie in einem Schutzraum ihres Hauses, als bewaffnete Kämpfer der Hamas ihr Kibbuz stürmten. "Ich meinte zuerst, Hagelkörner draußen zu hören – dann habe ich erst realisiert, dass das kein Hagel ist, sondern Schüsse. Es wurde immer lauter und lauter. Sie haben überall hin gefeuert: In die Fenster, Türen, auf Menschen.”

„Wir sind damit aufgewachsen, aber dieses Ausmaß gab es noch nicht”

. Am Samstag hat die palästinensische Hamas mit einem Großangriff Israel attackiert, Mitglieder der Hamas haben den Grenzzaun zu Gaza durchbrochen. Israel hat den Kriegszustand erklärt, 300.000 Reservisten mobilisiert und eine komplette Abriegelung des Gazastreifens angeordnet. Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben den Grenzzaun zum Gazastreifen Dienstagfrüh wieder unter seine Kontrolle gebracht. „Wir sind hier einerseits damit aufgewachsen, unsere Kindheit war geprägt von dem Raketenalarm, von den Bomben, es gab immer wieder Drohungen von Terroristen der Hamas. Abgesehen von diesen Momenten war es hier aber die meiste Zeit über friedlich. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas in diesem Ausmaß passieren würde.”, so Daria. Nach 35 Stunden haben israelische Soldaten die Bewohner:innen aus dem Kibbutz evakuiert: Daria und ihre Familie sind auf Umwegen mit einem vom israelischen Militär geschützen Konvoi aus dem Kibbuz hinausgefahren, bis sie in Kfer Saba, einer Stadt im Zentrum von Israel angekommen sind, wo sie sich momentan aufhalten. „Wir haben unserem Land vertraut und unserem Militär, und es gibt gerade sehr viele Fragen: Wir wissen immer noch nicht, wie das alles passieren konnte – aber keine Antwort wird die Toten wieder zum Leben erwecken, genauso wenig unser Gefühl der Sicherheit.”

 

Seit Samstagfrüh sind bei den Auseinandersetzungen in Israel und Palästina etwa 1.200 Israelis und 950 Palästinenser:innen getötet worden, die Zahlen der Toten und Verletzten steigen rapide, die Kämpfe dauern nach wie vor an.

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