Vom Klischee zur Idee

09. Mai 2011

Nachdem sich dasbiber „Was ist dran am Švabomann?“ fragte und ich „Was ist dran an der Jugofrau?“ darauf antwortete, muss nun das Add-On folgen: „Was ist dran an Klischees?“

Clichés are clichés for a goddamn reason!
Das bedeutet soviel wie: Klischees schlüpfen nicht einfach aus Erdlöchern. In Amerika galt es zum Beispiel lange als Klischee, dass Namen in direktem Verhältnis zur beruflichen Laufbahn stünden. Da wurden Schüleraufsätze verbessert, Leute aufgeklärt und political correctness angewandt.
Jahre später kamen statistische Beweise auf, dass tatsächlich die Namen von Menschen mit ihrer Karriere zusammenhängen. Klischee oder Faktum? Wie weit sind diese beiden Welten voneinander entfernt?
Nicht weit. Ich habe von Jugofreunden oft das Klischee gehört, dass Menschen aus dem Süden (sie sprachen dann von ihren Eltern) wehleidiger sind als zum Beispiel die Eltern von österreichischen Freunden. Ich habe mich daraufhin mit Krankenschwestern unterhalten (bzw. eigentlich Schwestern in der Ausbildung) und habe erfahren, dass dies nicht nur in Österreich so ist, sondern dass Verhalten bei Schmerzen kulturgebunden ist. Wenn sich also zum Beispiel ein Deutscher darüber wundert, wie sich ein Südländer bei Schmerzen gebärdet, dann wundert sich ein Norweger, warum sich ein Deutscher (im Krankenhaus in Oslo) so wegen einem kleinen Herzinfarkt aufführt.
Das war also ein Faktum, welches von denjenigen, die es erlebt haben zum Klischee gemacht wurde, aber deswegen (oder gerade DESWEGEN) ist es nicht minder wahr!
Im Endeffekt kann man die zwei Instanzen (Realität – Klischee) niemals ganz trennen, weil Klischees nicht den Köpfen von Menschen entspringen, sondern zuerst gelebt werden müssen, bevor sie sich herumsprechen können.
Ja, Leute, es gibt natürlich auch Ausnahmen und Sonderfälle (Michael Jackson hat wohl eindrucksvoll bewiesen, dass nicht nur Schwarze, sondern auch Weiße tanzen können), aber die meisten Klischees (und ich werde hier mit Sicherheit keine mehr bedienen) sind nunmal deshalb entstanden, weil die Mehrheit der Leute eine Tätigkeit so ausgeführt haben, oder ihr Leben so gestaltet haben, dass sich andere Menschen, die das miterlebt haben, gedacht haben: Das fällt mir nun schon beim hundertsten Mensch aus unserem Kultur-/Religions-/Ethnizitätskreis auf, das ist irgendwie eine witzige Anekdote.
Sind Klischees nun gut oder schlecht oder was?
Klischees per se sind weder gut noch schlecht. Sie sind vorhanden. Vor allem aber dominieren sie unseren kompletten Alltag: Klischees (oder in diesem Fall Stereotypen) sind wichtig in der Medizin um wirksame Medikamente zu finden, die kapitalistische Wirtschaft bedient sich logischerweise des „stereotypischsten“ Systems, das sich durchgesetzt hat gegen nichtstereotype, die ganze Werbebranche ist eine einzige klischeeisierte Landschaft, die sich durch unser Unterbewusstsein fräst und vieles mehr. Kann der Mensch also überhaupt dieser Gehirnwäsche entfliehen?

http://www.southparkstudios.com/clips/104220/museum-of-tolerance

Er kann. Und zwar mit Humor. Guter, scharfer, pointierter Humor leitet die Aufmerksamkeit der Gesellschaft hin zur Aufdeckung solcher Stereotypen und in manchen Fällen zur Überwindung dieser (was aber NICHT ZWINGEND NÖTIG IST!). Viele gute Witze haben mit Klischees zu tun und wenn man sich nun eine solche Überheblichkeit zumutet und andere Menschen auf ihre schlechten Einstellung Klischees gegenüber aufmerksam macht, dann muss man sich wahrscheinlich bald fragen, ob man noch z.B.: Stermann und Grissemann schauen darf, oder South Park oder ähnliches.

Nun noch kurz eine persönliche Note zum SuperGAU mit der Balkanfrau.
Vor allem wenn ein Heft wie dasbiber sich selbstironisch und kritisch, aber mit Witz und scharf über Klischees lustig macht und das sogar noch von Frauen verbreitet wird, die der Volksgruppe angehören, über die man Anekdoten erzählt, dann ist das doch der perfekte Cocktail, verdammt nochmal.
Vor allem finde ich es witzig, dass jemandem im Zuge der Kritik an Klischeeverbreitung das Erbe der Erfahrungen abgesprochen wird, das er SELBST ERLEBT HAT!! Da heißt es dann: „Nein, die Jugofrau hat sich gar nicht so verhalten, du kannst das gar nicht einschätzen, du bist Rassist und Sexist.“
Danke für die Analyse, Dr. Freud, aber trotzdem werde ich weiterhin meiner Erfahrung und meinem Hirn eher vertrauen, als deiner voreingenommenen, von der Anti-Gesellschaft gezeichneten Meinung, die so unreflektiert ist wie die eines Gemeindebaubewohners.
Und wenn mir jetzt jemand „Klischee“ vorwirft, nur weil er den Sarkasmus nicht lesen kann, beende ich sie_ihn.

Kommentare

 

klischee wird halt oft mit vorurteil verwechselt und dann heißts halt schnell: du rassist/sexist/wasauchimmerist. wie wichtig klischees vorallem in der psychologie sind, hast du ja bereits erwähnt. wir halten und seit unserer kindheit an klischees fest, die uns beim lernen und erfahrungen sammeln enorm weiterhelfen und so weiter und so weiter...... also ich finde du hast in allen punkten recht, keine kritik -i got your sarcasm ;-)

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