Willkommen im Spießerland!

29. Oktober 2014

Cannabis-Debatte, x-te Folge: "Wir sind dafür da, mutig zu sein.", sagte gestern Neos-Chef Strolz, nach dem Beschluss seiner Partei, Cannabis zu legalisieren. Strolz ging weiter: "Für den Eigenbezug, warum nicht?" entgegnete er der Frage nach eigenen Plantagen.

Was in der Politik einer echten Sensation gleichkommt, ist für einen großen Teil der Wiener Bevölkerung unter 40 das Normalste auf der Welt. Aber, selbst meine 59jährige Mama, die selbst nie gekifft hat, sprach sich gestern bei einem  Gespräch mit meinem Onkel und mir für die Legalisierung der weichen Drogen aus. Auch bei einer Umfrage von "Heute" sprechen sich über 90% für die Legalisierung der Pflanze mit der rauschenden Wirkung aus. Der Anlaß unserer innerfamiliären Drogen-Debatte war der Auftritt von NEOS-Chef Strolz bei Armin Wolf in der ZIB 2.

Entkriminalisieren und Autofahren

Strolz will die 500.000 Kiffer (wie böse dieses Wort klingt) "entkriminalisieren" und zugleich den Dealern den Riegel vorschieben. Abgesehen von der Tatsache, dass die beiden Streithähne Wolf und Strolz (klingt nach einem Kinderbuch) ausführlich darüber diskutierten, zu welchen Themen NEOS-Politiker eingeladen und lieber nicht eingeladen werden sollten, verwunderte mich die kritische, aber doch naive Argumentation des ORF-Anchormans.

Auf Strolzs Aussage, eine halbe Million Ösis würden Pot rauchen, bringt Wolf den Vergleich mit dem zu schnellen Autofahren. Nur weil das so viele tun, ist es nicht das richtige, so Wolf sinngemäß. Jeder Mensch, der schon einmal gekifft hat, weiß: Auf der Couch einen Joint inhalieren hat wahrlich noch kein fremdes Menschenleben gefährdet. Zu schnell fahren schon.

Wolf hat noch nie gekifft

Ebenso finde ich es merkwürdig, dass Armin Wolf die harte Droge Ectasy 1:1 mit Marihuana vergleicht. "Warum nicht Ectasy legalisieren?", fragt er den angriffslustigen und nach eigenen Angaben seit mehreren Jahren abstinenten Raucher Strolz. Der reagierte - ähnlich wie ich vorm Fernseher - mit etwas verdutztem Gesichtsausdruck. In Gedanken: "Hat der das echt gerade gesagt?"

Der von mir sehr geschätzte ZIB-Star Wolf hat einmal im Biber gestanden, noch nie einen Joint probiert zu haben. Als ich damals sein Interview mit dem Schüler-Redakteur Muamer gelesen habe, dachte ich zuerst, er sagt dies nur aus Imagegründen. Nach der gestrigen Sendung, ziehe ich meinen Hut vor seiner Ehrlichkeit. Er kennt sich mit Drogen wirklich nicht aus. 

Das gleiche wird sich wahrscheinlich die halbe Million Kiffer auch gedacht haben, als ihnen gestern beim Anschauen der Sendung der Joint aus der Hand gefallen ist. Übrigens: Sie haben damit keine Menschenleben gefährdet, höchstens ihre Gehirnzellen.

 

Kommentare

 

Weil Armin Wolfs Anmeldung auf der HP nicht sofort geklappt hat, bat er mich, den folgenden Text als Antwort auf meinen Kommentar zu veröffentlichen. Das tue ich selbstverständlich. Danke für das schnelle Reagieren, Herr Wolf.

 

 

Lieber Herr Rajkovic,

Da gibt’s vielleicht ein paar Missverständnisse.

Mein Job ist es, im Studio die Aussagen und Argumente von PolitikerInnen kritisch zu hinterfragen. Herr Strolz hat die Neos-Forderung nach Legalisierung von Cannabis nicht damit begründet, dass Kiffen niemand anderen gefährde, sondern (mehrfach) mit der Zahl der Konsumenten. Deshalb meine Frage, ob er auch andere Vorschriften abschaffen würde, an die sich sehr viele nicht halten. Scheint Ihnen „naiv“, mir aber noch immer nicht unlogisch. Herr Strolz hätte darauf natürlich mit dem Fremdgefährdungs-Argument antworten können. Hat er aber nicht. Bitte dieszbezüglich an Strolz wenden.

Zugegeben, Sie dürften mehr praktische Erfahrung mit Drogen haben als ich. Aber lesen kann ich noch halbwegs – z.B. diesen interessanten Vergleich des Sucht- und Gefährdungspotentials diverser Drogen: http://www.helge.at/2007/03/drogen-20/ - Erklären Sie mir da noch kurz, warum es so absurd sein sollte, nach Ecstasy zu fragen, wenn jemand für die Freigabe von Cannabis ist? Mir erscheint die Frage angesichts der Fakten ziemlich logisch (und erst recht, angesichts der Junos-Forderung nach der Freigabe sämtlicher Drogen).

Und sorry, dass ich noch nie gekifft habe. Hat sich nie ergeben. Ist mir eh ein bisschen peinlich, aber jetzt bin ich wirklich schon zu alt dafür.

Besten Gruss aus dem Spießerland,

Ihr Armin Wolf

 

naja, dieses "kiffer tun ja niemandem was" - argument ist auch irgendwie fad.

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