Dinge, die man an Wien vermisst

19. Januar 2016

Ich bin kein gebürtiger Wiener, ich habe aber einige Jahre in Wien gelebt und mich dann nach einer Zeit auch als Wiener gefühlt. Als frisch gewordener Londoner fühle ich mich geehrt, dass ich in der österreichischen Hauptstadt leben durfte. Nicht umsonst wird sie, mittlerweile fast jährlich, zur Stadt mit der weltweit besten Lebensqualität gekürt.

Ich habe mich in den letzten Jahren in relativ vielen Städten für längere Zeit aufgehalten. Los Angeles, Mailand, Mexiko Stadt, Istanbul, Taipei, Singapur, Athen, um nur einige davon zu nennen. Wien ist anders und man weiß das zu schätzen, wenn man woanders lebt. Ich bin vor über einem Jahr aus Wien weggezogen und war seitdem nicht mehr da. Ich vermisse die Stadt der Habsburger nicht nur wegen meiner Freunde, sondern auch wegen des Charmes, den diese Stadt für mich hat.

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Foto: Artur Zolkiewicz

Hier ein paar Dinge, die ein Neowiener, der nicht mehr in Wien wohnt, an Wien vermisst.

  1. Donauinsel

Während ich als zwanzigjähriges Wienbaby im Neunten geboren wurde, hat mein erwachsenes Wien-Ich sieben Jahre in Brigittenau gelebt. Ob laufen gehen, zum Milleniumtower auf einen late-night Snack, grillen im Mai, im Sommer schnell in die Alte Donau schwimmen gehen oder einfach nur auf der Insel chillen – die Donauinsel hat alles, was man braucht, und das kriegt man in vielen anderen Städten der Welt nicht.

  1. Keine Geschäfte offen am Sonntag

Ein Thema, über das ich mich immer sehr aufgeregt habe, wenn ich am Sonntag mit der Straßenbahn zum Billa am Franz-Josefs-Bahnhof unterwegs war. Und dann immer die ewiglangen Schlangen, in denen man mit einer Banane und einem Liter Milch gefühlte fünf Jahre gewartet hat, bis man drankam. Und immer ein Besoffener, der von der Security beim Klauen erwischt wurde. Doch jetzt, nachdem ich das nicht mehr machen muss, weil in England alle Geschäfte immer offen haben, vermisse ich es. Ich vermisse die Ruhe, die leeren Straßen, die verkaterten Studenten, die immer noch angesoffen von einer Party um 11 Uhr nach Hause torkeln. Es hat vielleicht seine Vorteile, dass man in anderen Städten an einem Sonntag ganz normal einkaufen gehen kann. Andererseits finde ich aber, dass es zum Charme Wiens gehört, dass die Geschäfte an Sonntagen geschlossen bleiben. Das nächste Mal, wenn ich an einem Sonntag in Wien bin,  gehe ich statt einkaufen auf die Donauinsel spazieren. Weiter so, Wien!

  1. Die Straßenbahnen

Schon mal darüber nachgedacht, wie cool das eigentlich ist, dass Wien Straßenbahnen hat? Vor allem die ganz alten. Ich habe es geliebt mit der alten 5er zu fahren. Oft einfach statt in die U-Bahn in eine Straßenbahn einsteigen und ein wenig Zeit verlieren. Wurscht, dass die Straßenbahn langsam war, egal, dass es oft bis zu 30-40 Minuten länger gedauert hat. Einfach in die BIM einsteigen und das schöne Wien genießen. Im Winter hatte ich immer meinen Lieblingsplatz in den alten Straßenbahnen- den Sitz, unter dem sich die Heizung befindet. Ich war immer ganz schön enttäuscht, wenn er besetzt war. Offenbar war das nicht nur mein Lieblingsplatz, da dies sehr oft der Fall war.

  1. Uni Wien

Das Gebäude, die Menschen, die Bürokratie, die viel zu vollen Lehrveranstaltungen und die Prüfungen, auf die man sich nur eine Nacht lang vorbereitet hat. Student sein ist schön. Student in Wien sein ist schöner. Es war ein sehr seltsames Gefühl, als ich mein Studium abgeschlossen habe und kurz danach nach London gezogen bin. Wien ist eine Studentenstadt und so wird sie auch in meiner Erinnerung bleiben. Ich glaube, ich weiß, warum es in Wien so viele ewige Studenten gibt – weil Student sein in Wien einfach so schön ist! Ich wünschte, ich könnte diese Zeit noch einmal erleben. Und ich würde nichts daran ändern, obwohl ich auch länger studiert habe. Außer, dass ich vielleicht sogar noch ein wenig länger studiert hätte.

  1. Stephansplatz

Der Stephansplatz war immer der erste Ort, zu dem ich gegangen bin, wenn ich vom Ausland nach Wien zurückgekommen bin. Ich kann nicht erklären, warum, der Stephansplatz hat für mich was Magisches an sich. Es war meine Tradition, dass ich mich einfach auf eine Bank gegenüber vom Stephansdom gesetzt habe und die Menschen beobachtet habe. Seltsam, oder? Ja, ich weiß. Als ich von meinen Reisen nach Wien zurückgekommen bin, habe ich mich nie so richtig zu Hause gefühlt, bis ich das gemacht habe. Ich kann es kaum erwarten, das Gleiche wieder tun zu können. Mich einfach mit einem Kaffee hinsetzen und den Stephansdom anstarren.

  1. A propos Kaffee – Kaffeehäuser

Kaffeehäuser sind für mich ein Teil der Wiener Kultur. Auch wenn sie überteuert sind und man für einen, oft schlechten, Kaffee viel zu viel Geld zahlt - die Wiener Kaffeehäuser sind einzigartig. In der Zeit von Starbucks & Co. gewinnen sie sogar noch mehr an Originalität und Einzigartigkeit. Der Plan für den nächsten Wienbesuch: Vom Havelka einen Kaffee zum Touristenpreis kaufen und Menschen am Stephansplatz beobachten.

 

Ich habe gerade realisiert, dass ich noch sehr viele Dinge aufzählen könnte, die ich an Wien vermisse. Nicht nur an Wien, auch an Österreich. Ich liebe es, in London zu leben. Ich genieße es hier. Aber Wien ist anders und es hat für immer ein Stück meines Herzens gestohlen und es wird immer ein Teil von mir sein. Danke Wien für die schönen Jahre, danke, dass du es mir erlaubt hast, ein Teil von dir zu sein. Du bist eine tolle Stadt und ich kann es kaum erwarten, dich wiederzusehen.

 

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